Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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entweder kollektive Aspekte der israelitisch-judäischen Geschichtsschreibung oder Individualkonflikte bezeichnen (zu Fratrizid und Blutfehde s. oben zu Gen 4 und 2 Sam 14).

      3 Spezifische soziale und sozioliterarische Kontexte

      Das Deuteronomium verwendet das Wort „Bruder“ 48-mal (27-mal im Singular u. 21-mal im Plural) und – mit Ausnahme Dtn 25,5 – üblicherweise mit Suffix, d.h. der Bruder ist im Dtn stets Teil der (Volks-)Gemeinschaft der Angeredeten (PERLITT 1980, 59). Dtn 13,6f. zählt die Gruppen auf, die im Falle der Verführung zur Verehrung anderer Götter gesteinigt werden müssen. Ansatzpunkt dieser Kritik ist die Herkunft des religiösen Abfalls aus dem engsten Lebensumkreis. Die in Dtn 15,1–18 genannten Gesetze zählen zu den Humanitätsgesetzen. Die auf die agrarische Brache bezogene Aufhebung aller speziellen Rechts- und Schuldverpflichtungen fordern und erläutern das Verhalten zu Mitmensch (Dtn 15,2) und „Bruder“ (Dtn 15,3), der im Unterschied zum „Fremden“ von der Zinspflicht befreit ist (Dtn 23,20). Ein Tagelöhner darf nicht bedrückt werden, sei er „ein Bruder oder ein Beisasse“ (Dtn 24,14). In Dtn 15,12 wird „Bruder“ als „Hebräer“ interpretiert. Bruder ist nicht der Blutsverwandte, sondern der Nächste, der Arme, der Hebräer, der Mitmensch, der im Unterschied zum Fremden oder Ausländer ein Volksgenosse ist. Noch zweimal wird der Bruder im Unterschied zum Fremden genannt: Dtn 23,20f. fordert das Zinsverbot dem Bruder gegenüber und Dtn 17,15 für die Herkunft des Herrschers, dass dieser aus der Mitte der Brüder stammen müsse und kein Ausländer sein dürfe. Die Benennung als „Bruder“ steht als spezifischer Gebrauch im Deuteronomium in Spannung zum „Bundesbuch“, das als ältestes (redigiertes) Gesetzeskorpus mehrfach die Bezeichnung „Nachbar/Nächster/Genosse“ (reaʿ) verwendet (reʿehû in Ex 21,14.18.35; 22,6.7.9.10.13; reʿæḵā in Ex 22,25). Man kann daran ablesen, dass die Bezeichnung „Bruder“ den ältesten Rechtskorpora fremd, hingegen spezifisch für die Ethik des Dtn ist. Die ältere Prophetie des 8. Jh.s spricht kaum vom „Bruder“, ebensowenig die aus späterer Zeit stammenden Stellen (vgl. Jes 3,5; 13,8, 19,2; 34,14; Hos 3,1).

      „Brüder“ erscheinen in den Psalmen als Mitglieder der Gemeinde und Teilnehmer am kultischen Mahl (Ps 22,23). Es handelt sich vermutlich um Versammelte, die an einem Dankgottesdienst teilnehmen, in dem der Beter seine Errettung aus der Not schildert.

      Rechtsurkunden von altbabylonischer bis neubabylonischer Zeit gebrauchen die Formulierung „ein Bruder einem anderen“, ebenso kann „Bruder“ in Beschwörungen verwendet werden, wobei weder der leibliche Bruder noch der Volksgenosse gemeint ist (PERLITT 1980, 66).

      Die „Priesterschrift“ kennt „Bruder“ nicht unabhängig vom Heiligkeitsgesetz (Lev 17–26), die Bezeichnung findet sich in Lev 19 und 25 (diese Texte stellen das thematisch wichtigste Vergleichsmaterial zum Dtn dar). Zum einen wird dauerhaftes privates Feindschaftsverhältnis gegenüber dem Nächsten bzw. gegenüber dem Bruder ausgeschlossen (Lev 19,17–18; B. ist als Synonym zu „Nächster“ in Lev 19,17 gebraucht). Die Sozialgesetzgebung will verhindern, dass veräußertes Gut an Fremde gelangt und sieht vor, dass ein Bruder das Gut eines verarmten Gesellschaftsmitgliedes kauft (Lev 25,25) oder dass er in Sklaverei absinkt (Lev 25,35). Sie verbietet Zinsnahme von Brüdern (Lev 25,36) und regelt den Sippenstatus des Betreffenden im Falle einer Schuldsklaverei als Mitbewohner, der nicht als Sklave zu behandeln sei (Lev 25,39–40), sowie, dass dauerhafte Sklaverei unter Brüdern zu verhindern sei und Schuldsklaven durch den Freikauf eines Bruders im Jubeljahr auszulösen seien (Lev 25,47–49).

      Die altsemitische Namensgebung verwendet die Gottheit als Bruder in theophoren Namen: ʾaḥijahu „JHWH ist mein Bruder“, ʾaḥimælæḵ „mein Bruder ist König“, ʾaḥiram „mein Bruder ist erhaben“, ʾăḥiʾel „mein Bruder ist Gott“, ʾăḥʾāḇ „Vatersbruder“ und ʾăḥûmaj „Bruder meiner Mutter“.

      4 Literatur

      AASGAARD, Reidar (2006): Brother, Brotherhood, in: New Interpreter’s Dictionary of the Bible I, 505–507.

      BULTMANN, Christoph (1992): Der Fremde im antiken Juda, Göttingen.

      GOETZE, Albrecht (1933): Die Annalen des Muršiliš II, Leipzig.

      GOOD, Robert McClive (1992): Zechariah 14:13 and Related Texts: Brother against Brother in War, in: Maarav 8, 39–47.

      JENNI, Ernst (1971): ʾāḥ, in: Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament I, 98–104.

      KONKEL, August H. (1997): ʾāḥ, in: New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis 1, Grand Rapids, 345–348.

      PERLITT, Lothar (1980): „Ein einzig Volk von Brüdern“. Zur deuteronomischen Herkunft der biblischen Bezeichnung „Bruder“, in: D. Lührmann, G. Strecker (Hrsg.): Kirche, Festschrift Günther Bornkamm, Tübingen, 27–52 = L. Perlitt (1994): Deuteronomium-Studien, Tübingen 1994, 50–73.

      RINGGREN, Helmer (1973), ʾāḥ, in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament I, 205–210.

       Klaus-Peter Adam

      Buch

      An den Stellen des AT, in denen in deutschen Versionen von einem „Buch“ die Rede ist, findet sich im hebr. Text zumeist das Nomen se

ær. Dieses bezeichnet ein schriftlich niedergelegtes, „selbständiges“ Dokument, trifft dabei aber keine Aussage über den Umfang des Textes oder die Beschaffenheit und Gestaltung des Schriftträgers. So können in der Hebräischen Bibel auch (zum Teil sehr kurze) Briefe (vgl. z.B. 2 Sam 11,14–15; 1 Kön 21,8–11), Listen oder „Urkunden“ (vgl. z.B. Gen 5,1) als se
ær
bezeichnet werden. Längere literarische Texte werden auf Schriftrollen festgehalten – gebundene Bücher mit verstärktem Einband und geschnittenen Seiten existieren noch nicht –, was zur Folge hat, dass das Nomen sepær häufig nicht für das literarische Werk als solches steht, sondern – in einem engeren Sinne – für das Medium, d.h. die Buchrolle. Folgerichtig kann das Nomen se
ær
mit dem Nomen məḡillāh „Rolle“ kombiniert (Ps 40,8; Jer 36,2.4; Ez 2,9) bzw. alternierend zu diesem verwendet werden.

      Mehr als die Hälfte aller Belege von se

ær „Buch“ entfallen auf metatextuelle Kommentare in 1/2 Kön (bzw. 2 Chr), in denen der biblische Erzähler zum Abschluss seiner Ausführungen zu einem König Israels oder Judas formelhaft auf Annalenwerke wie die „Chronik der Könige von Israel“ (1 Kön 14,19; 15,31; 16,5 u. ö.) bzw. die „Chronik der Könige von Juda“ (1 Kön 14,29; 15,7.23; 22,46 u ö.) – bzw. in 2 Chr auch auf Annalenwerke, die mit dem Namen von Propheten verbunden sind – verweist. Diesen Belegen stehen Texte gegenüber, in denen Bücher als eigentlicher Gegenstand von Erzählungen in Situationsmotiven wie z.B. „ein Buch schreiben“ bzw. „ein (geschriebenes) Buch (ver)lesen“ Erwähnung finden. Mit diesem Motiv wird vielfach eine Reflexion auf die Funktion und Bedeutung des Buchs bzw. des darin verschrifteten Textes verbunden. Zuletzt sind auch die Situationsmotive des „verzehrten Buches“ sowie der „Himmlischen Bücher“ von Bedeutung.

      1 „Mosaische“ Bücher

      Das Verschriften von Texten ist ein in der Tora mehrfach wiederkehrendes Motiv, wobei JHWH und Mose als „Schriftsteller“ auftreten (→ Schreiben, göttliches). Gott selbst beschriftet die Tafeln vom Sinai mit den Zehn Worten (Ex 31,18 → Gesetz), Mose hingegen ist für die Verschriftung verschiedener Gesetzeskorpora, nämlich des „Bundesbuchs“ Ex 20,22–23,33 (vgl. Ex 24,7), des sog. „Privilegrechts“ Ex 34,10–26 (vgl. Ex 34,27–28) und des Deuteronomiums (vgl. Dtn 31,9–13), zuständig. Darüber


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