Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов
Beginn der Reformation zusammen. Die biblische Erneuerung und ihre wörtlichere Auslegung sowie der Widerstand gegen den Heiligenkult stehen am Beginn einer Bewegung der Zerstörung von Statuen und sakralen Bildern, die einige Jahrzehnte andauern sollte. Die Bewegung begann in der Schweiz, es folgten Dänemark und Deutschland (Zürich 1523, Kopenhagen 1530, Genf 1535, Augsburg 1537). In Frankreich fällt der Bildersturm mit dem ersten Religionskrieg von 1562 zusammen und betrifft die von den Protestanten eroberten Städte. 1566 erreicht der Bildersturm Flandern und die Niederlande. Die Krise markiert den Beginn des sogenannten „Geusenaufstandes“ gegen die spanische Oberherrschaft, die sich auf die katholische Hierarchie stützte. Die Bewegung des Bildersturms hatte also fast überall sowohl politische als auch religiöse Wurzeln.
Zusammenfassend lässt sich daher sagen: Das Motiv des Bildes erlaubt uns an einem Kernpunkt die ganze Komplexität und Ambivalenz der biblischen Theologie zu begreifen, nämlich an der Frage: Wie können wir uns das Göttliche vorstellen?
4 Literatur
CLINES, David J. A. (1968): The Image of God in Man, in: Tyndale Bulletin 19, 53–103.
GROSS, Walter (1993): Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen nach Gen 1,26–27 in der Diskussion der letzten Jahrzehnte, in: Biblische Notizen 68, 35–48.
KEEL, Othmar; UEHLINGER, Christoph (1992): Göttinnen, Götter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels Aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen, Fribourg = (1998) Gods, Goddesses, and Images of God in Ancient Israel, Minneapolis, MN.
SCHELLENBERG, Annette (2011): Der Mensch, das Bild Gottes? Zum Gedanken einer Sonderstellung des Menschen im Alten Testament und in weiteren altorientalischen Quellen, Zürich.
SCHENKER, Adrian (2001): La profanation d’images cultuelles dans la guerre. Raisons explicites et raisons implicites de l’aniconisme israélite dans les textes de la Bible, in: Revue Biblique 108, 321–330.
SCHROER, Silvia (1987): In Israel gab es Bilder. Nachrichten von darstellender Kunst im Alten Testament, Fribourg.
SCHÜLE, Andreas (2005): Made in the ‚Image of God‘: The Concepts of Divine Images in Gen 1–3, in: Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft 117, 1–20.
DE HULSTER, Izaak J.; SCHMITT, Rüdiger (Hrsg.) (2009): Iconography and biblical studies. Proceedings of the Iconography Sessions at the Joint EABS/SBL Conference, 22–26 July 2007, Vienna, Austria. Münster.
Jean-Louis Ska, übersetzt von Nina Heereman von Zuydtwyck
Bildung → Erziehung
Blindheit
Die Erschaffung des Lichts am ersten Schöpfungstag (Gen 1,3; → Schöpfung) ist Voraussetzung für das menschliche Sehen (Gen 3,6; 8,13 u. ö.); in der Dunkelheit (→ Licht versus Finsternis) dagegen ist dieses eingeschränkt (vgl. Ps 139,11f.). Von solchen äußerlich gesetzten Grenzen hebt sich jenes Leiden ab, bei dem im Menschen selber die Ursache für fehlendes Sehvermögen liegt und das in der Bibel in gut 30 Texten behandelt wird.
1 Der erste Beleg für Blindheit
Erstmalig findet sich „Blindheit“ in Gen 19,11, wo die göttlichen Boten die Männer von Sodom, die sich an Lot und ihnen vergehen wollen, damit „schlagen“ und so zu weiterer Aggression unfähig machen. Dies ist Strafe (s. 3 Gottes Gericht) und bedeutet zugleich Rettung für die Bedrohten. Weish 19,17 spielt auf dieses Ereignis von Gen 19 an und verknüpft es, sachlich treffend, mit dem letzten, neunten Zeichen für Ägypten, der Finsternis (Ex 10,21–28).
Dasselbe hebräische Wort für „Blindheit“, sanwerîm, das eine vorübergehende schwere Sehbehinderung und daraus resultierende Orientierungslosigkeit ausdrückt (v. SODEN 1986, 1191), begegnet nur noch in 2 Kön 6,18 (zweimal). Dort bittet der vom aramäischen Heer umzingelte Elischa Gott darum, die Feinde „mit Blindheit zu schlagen“, und dieser tut es nach dem Wort seines Propheten. Im Kontrast dazu hatte Elischa im Vers zuvor Gott für seinen Diener gebeten: „Öffne doch seine Augen, damit er sieht!“ (2 Kön 6,17) – Beides, sehen und blind sein, hängt von Gott ab.
2 Körperliche Behinderung
Das zweite Mal kommt das Motiv in Ex 4,11 vor, nun mit ʿiwwer „blind“, von der gebräuchlichen Wurzel ʿwr, und wieder in Kombination mit dessen Gegenteil. In einer rhetorischen Frage weist Gott Mose auf seine auch Gegensätze umfassende Macht hin: „Wer hat einen Mund dem Menschen gemacht, oder wer macht stumm, oder taub, oder geöffnet (sehend), oder blind? Nicht ich, JHWH?“ – Sowohl körperliche Fähigkeiten als auch Unvermögen liegen in Gottes Entscheidung und Hand (anders GERLEMANN 1976f, 79f., der einen Euphemismus bei „geöffnet“ vermutet).
Grausam hebt sich davon ab, dass Sieger ihre Macht willkürlich zu körperlicher Beschädigung missbrauchen (zu Strafblendung in der Antike s. SCHRAGE 1969, 271f.). Im AT wird dies „nur von Heiden angewandt“ (STOEBE 1962, 157): Die Philister stechen Simson beide Augen aus (Ri 16,21). Der Ammoniterkönig Nahasch will dasselbe mit den rechten Augen aller Bewohner von Jabesch tun (1 Sam 11,2), was Saul durch das Aufgebot von ganz Israel verhindern kann. König Nebukadnezzar lässt den untreu abgefallenen, gefangenen König Zidkija blenden, nachdem dieser als Letztes das Abschlachten seiner Söhne mit ansehen musste (2 Kön 25,7; Jer 39,7; 52,10f.).
Eine andere Form von Blendung schildert 2 Makk 10,30: Zwei der fünf herrlichen himmlischen Reiter, die im Vers zuvor erschienen waren, nehmen den Makkabäer Judas in ihre Mitte; ihre Pfeile und Blitze blenden die Feinde und schlagen sie so in die Flucht. Auch hier, wie oben in 2 Kön 6 (s. 1), führt solches Eingreifen zur Rettung.
Es gibt auch Zeugnisse für im Alter einsetzende „natürliche“ Sehbehinderung: Isaak kann nicht mehr erkennen, wer beim Segnen vor ihm steht (Gen 27,1 → Betrug). Eli beginnt schon bei Samuels Berufung unter zunehmender Blindheit zu leiden (1 Sam 3,2) und wird später ganz blind (1 Sam 4,15). Der Prophet Ahija kann in seinem Alter auch nicht mehr sehen, dennoch aber durch Gottes Hinweis wissen, dass Jerobeams Frau zu ihm kommt (1 Kön 14,4–6). Von solchen Einschränkungen hebt sich Mose ab, dessen Auge noch mit 120 Jahren ungetrübt ist (Dtn 34,7).
Das AT beschreibt auch die Auswirkungen von Blindheit im Verhalten. Menschen tappen umher, wie in Dunkelheit, trotz hellen Tageslichts (Dtn 28,29). Sie stoßen an Mauern an (Jes 59,10), gehen unsicher, schwankend in den Gassen (Klgl 4,14), stolpern über Türschwellen und sind in Gefahr zu fallen (Tob 11,10f.). Gerade die Geschichte Tobits schildert am eindrücklichsten, wie Erblindung (Tob 2,10) zu Misstrauen (Tob 2,11–14) und Lebensüberdruss führen kann (seine Bitte zu sterben: Tob 3,1–6; → Todessehnsucht) – was zu einem großen Teil verständlich ist, da dieses Leiden „vom normalen Leben weitgehend ausschloss“ (HOFRICHTER 1991, 304).
Andere Folgen von Blindheit zeigen sich in Bezug auf den Kult als Zurücksetzung (WÄCHTER 1986, 1191). Ein Blinder kann nicht Priester werden (Lev 21,18), ebenso wenig wie ein Lahmer (diese beiden Gebrechen finden sich am häufigsten gemeinsam genannt: SCHORCH 2008) oder Menschen mit anderen Makeln (Lev 21,18–20). Gleiches gilt für Opfertiere; es ist nicht erlaubt, Gott behinderte und damit minderwertige Tiere darzubringen (Lev 22,22; Dtn 15,21), was aber offensichtlich dennoch versucht wird (Mal 1,8).
Die auch sonst im AT zu beobachtende Sorge um die Schwachen lässt sich ebenso bezüglich der Blinden erkennen. Lev 19,14 verbietet, einem Blinden ein Hindernis in den Weg zu legen, und verbindet diese Haltung mit Gottesfurcht – die Beziehung zu Gott hängt direkt zusammen mit dem Verhalten gegenüber Behinderten. In Dtn 27,18 stimmt das ganze Volk der Verfluchung eines Menschen zu, der einem Blinden den falschen Weg weist. Im Kontrast zu solcher verständnisvoller Einfühlung steht die von David ausgesagte Einstellung, Lahme und Blinde seien von ihm gehasst und haben keinen Zutritt in sein (?) Haus (2 Sam 5,8); möglicherweise ist diese Ablehnung jedoch Reaktion auf den überheblichen Spott der Jebusiter