Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов
weil er einer anderen Kategorie angehöre, und dass er auf keinerlei Weise mit einem seiner Geschöpfe verwechselt werden dürfe. Er sei seinen Geschöpfen derart überlegen, dass man jegliche Analogie zwischen Schöpfer und Geschöpf leugnen müsse: „Mit wem wollt ihr Gott vergleichen und welches Bild an seine Stelle setzen?“ (Jes 40,18). Die verächtlichen Reaktionen des „Deuterojesaja“ auf die Arbeiten der mesopotamischen Künstler geben diese Einstellung wieder.
Aus theologischer Sicht begegnet man der Idee, dass eine Gottheit nicht abgebildet werden kann, vor allem ab dem Exil. Es ist wiederum „Deuterojesaja“, der wieder und wieder darauf besteht, dass eine Abbildung Gottes unmöglich ist. Diese Aussage hängt mit einer Reihe ähnlicher Äußerungen zusammen: Der Gott Israels, JHWH, ist der einzige und einzigartige Schöpfer und Herr des ganzen Universums und aller Nationen. Darum existieren die anderen Götter nicht. Über den genauen Sinn dieser Aussagen mag man unterschiedlicher Meinung sein, man wird jedoch kaum ihre Kraft leugnen können. Die Folgerungen aus dieser Aussage sind einfach zu ziehen: Wenn die Götzen der Völker nicht existieren und ihre Idole bloßes Machwerk von Menschenhand sind, dann kann der Gott Israels auf keinen Fall mit einer von Menschen gemachten Statue identifiziert werden. Diese Möglichkeit muss unter allen Umständen ausgeschlossen werden – daher das absolute Bilderverbot.
Auch das Buch Ezechiel stammt aus der Exilszeit, d.h. es ist als Antwort auf die gleichen Probleme geschrieben worden. Es wählt jedoch einen etwas anderen Weg. Von seiner Beschreibung der Herrlichkeit Gottes gilt es, drei Dinge festzuhalten: 1. Die Herrlichkeit Gottes befindet sich über dem Himmelsgewölbe; das will besagen, dass sie über unsere Welt unendlich erhaben ist. 2. Die lange Beschreibung der mit Flügeln oder Rädern ausgestatteten Tiere soll zum Ausdruck bringen, dass die „Herrlichkeit“ beweglich ist. Sie ist nicht an einen Ort, einen Tempel gebunden, wie die meisten Gottheiten. 3. Der Text suggeriert eine einzige Ähnlichkeit zwischen der „Herrlichkeit“ und Elementen der Schöpfung: „die Menschengestalt“ (Ez 1,26). Ohne die Schwierigkeit der Interpretation dieses Textes leugnen zu wollen, ist es klar, dass für diesen Text der Mensch die einzig mögliche Analogie zwischen dem transzendenten Gott und dem geschaffenen Universum bildet.
Auf diese Weise hat Israel weiterhin an seinen Gott glauben können, ohne die Götter der Siegermächte zu übernehmen. Israel hat seinen Gott jeglicher Konkurrenz entzogen und ihn in einem dem menschlichen Zugriff entzogenen Himmel verortet. Mit anderen Worten, Israel hat seinen Glauben vertieft und verfeinert, bis es zu einer Konzeption der Gottheit gelangt ist, die zugleich diese Welt transzendiert und aus eben diesem Grunde auch ihr Herr ist. Der Preis, den es zu zahlen galt, war: Der zumindest theoretische Ausschluss jeglicher künstlerischer Abbildung.
2 Der Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes
Es gibt jedoch, wie wir gerade gesehen haben, eine Ausnahme von der Regel, und die ist der Mensch, der „das Abbild Gottes“ und „Gott ähnlich“ ist. Die Texte sind bekannt (Gen 1,26.27; 5,1–3; 9,6). Sie gehören alle drei der „Priesterschrift“ an und sind von daher, der Mehrzahl der Exegeten zufolge, exilisch oder nachexilisch und somit zumindest fast zeitgleich mit „Deuterojesaja“ verfasst worden. Die Textstellen sind jedoch umstritten. Tatsächlich können sie nur von ihrem Kontext her erschlossen werden. Zudem handeln sie weniger von der Natur des Menschen als von dessen Aufgabe in der Schöpfung. Hier gilt es, zwei grundsätzliche Dinge festzuhalten: Das Fehlen unterschiedlicher Arten beim Menschen und die Vollmacht des Menschenwesens.
Der Mensch wird nicht „nach seinen Arten“ geschaffen, wie es der Fall ist für die Pflanzen und alle lebendigen Wesen, wie Fische, Vögel und Tiere des Feldes (Gen 1,11–12.21.24f.). Mit anderen Worten: Alle Menschen haben die gleiche Würde, weil sie alle auf die gleiche Weise erschaffen wurden, „als Abbild Gottes und ihm ähnlich“. Innerhalb der Menschheit gibt es keine Unterscheidung nach Arten. Gen 9,6 fügt dieser ersten Feststellung eine wichtige Nuance hinzu: Der Mensch ist heilig und sein Blut darf nicht ungestraft vergossen werden. In den mesopotamischen Mythen wird der Mensch erschaffen, um die niederen Götter zu ersetzen, die das Land nicht mehr bearbeiten und insbesondere die Bewässerungskanäle nicht mehr graben wollen. Die Menschheit wird also aus einer Notwendigkeit heraus geschaffen: Die Götter „brauchen“ Arbeitskräfte. Ganz anders die biblische Erzählung in Gen 1. Das erste Menschenpaar wird gesegnet und empfängt die Herrschaft über alle Lebewesen: „Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen“ (Gen 1,28). Nun war bereits eine andere Herrschaft den Gestirnen anvertraut worden: „Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne. Gott setzte die Lichter an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten, über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war“ (Gen 1,16–18). Gott delegiert seine Herrschaft in zwei Bereichen: Die Gestirne bestimmen über die Abfolge der Zeiten, während das erste Menschenpaar über alle Lebewesen des Universums herrscht. Die Gestirne repräsentieren die ewigen Gesetze der Zeit – sie bilden den Kalender und die Uhr des Universums. Die Menschen herrschen über alle sterblichen Wesen, die den Gesetzen der Zeit, symbolisiert durch die Gestirne, unterworfen sind.
Für diese Texte der „Priesterschrift“ ist der Mensch das einzig denkbare Bild Gottes. „Die Herrlichkeit Gottes ist der lebendige Mensch“ sagt Irenäus von Lyon (Adversus Haereses IV,20,7). Es sei hinzugefügt, dass in der biblischen Welt „Vollmacht“ und „Herrschaft“ gleichbedeutend sind mit „Verantwortung“. Ezechiel, zur selben Zeit wie die „Priesterschrift“ abgefasst, macht das hinreichend deutlich in seinen Orakeln gegen die „Hirten Israels“, die dafür verurteilt werden, dass sie mit Gewalt und Brutalität „geherrscht“ haben (Ez 34,4).
Schließlich erlaubt uns ein Brief an König Asarhaddon von Assyrien, die Distanz zu ermessen, die die biblische Welt von der stark hierarchisierten Welt Mesopotamiens trennt: „Ein [freier] Mann ist wie der Schatten eines Gottes – ein Sklave ist wie der Schatten eines [freien] Mannes – aber der König gleicht dem Bild Gottes“ (CLINES 1968, 84). Der biblische Text von Gen 1 ist mit Sicherheit sehr viel demokratischer.
3 Wirkungsgeschichte
Der Text im NT, der den größten Nachhall hatte, ist ein Abschnitt aus dem Kolosserbrief von Paulus: „Er [Christus] ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung“ (Kol 1,15). Der unsichtbare Gott – der deshalb nicht abgebildet werden darf – wird „sichtbar“ aufgrund der Inkarnation. Der Mensch Jesus Christus ist Bild, Erscheinung oder Manifestation des unsichtbaren Gottes (2 Kor 4,4). Dieser und ähnliche Texte haben in der Folgezeit zu zwei diametral entgegengesetzten Interpretationen geführt.
Für die einen war es möglich, sowohl unsichtbare Wirklichkeiten wie auch die Figuren der biblischen Geschichte und alle großen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte bildlich darzustellen. Wenn Christus Mensch geworden ist, dann ist es folglich möglich, ihn auch physisch abzubilden. Das gilt umso mehr für andere, weniger wichtige Personen. Ein Text, der in dieser Hinsicht oft zitiert wird, ist Joh 14,8–10: „Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. Jesus antwortete ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist?“ Daher die unzähligen sakralen Abbildungen in den verschiedenen Teilen der Christenheit. Hier sind unter anderem die „nicht von Menschenhand gemachten“ Bilder zu nennen (acheirographon, acheiropita, acheiro-poiete), die, verschiedenen legendarischen Traditionen zufolge, den Ursprung für alle Ikonen Christi und der Heiligen bilden.
Für andere hingegen muss das Bild des unsichtbaren Gottes unsichtbar bleiben. Das Bestehen auf der Gottheit Christi bzw. auf der Einzigartigkeit seines Mittler-Seins hat zu dem geführt, was man den Ikonoklasmus oder „Bildersturm“ nennt. In Byzanz dauerte diese Bewegung von 726–843, während das oströmische Reich sich mit den arabischen und bulgarischen Invasionen konfrontiert sah. Mehrere