Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer


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      „Ich sage ihnen gleich Bescheid“, antwortete Big Old Shane.

      Die Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, ein Vorhang schien über dem Meer geschlossen worden zu sein. Ein tristes Halbdunkel leitete die Abenddämmerung ein.

      „Noch etwas“, sagte Hasard. „Wer es von jetzt an wagt, auch nur ein Talglicht anzuzünden, den vergattere ich zu zwei Tagen Vorpiek. Ich will kein Licht, auch nicht unter Deck. Sobald wir auf neuen Kurs gehen, wird auch das Reden eingestellt.“

      „Aye, aye, Sir“, erwiderten die Männer.

      Old O’Flynn, der vom Quarterdeck aus zugehört hatte, murmelte: „Die ‚Isabella‘ wird sich in ein Geisterschiff verwandeln. Wehe dem, der ihr begegnet. O Mann, hoffentlich treffen wir wirklich mit diesem verfluchten Portugiesen zusammen.“

      7.

      Mit der Dunkelheit kam auch der Regen. Zunächst ging er nur staubfein auf die portugiesische Kriegsgaleone „Sao Joao“ nieder, aber wenig später fielen dicke Tropfen, die das Oberdeck glänzend und schlüpfrig werden ließen, die Männer der Deckswache durchnäßten und die Segel einweichten. Das Wasser perlte von der flackernden Hecklaterne ab, die der Kapitän Joaquin Galardes hatte entzünden lassen.

      Backbord voraus war ein verlorenes Licht in den Weiten der See, es gehörte zur Karavelle „Santa Angela“.

      Galardes und Monforte standen auf dem Achterdeck unweit des zertrümmerten Besanmastes. Nur der Stummel ragte noch wie ein Baumstumpf von den Planken auf – ein Andenken an den schweren Sturm, den der Verband in der Vornacht abgeritten hatte. Alle anderen Beschädigungen waren inzwischen wieder ausgebessert worden. Die Verwundeten aus dem kurzen Gefecht gegen die „Isabella“ lagen wohlversorgt unter Deck.

      Galardes und Monforte hatten sich alles erzählt, was es zu berichten gegeben hatte. Galardes hatte voll Staunen vernommen, was sich in der Herberge der Brancates abgespielt hatte. Er konnte wie sein Freund nicht umhin, diesen verwegenen Killigrew im stillen zu bewundern, Daß der Mann aber auch ihr Feind sein mußte!

      Gleichzeitig sagten sie sich aber auch beide, daß sie Killigrew nicht schonen durften, falls sie wieder mit ihm aneinandergerieten. Ein Kapitän der Armada durfte sich etwas Derartiges niemals leisten. Es war seine Pflicht, das Vaterland zu verteidigen. Alles Gegenteilige war mit Verrat oder Fahnenflucht gleichzusetzen.

      In einem anderen Punkt waren die Kapitäne sich aber auch einig: Sie würden bei ihren Vorgesetzten von der Admiralität gegen Lucio do Velho vorgehen. Ja, Galardes war bereit, das Ansinnen Monfortes zu unterstützen. Ein Kapitän durfte gegen einen Verbandsführer ein Disziplinarverfahren anstrengen – und genau das hatten sie vor.

      „Falls do Velho unsere Achterlaternen brennen sieht, wird er uns rügen“, sagte Joaquin Galardes.

      „Die ‚Santa Angela‘ hat das Licht als erste entzündet, und wir haben es für richtig befunden, ihrem Beispiel zu folgen“, erwiderte Alvaro Monforte. „Wollen wir uns denn wieder aus den Augen verlieren?“

      „Auf keinen Fall.“

      „Glaubst du, daß es Sturm gibt?“

      „Ich halte das für unwahrscheinlich, Alvaro.“

      „Die See ist unberechenbar, aber vielleicht bleibt es heute nacht bei dem Regen. Ob wir El Lobo del Mar in dieser Stockfinsternis jemals wiederfinden? Ich rechne nicht damit.“

      „Der Comandante jagt ihn. Unerbittlich.“

      „Wo mag die ‚Candia‘ stecken?“ sagte Monforte.

      „Weit voraus …“

      „Wir verlieren auch zu ihr jeglichen Kontakt, wenn die Sicht nicht besser wird.“

      „Wahrscheinlich segelt do Velho stur auf dem Südwest-Kurs weiter“, entgegnete Galardes. „Das bedeutet, daß wir eine Chance haben, zumindest im Morgengrauen soweit aufgeholt zu haben, um unser Flaggschiff am Horizont sehen zu können.“

      Monforte verzog den Mund. „Joaquin, machen wir uns doch nichts vor. Ohne den Besanmast und das Kreuzsegel ist die ‚Sao Joao‘ langsamer als die ‚Santa Angela‘, die ihrerseits schon Schwierigkeiten hat, mit der ‚Candia‘ mitzuhalten.“

      „Ja, das gebe ich zu. Wir sind die Nachzügler im Verband. Wenn der Wind zunimmt, wird sich auch unser provisorisch abgestützter Großmast nicht mehr lange halten. Erinnere mich daran, daß ich den Großmars räumen lasse, ehe der elende Mast umknickt.“

      „Si, Senor.“ Monforte lachte plötzlich. „Kannst du dir vorstellen, was für ein lächerliches Ding dein Schiff mit nur einem Mast abgibt, Joaquin – mit dem Fockmast?“

      Galardes wandte ihm sein nasses, tief zerfurchtes Gesicht zu. „Ja. Ich schätze, es sieht dann aus wie eine flügellahme Ente, die mit hängendem Schnabel dahintreibt.“ Er mußte nun auch lachen. Sie blickten sich an, schlugen sich im rauschenden Regen auf die Schultern und brüllten vor Vergnügen.

      Einer der Soldaten, der zur Deckswache auf der Kuhl gehörte, sah verdutzt seinen Kameraden an. „Hörst du das? Sag bloß, unser Capitán ist jetzt durchgedreht.“

      „Nein, das glaube ich nicht.“

      „Aber er lacht wie ein Irrer.“

      „Wahrscheinlich hat Monforte ihm einen guten Witz erzählt.“

      „Al diablo“, murmelte der Soldat. „Ich möchte wirklich wissen, wieso die beiden nicht die Hütte aufsuchen. Dort sind sie im Trockenen, dort können sie sich aufs Ohr hauen.“

      „Capitán Galardes’ Verantwortungsbewußtsein ist zu groß“, erwiderte sein Gegenüber. „Er weiß, daß wir nach den Strapazen der letzten vierundzwanzig Stunden alle hundemüde sind. Er will auch dann noch wachen, wenn wir zusammenklappen.“

      „Ja, er geht uns mit gutem Beispiel voran. Nur eins will er nicht – wieder mit dem Schiff von El Lobo del Mar zusammentreffen.“

      „Darauf ist keiner erpicht.“

      „Weißt du was? Dieser ganze Auftrag kann mir gestohlen bleiben.“

      „Ja“, sagte der Soldat. „Er ist uns scheißegal.“

      Dem Mann im Großmars der „Candia“ drohten immer wieder die Augenlider zuzufallen. Er versuchte, gegen die Müdigkeit anzukämpfen, indem er sich reckte und streckte und ständig auf den Beinen blieb, statt sich hinter der Segeltuchverkleidung hinzuhocken, aber auch das nutzte wenig.

      Der Regen tropfte ihm ins Gesicht, aber das Wasser war nicht kalt genug, um ihn des bleiernen Trans zu berauben, der sich in seinem Körper festgesetzt zu haben schien.

      Das Wetter der vergangenen Nacht, die harten Anforderungen, die jene Stunden an die Männer der „Candia“ gestellt hatten, dann die unablässige Suche nach den übrigen Schiffen des Verbandes, schließlich das Gefecht in der Felsenbucht und das Entsetzen, das sich bei Killigrews heftiger Attacke unter der Besatzung ausgebreitet hatte — dies alles zeitigte jetzt seine Folgen.

      Der Mann im Großmars war am Ende seiner Kräfte angelangt. Er wünschte sich sehnlichst, abgelöst zu werden. Aber bis zum Wachwechsel um Mitternacht waren es noch mehr als vier Glasen.

      Einmal schreckte er aus seinem Halbschlaf hoch. Er hatte unten, auf der Kuhl, Stimmen vernommen. Sofort beugte er sich über die Umrandung der Plattform und spähte in die Tiefe.

      Durch den Dunstschleier des Regens konnte er kaum etwas erkennen, aber er glaubte doch, das kurze Aufflackern eines Lichtes und die Umrisse von Gestalten zu sehen.

      Dann stellte er an den Stimmen der Männer auf der Kuhl fest, daß es der Profos und zwei Soldaten der Deckswache waren, die sprachen.

      „Was fällt euch Hunden ein, eine Laterne anzuzünden?“ wetterte der Profos.

      „Senor“, erwiderte der eine Soldat, „ich dachte, das


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