Privat- und Prozessrecht. Peter Förschler
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> Lediglich rechtlich vorteilhafte Erklärungen: Bei Erklärungen, die dem Minderjährigen lediglich rechtlichen Vorteil bringen, erfordert der Schutzgedanke keine Einwilligung der Eltern (§ 107 BGB).
Annahme eines Schenkungsangebots, weil unentgeltlich; Annahme einer Vollmacht ohne Handlungsverpflichtung.
Entscheidend ist nicht, ob es sich um ein Angebot zu einem wirtschaftlich vorteilhaften Geschäft handelt (z. B. günstiger Kauf), sondern allein, dass kein rechtlicher Nachteil, also keine Verpflichtung zu irgendeiner Gegenleistung, mit dem Rechtsgeschäft verbunden ist.
Der Kauf einer wertvollen Antiquität auf dem Flohmarkt zu extrem günstigem Preis ist kein Rechtsgeschäft, das lediglich rechtlichen Vorteil bringt, weil mit dem Vertrag die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises – und sei er noch so gering – verbunden ist.
Dagegen ist die Schenkung eines Grundstücks auch dann ein lediglich vorteilhaftes Rechtsgeschäft, wenn es mit Hypotheken oder Grundschulden belastet ist. Denn der beschenkte Grundstückserwerber übernimmt ja nicht persönlich die Verbindlichkeiten, zu deren Sicherung die Grundpfandrechte eingetragen sind. Es dient lediglich das Grundstück selbst gegebenenfalls als Verwertungsobjekt, wenn der persönlich verpflichtete Schuldner nicht zahlt.
Ein rechtlicher Nachteil entsteht in diesem Fall jedoch, wenn das Grundstück mit einem vermieteten Haus bebaut ist, weil der Minderjährige als Erwerber und neuer Eigentümer nach § 566 BGB kraft Gesetzes zum neuen Vermieter werden und damit mietvertragliche Pflichten übernehmen würde.
> Taschengeldgeschäfte: Geschäfte, die der beschränkt Geschäftsfähige mit Mitteln „bewirkt“ (also auch bezahlt) hat, die der gesetzliche Vertreter ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen hat (§ 110 BGB – sog. Taschengeldparagraf). Eigentlich liegt hier gar keine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis vor: Die Überlassung der Geldmittel enthält zugleich stillschweigend die allgemeine Genehmigung für alle damit finanzierbaren Geschäfte.
Nicht ohne Weiteres umfasst diese stillschweigende Genehmigung aber besonders aufwendige Geschäfte, die nur mit langzeitig angespartem Taschengeld bewältigt werden können, ebenso wenig die freie Verwendung von Lottogewinnen, die zwar mit dem Einsatz von Taschengeld erzielt worden sind, aber mit dem Taschengeldbetrag selbst nicht hätten bezahlt werden können. § 110 BGB gilt auch nur bei sofortiger Zahlung, nicht beim Ratenkauf oder wenn der Kaufpreis ganz oder teilweise gestundet wird.
> Ermächtigter Betrieb eines Erwerbsgeschäfts: Im Falle der Ermächtigung des Minderjährigen zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (gewerbliches Unternehmen, Handelsvertretertätigkeit, selbstständige Tätigkeit als Künstler) betrifft diese Erweiterung der Geschäftsfähigkeit alle Rechtsgeschäfte, die ein solcher Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Dazu ist jedoch außer der Ermächtigung durch die gesetzlichen Vertreter auch noch die Genehmigung durch das Familiengericht erforderlich (§ 112 BGB).
Ein 17-Jähriger betreibt einen Onlineshop, eine 16-Jährige eröffnet einen Floristikbetrieb.
Seitdem das Volljährigkeitsalter von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt worden ist, hat diese Ausnahme keine große Bedeutung mehr.
> Ermächtigtes Dienst- oder Arbeitsverhältnis: Im Falle der generellen Ermächtigung des Minderjährigen durch seine gesetzlichen Vertreter, in Dienst oder Arbeit zu treten (Dienst-, Arbeits- oder Werkverträge, nicht jedoch Ausbildungsverträge), ist er für alle Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses betreffen (§ 113 BGB).
Anmietung einer Wohnung am Beschäftigungsort, Beschaffung von Berufskleidung und Arbeitsgerät, Absprachen über Lohn und Gehalt, Einrichtung eines Gehaltskontos (die Verwendung des Erwerbseinkommens unterliegt aber nicht auch der freien Verfügung des Minderjährigen – hier gilt weiterhin § 107 BGB), Beitritt zur Gewerkschaft, sogar Änderung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses.
2.3.4 Betreuung von volljährigen Personen
2.3.4.1 Begriff
Für erwachsene Personen, die wegen besonderer persönlicher Umstände – psychische Krankheit, körperliche, geistige oder seelische Behinderung – ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen können, sieht das Betreuungsrecht Maßnahmen der Betreuung vor (§§ 1896 ff. BGB). Die betroffenen Personen werden als „Betreute“, die zu ihrer Unterstützung bestellten Personen als „Betreuer“ bezeichnet.
2.3.4.2 Bestellung eines Betreuers
Die Bestellung eines Betreuers erfolgt – auf Antrag des Betroffenen oder von Amts wegen – durch das Betreuungsgericht unter der Voraussetzungen, dass ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§§ 1896 Abs. 1 BGB) für die Angelegenheiten, für die eine Betreuung erforderlich ist; nur für diesen eingeschränkten Aufgabenkreis darf der Betreuer bestellt werden (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Betreuung ist beispielsweise nicht erforderlich, wenn der Betroffene selbst durch Bestellung eines Bevollmächtigten für entsprechende Betreuung gesorgt hat (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Gegen den Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden (§ 1896 Abs. 1a BGB).
Die Bestellung erfolgt durch ein gerichtliches Verfahren, bei dem der Betroffene persönlich angehört werden muss. Die Entscheidung muss alle notwendigen Angaben enthalten, insbesondere den Betreuer angeben und seinen Aufgabenkreis bezeichnen. Hinsichtlich der Person des Betreuers hat der Betroffene ein Vorschlagsrecht (§ 1897 Abs. 4 BGB); im Übrigen ist auf verwandtschaftliche oder sonstige persönliche Bindungen (Eltern, Ehegatten, Kinder, auch Freunde oder Nachbarn) Rücksicht zu nehmen (§ 1897 Abs. 5 BGB). Die Betreuung darf nicht länger angeordnet bleiben als erforderlich. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist die Betreuung aufzuheben oder der Aufgabenkreis einzuschränken (§ 1908d Abs. 1 BGB).
2.3.4.3 Rechtsfolgen der Betreuung
Der Betreute bleibt, sofern nicht die Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB vorliegen, voll geschäftsfähig und kann am Rechtsverkehr teilnehmen. Unabhängig davon ist der Betreuer für den angegebenen Aufgabenkreis der gesetzliche Vertreter (§ 1902 BGB).
Ein Einwilligungsvorbehalt kann angeordnet werden, soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist (§ 1903 BGB). Der Einwilligungsvorbehalt bewirkt, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf.
Für den angeordneten Bereich hat der Einwilligungsvorbehalt entsprechend den Regelungen bei Minderjährigen (§ 1903 BGB) u. a. folgende Wirkungen:
Ein ohne Einwilligung des Betreuers geschlossener Vertrag ist schwebend unwirksam. Seine Wirksamkeit hängt von der Genehmigung des Betreuers ab (§ 108 BGB).
Einseitige Rechtsgeschäfte des Betreuten ohne Einwilligung des Betreuers sind unwirksam (z. B. Kündigungserklärung, § 111 BGB).
Willenserklärungen, die gegenüber dem Betreuten abzugeben sind, werden nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter (Betreuer – § 1902 BGB) zugegangen sind (§ 131 Abs. 2 BGB).
Trotz Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes ist eine Einwilligung des Betreuers nicht erforderlich (§ 1903 Abs. 3 BGB) bei Willenserklärungen,