Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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die Toten der ‚Sao Sirio‘ bestatteten.“

      „Allmächtiger im Himmel“, stammelte Galardes. „Und du hast nicht die geringste Ahnung gehabt, wer das wirklich ist? Ein Ire? Das ist ja ein Witz! Do Velho hat es uns zugerufen, als er eben an uns vorbeisegelte, mit wem wir es da zu tun haben.“

      „Mit El Lobo del Mar?“ flüsterte Monforte.

      „Du sagst es. Du hättest ihn überwältigen können.“

      „Wenn ich es gewußt hätte“, sagte der fassungslose Mann. „Ich habe mich wie ein Trottel benommen, das sehe ich jetzt ein. Aber etwas ist mir klargeworden. Ich werde diesen Killigrew, der mich genarrt und mir noch das Leben gerettet hat, niemals hassen können. Nach dem, was ich erlebt habe, kann ich nicht glauben, daß er die Bestie in Menschengestalt ist, als die do Velho ihn uns gegenüber hingestellt hat.“

      „Aber er ist Spaniens Feind“, gab Galardes zu bedenken.

      „Ja. Der Todfeind, auf dessen Ergreifung Philipp II. eine Belohnung ausgesetzt hat“, murmelte Alvaro Monforte. „Das dürfen wir nicht vergessen, das müssen wir uns immer vor Augen halten, verdammt noch mal.“

      6.

      Ferris Tucker grinste breit und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er nahm Hasard gegenüber auf dem Achterdeck der „Isabella“ Haltung an und meldete: „Sir, ich habe meinen Rundgang durchs Schiff abgeschlossen. Wir haben keine Lecks unter der Wasserlinie, und wegen der Ratscher an Backbord brauchen wir uns keine großen Sorgen zu bereiten. Wir haben genug Holz an Bord, ich fange gleich damit an, die Bordwand und das Schanzkleid auszubessern.“

      „Gut. Such dir acht Mann aus, die dir dabei helfen.“

      „Aye, Sir. Ich schlage weiter vor, daß wir neue Höllenflaschen basteln. Ein paar leere Pullen bewahrt der Kutscher in der Kombüse auf. Al Conroy wäre bereit, sie mit Pulver, Eisen, Blei und Glassplittern zu füllen.“ Der rothaarige Schiffszimmermann wies achteraus. „Ich habe so das Gefühl, daß wir bald wieder jede Menge Munition brauchen. Es ist noch nicht zu Ende.“

      „Al soll anfangen. Ferris, du weißt ja, was du zu tun hast. Profos!“

      „Sir?“ antwortete Carberry, der gerade vom Quarterdeck heraufstieg.

      „Daß mir die Kuhl und die Gefechtsstationen tipptopp aufgeklart werden. Ich will innerhalb der nächsten zwei Glasen wieder ein kampfbereites Schiff.“

      „Aye, Sir.“ Carberry verharrte an der Balustrade und blickte zunächst seinen Kapitän an. Dann schaute er ebenfalls nach achtern und kniff die Augen zusammen. Seine Miene verzerrte sich.

      An der nordöstlichen Kimm war die Silhouette des portugiesischen Viermasters zu sehen. Von den anderen beiden Schiffen war nichts mehr zu entdecken, aber die „Candia“ erschien wie ein Scherenschnitt unter dem morgendlichen Sonnenglast.

      „Da haben wir den Hund also immer noch am Hals“, sagte der Profos. „Ich glaube nicht, daß wir ihn abschütteln können. Wir kennen sein Schiff ja allmählich und wissen, daß er schnell genug ist, um mit uns Schritt zu halten. Außerdem segelt er leer, und wir haben uns mit unseren Schätzen abzuschleppen.“

      „Oh, dem wäre leicht Abhilfe zu schaffen“, entgegnete der Seewolf. Ein feines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. „Wenn alle einverstanden sind, können wir einen Teil unseres Ballasts ja in die See kippen.“

      Carberry hob abwehrend die Hände. „Um Himmels willen, nein! Das habe ich nicht damit sagen wollen. Wir haben unser aller Leben aufs Spiel gesetzt, um den Dons diese Kostbarkeiten abzunehmen. Lieber versenge ich mir an do Velhos Kanonenfeuer den Achtersteven, als auf nur eine Perle oder einen Goldbarren zu verzichten.“

      „Richtig, Ed“, sagte Ben Brighton. „Da bin ich ganz deiner Meinung. Und ich glaube, ich spreche stellvertretend für alle anderen.“

      „Worauf du Gift nehmen kannst“, brummelte der alte O’Flynn. „Der portugiesische Bastard wird uns zwar den ganzen Tag über wie die Zecke am Hintern einer Kuh auf den Fersen bleiben, aber deswegen lassen wir uns noch lange nicht zu unbedachten Handlungen hinreißen.“

      „Gut“, sagte Hasard. „Das wollte ich nur von euch hören.“

      Carberry dachte an Lucio do Velho. Allein das versetzte ihn dermaßen in Wut, daß er dunkel im Gesicht anlief und die Hände ballte.

      „Sir!“ brüllte er. „Warum warten wir nicht auf dieses Rübenschwein? Warum verpassen wir ihm nicht endlich ein Ding, von dem er sich nicht wieder erholt? Ich melde mich hiermit freiwillig, diesen Sohn einer verlausten Hafenhure ein Dutzend Höllenflaschen und zwei chinesische Brandsätze in den Rachen zu stopfen. Und wenn ich selbst krepiere – ich will den Hund erledigen!“

      „Nun beruhige dich doch erst mal; Ed“, sagte der Seewolf. „Wie willst du das denn bewerkstelligen?“

      „Ganz einfach, unser Profos steigt aus und wartet, bis do Velho heran ist“, meinte Dan O’Flynn. „Er könnte sich beispielsweise in ein Beiboot setzen und sich von den Portugiesen auffischen lassen. Ich an seiner Stelle würde behaupten, ein Meuterer und vom Seewolf gnädigerweise ausgesetzt worden zu sein. Das schluckt do Velho garantiert und …“

      „O’Flynn“, grollte der Profos. „Halt die Luke. Wenn du noch so einen idiotischen Vorschlag von dir gibst, ramme ich dich unangespitzt ins Kielschwein. Sir – selbstverständlich müssen wir die Dunkelheit abwarten. Ich sehe ja ein, daß es zu riskant ist, do Velho bei Tag herauszufordern, ganz gleich, welchen Plan wir fassen.“

      Hasard erwiderte: „Allerdings. Wir dürfen nicht vergessen, daß er die bessere Armierung hat. Der Durchbruch ist uns gelungen, aber ich will es jetzt nicht auf ein neues Gefecht mit der ‚Candia‘ und den anderen beiden Kriegsseglern ankommen lassen, die zweifellos früher oder später nachrücken. Nein, wir werden ganz anders vorgehen.“

      „Wie denn?“ erkundigte sich Big Old Shane. „Hast du schon einen Plan?“

      „Fast.“

      „Laß mich raten“, sagte Ben Brighton. „Vorläufig halten wir do Velho auf Distanz. Das dürfte uns nicht allzu schwerfallen. Er schafft es nicht, unseren Vorsprung aufzuholen – vorausgesetzt, wir behalten diesen Kurs bei.“

      „Dazu sind wir gezwungen“, warf Carberry ein. „Um unsere alte Route einzuschlagen, müßten wir gegen den Mist-Nordwest kreuzen, anders gelangen wir ja nicht nach Norden. Aber mit jedem Kreuzschlag, den wir fahren, nähern wir uns natürlich der ‚Candia‘.“

      „Viel zu riskant“, fuhr Ben fort. „Wie ich Hasard kenne, locken wir die ‚Candia‘ und ihre Begleitschiffe weit nach Südwesten auf die offene See hinaus, bis zum Einbruch der Dunkelheit. Erst dann führen wir wieder ein Manöver aus. Ist es so, Hasard?“

      Der Seewolf lachte unwillkürlich auf. „Man sollte meinen, du kannst meine Gedanken lesen, Ben. Also schön, wie die Dinge stehen, wünsche ich mir, daß der Wind im Laufe des Tages nicht dreht. Er trägt wesentlich zum Gelingen meines Plans bei. Do Velho soll von mir aus denken, wir wollen uns zu den Azoren oder sonstwohin retten. Um so überraschender trifft ihn dann unser Schlag.“

      „Ein Schlag“, echote Carberry. „Herrgott, du machst es aber spannend.“

      „Wenn es richtig finster wird – was ich hoffe –, gehen wir über Stag, segeln ohne Licht nach Ostnordost und halten auf die ‚Candia‘ zu“, erklärte der Seewolf mit plötzlichem Ernst. „Wir müssen sie geentert haben, ehe die andere Galeone und die Karavelle heran sind. Heute nacht muß die ‚Candia‘ in unsere Hand fallen, koste es, was es wolle.“

      Der Profos stieß zischend die Atemluft aus. „Alle Achtung, Sir, das ist ein Teufelsplan, sage ich. Einer, der ins Auge gehen kann. Aber, Kreuzdonnerwetter noch mal, er ist so richtig nach meinem Geschmack.“

      Hasard verzog keine Miene. „Ihr werdet alle bis zum Äußersten gefordert, vergeßt das nicht. Aber wir müssen etwas Spektakuläres,


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