Das Mainzer Schloss. Группа авторов

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entspricht eher dem Abstand zwischen der südlichsten Fensterachse des Schlossgebäudes und seinem südwestlichen Kantenerker. Der Erweiterungsbau weist in seiner südlichsten Fensterachse im 1. Obergeschoss ein Brüstungsfeld auf, das stilistisch zum älteren Schlossgebäude gehört. Es dürfte ursprünglich in der Nordmauer des Schlossgebäudes versetzt gewesen sein.

      10 Eine Ansicht der Stadt Mainz von Wenzel Hollar aus dem Jahr 1632 zeigt die Martinsburg von der anderen Rheinseite aus mit dem bereits angefügten Schlossgebäude, das jedoch kein Dach trägt. Auf der Zeichnung ist deutlich erkennbar, dass das Schlossgebäude einen reinen Anbau darstellt, der die Bausubstanz der Martinsburg nicht angreift. Die Zeichnung befindet sich in der Nationalgalerie Prag. Vgl. Roland, Berthold (Hg.):Wenzel Hollar 1607–1677. Reisebilder vom Rhein. Städte und Burgen am Mittelrhein in Zeichnungen und Radierungen. Ausst. Kat. Mainz 1986, S. 116 und Faltblatteinlage an der vorderen Umschlagseite.

      11 Merian, Matthäus: Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, Trevirensis et Coloniensis. O. O. 1646.

      12 Diese Beobachtungen stehen im deutlichen Widerspruch zu den Aussagen von Schütte 1994 (wie Anm. 3), S. 108. Diesen Zustand zeigt auch ein Stadtgrundriss von Mainz aus dem Jahr 1676 (s. S. 173, Abb. 7). Interessant an diesem Plan ist, dass er in der Verlängerung des an die Burg anschließenden Schlossgebäudes in gestrichelter Linie auch eine geplante Erweiterung des Schlossgebäudes zeigt. Diese Erweiterung wäre deutlich länger als das bereits bestehende Schlossgebäude und damit auch als die tatsächlich ausgeführte Schlosserweiterung von 1675–1678 geworden. Dabei sollten erkennbar keine älteren Gebäude an seinem nördlichen Ende mitbenutzt werden.

      13 Der Kupferstich ist erstmals wiedergegeben bei Neeb 1924, S. 8, Abb. 4.

      14 Die Rheinseite von Martinsburg und Schloss nach der Verlängerung des Schlossgebäudes zeigt ein Kupferstich von Jeremias Wolff Erben um 1720/1730. Deutlich erkennbar ist, dass bei der Erweiterung des Schlossgebäudes in die Bausubstanz der Burg eingegriffen wurde. Zumindest in den obersten Geschossen wurden die westlichen Teile der Burg abgebrochen.

      15 StA Mz, BPSP / 1817.1 D; StA Mz, BPSP / 1817.2 D. Die beiden undatierten Zeichnungen wurden von Neeb (1924, S. 12) zwischen etwa 1687 und 1705 datiert.

      16 Gegen eine frühere Datierung der Zeichnungen spricht sich Georg Peter Karn in seinem Beitrag zu den Innenräumen in dieser Publikation aufgrund der Beschriftung mit den Raumbezeichnungen aus. Dieser Widerspruch kann bislang nicht aufgelöst werden. Möglicherweise basieren die Zeichnungen auf älteren Plänen oder aber ältere Pläne wurden nachträglich beschriftet.

      18 Vgl. Frank, Lorenz: Die Geschichte des Deutschhauses in Mainz. In: Das Mainzer Deutschhaus und sein Erbauer. Neues zur Baugeschichte des Landtagsgebäudes. (Schriftenreihe des Landtags Rheinland-Pfalz, 65), Mainz 2016, S. 43–60.

      SCHLOSSARCHITEKTUR ALS SPIEGEL HÖFISCHER KONKURRENZ

      Die Barocken Erweiterungsbauten des Mainzer Schlosses und das fürstliche Baugeschehen im frühneuzeitlichen Reich

      Matthias Müller

      SCHLOSSARCHITEKTUR ALS „VISITENKARTE“ FRÜHNEUZEITLICHER TERRITORIALSTAATEN UND IHRER INSTITUTIONEN

      Bundeskanzler Helmut Kohl hat das neue, maßgeblich durch ihn selbst initiierte und von 1997 bis 2001 errichtete neue Bundeskanzleramt in Berlin (Abb. 1) als ein Haus charakterisiert, „mit dem die Bundesrepublik identifiziert wird“1 und die Aufgabe der für den Entwurf verantwortlichen Architekten, Axel Schultes und Charlotte Frank, dahingehend beschrieben, dass die von ihnen gestaltete Architektur allen Betrachtern einen anschaulichen Begriff vom wiedervereinigten, weltoffenen und zugleich selbstbewussten Deutschland vermitteln solle. Überdies hatte das neue Bundeskanzleramt die Aufgabe zu erfüllen, mit Hilfe der Architektur nicht nur der „angemessenen protokollarischen Bewältigung“ zu dienen, sondern auch die „hervorgehobene Stellung“ des deutschen Bundeskanzlers zu „dokumentieren“, wie es der damalige Kanzleramtsminister Friedrich Bohl in einer Pressekonferenz formulierte.2

      Der von Helmut Kohl ins Spiel gebrachte Gedanke, dass Architektur gewissermaßen als „Visitenkarte“ eines Staates und seiner Institutionen dienen könne, greift letztlich auf eine sehr alte, seit der Antike bestehende Tradition zurück, die der Florentiner Humanist und Architekt Leon Battista Alberti in der Mitte des 15. Jahrhunderts in seinem Architekturtraktat De Architectura bzw. L’Architettura reflektierte. In diesem Traktat erinnerte er seine Zeitgenossen und herrschaftlichen Auftraggeber daran, dass kein Medium besser geeignet sei, den Rang eines Fürsten zu demonstrieren, als die Baukunst. Sie sei letztlich beeindruckender, glaubwürdiger und nachhaltiger als jede historiografische, schriftlich fixierte Überlieferung. Unter Rückgriff auf antike Topoi und die Schriften Vitruvs sowie unter Bezug auf den griechischen Historiografen Thukydides lobt Alberti die Klugheit der Alten, die ihre Stadt mit jeder Art von Gebäuden derart ausschmückten, dass sie weit mächtiger schienen, als sie waren.3 Direkt anschließend spricht Alberti das Motiv des Fürstenruhms an und stellt die rhetorische Frage: Und welchen gab es unter den mächtigsten und weisesten Fürsten, der nicht unter die vornehmsten Mittel, seinen Namen und Nachruhm zu verbreiten, die Baukunst gezählt hätte? 4

      Abb. 1: Berlin, Bundeskanzleramt

      Abb. 2: Wenzel Hollar, Martinsburg in Mainz im Jahr 1627 (kurz vor der ab 1628 erfolgten Errichtung des neuen Südflügels)

      Diese Einschätzung, dass Baukunst Fürsten und ihren Staaten sprichwörtlich ein Gesicht geben und staatliche Autorität verbildlichen könne, zieht sich wie ein roter Faden durch die Frühe Neuzeit. Rund zweihundert Jahre nach Alberti, in der Mitte des 17. Jahrhunderts, weist Jean-Baptiste Colbert, der für Ludwig XIV. als Finanzminister und Surintendant des Bâtiments du Roi tätig war, anlässlich der Louvre-Erweiterung ausdrücklich darauf hin, dass die Gestalt des königlichen Palastes die Menschen von der Stärke königlicher Macht überzeugen und zu untertänigem Gehorsam anhalten müsse.5 Nochmals einhundert Jahre später bringt der hessische Jurist und Diplomat Friedrich Carl von Moser die Sinnbildlichkeit von Schlossarchitektur als Ausweis fürstlich-königlicher Autorität auf eine prägnante Formel. So schreibt er in seinem Teutschen Hof-Recht von 1754: In der Residenz erscheinet der Fürst als Haupt seines Volcks und in dem Glanz der angebohrnen oder erlangten Würde.6

      Abb. 3: Ansicht von Mainz mit alter Martinsburg und neuem Südflügel, 1633 (Ausschnitt aus: Matthäus Merian: Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, Trevirensis et Coloniensis, 1646)

      DAS MAINZER KURFÜRSTENSCHLOSS ALS VISITENKARTE VON ERZBISCHOF UND ERZSTIFT

      Die Neubaukampagne von 1628 ff.

      Als diese Auffassungen von der staatstheoretischen Sinnbildlichkeit eines fürstlichen oder königlichen Residenzschlosses formuliert wurden, befand sich das Residenzschloss der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten gerade in einer großangelegten Umbauphase, die das Aussehen und die innere Raumorganisation des aus dem späten 15. und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts überlieferten alten Residenzschlosses, der Martinsburg, deutlich verändern sollte. Dieser Umbau geschah ab 1628. Bis dahin blieb die ab 1477/1478 unter Kurfürst Diether von Isenburg neuerbaute und ab 1556 aufgrund von umfassenden, am 27. August 1552 im Markgräflerkrieg


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