Amorphis. Markus Laakso

Amorphis - Markus Laakso


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mit Privatstunden führten Esa schließlich dazu, lieber im Selbststudium und gemeinsam mit Freunden weiterzumachen. Daheim in seinem Zimmer verbrachte er täglich Stunden damit, sich Riffs von METALLICA, DEEP PURPLE und IRON MAIDEN herauszuhören. Manchmal übte er auch nach Noten und Tabulaturen, die er im Musikladen Fazer kaufte.

      „Zuhause war ich eigentlich nur noch am Gitarre spielen. Ist manchmal heute noch so. Ab und zu gibt es Phasen, in denen ich die Gitarre nicht anrühre, aber normalerweise spiele ich fast jeden Tag. Nach Gehör zu spielen ist eine der besten Lernmethoden überhaupt. Coversongs übe ich immer noch so. Der Gitarrist, der mich am stärksten beeinflusst hat, ist David Gilmour. Im Lauf der Zeit hab ich oft PINK FLOYD-Songs nachgespielt oder dazu gejammt. Gilmours Stil und Ansatz sind nahe an dem, was ich selber als Gitarrist anstrebe: Gefühl in jeder Note. Der andere ist Blackmore. Er hat einen ganz eigenen Stil mit hohem Wiedererkennungswert“, resümiert Holopainen.

      Mit der Übung und Entwicklung wuchs das Selbstvertrauen. Als Esa hörte, dass Jan Rechbergers Band VIOLENT SOLUTION einen Gitarristen suchte, griff er ohne Zögern zum Telefon, obwohl er seinen alten Bekannten nicht mehr gesehen hatte, seit Klein-Henkka und seine Bande mit Tränengas auf den Heavy-Kiosk losgegangen waren.

       2. „WIR SIND TROTZDEM THE ANIMALS, NUR VIEL BESSER!“

      JAN-MARKUS „SNOOPY“ RECHBERGER (geb. 13. 06. 1974) und Tomi Samuel „Koippari“ Koivusaari (geb. 11. 04. 1973) wuchsen als Nachbarn in Martinlaakso auf. Der umgangssprachlich „Martsari“ genannte Stadtteil von Vantaa wurde später als Heimat der Formel-1-Stars Mika Häkkinen und Mika Salo bekannt. Es war jedoch beileibe keine reiche Nachbarschaft, sondern eine asketische Hochhauslandschaft, die in den Jahren 1968-1975 neben den Einfamilienhäusern der Alteingesessenen hochgezogen worden war. Die Rechbergers wohnten im „grünen“ Block, die Koivusaaris im „roten“. Es handelte sich um die typischen Plattenbauten ihrer Zeit: ein Haus wie das andere, entworfen unter funktionellen Gesichtspunkten ohne Rücksicht auf Ästhetik.

      „Martsari wurde im Prinzip ein paar Jahre vor mir geboren“, erzählt Koivusaari. „Unser Haus wurde im gleichen Jahr fertig, als wir einzogen. Ich verbrachte da die ersten 18 Jahre meines Lebens. Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich drei war. Ein Jahr später oder so brach mein Vater den Kontakt ab, sodass ich ihn eigentlich gar nicht kannte. Er ist 2005 gestorben. Ich habe seit meinem vierten Lebensjahr einen Stiefvater, das war für mich immer mein Papa. Mama arbeitete in einer Boutique und in einem Lebensmittelgeschäft. Wir waren nicht reich, aber meine Kindheit war völlig in Ordnung. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir irgendetwas fehlte.“

      Koivusaari im Hof seines Elternhauses in Vantaa-Martinlaakso.

      Auch Tomi wuchs als Einzelkind auf, doch in dem großen Häuserblock war es ein Leichtes, Freunde zu finden. Wie viele seiner Altersgenossen schwärmte er für Serien wie Kampfstern Galactica und Knight Rider und las Mad-Hefte sowie das finnische Satiremagazin Pahkasika. Ob elektrische Eisenbahn, Schlittenfahren oder das ungeschickte Zeichnen von Comics: Wenn Tomi sich für etwas begeisterte, war – und ist – sein Einsatz total. Er war kein besonders wildes Kind, aber auch kein Drückeberger. Wenn im Hof etwas los war, war er immer dabei.

      „Bei der Schneeballschlacht mit dem Nachbarblock kamen gelegentlich Steinschleudern zum Einsatz. Die Jungs von nebenan nahmen Gefangene und folterten sie. Da ging es heftig zur Sache. Wenn die Großen sich einen geschnappt hatten, schleppten sie ihn in den Keller und verdroschen ihn mit ’ner Rute. Wenn die Mütter zum Essen riefen, gingen trotzdem alle friedlich nach Hause. Hinterher ging die Schlacht dann weiter.“

      Koivusaari erinnert sich gerne an das wilde Treiben, auch wenn es nicht ohne Blessuren abging. So mancher Stein traf sein Ziel, wenn auch mehr aus Versehen. Auch Koivusaari erwischte einmal mit seiner Steinschleuder die Stirn seines Gegners. Vor Schreck flitschte er gleich noch einen zweiten Stein hinterher. Und patsch! Wieder voll auf die Stirn.

      „Der Kerl fing an zu schreien und ich ergriff die Flucht“, erinnert sich Koivusaari. „Er warf mit Steinen nach mir und traf mich an der Schläfe. Es blutete so stark, dass ich zum Arzt musste. Ich drohte natürlich, dass er mir Arzt und Reinigung bezahlen müsste!“

      Koivusaari in der vierten Klasse

      Als Koivusaari aus dem Krankenhaus zurückkam, suchte er den Kampfesgegner. Der Junge war über das Geschehene so erschüttert, dass er sich versteckt hatte, und niemand wusste, wo er war. Als die Lage sich nach vier oder fünf Stunden entspannt hatte, kam er aus seinem Versteck hinter dem Haus hervor und das Spiel ging weiter, als ob nichts geschehen wäre. „Ich glaub’, ich hab’ später mal ein Auto von dem gekauft“, überlegt Koivusaari. „Ich hatte ihn zwar jahrelang nicht mehr gesehen, aber der Typ hatte zumindest denselben Namen und sah auch in etwa so aus.“ Koivusaaris erste Liebe war Fußball. Er fing mit sieben Jahren an und es gab nichts, was ihm annähernd so viel Spaß machte. Er kickte fast täglich beim Club Vantaan Jalkapalloseura und träumte davon, Profi zu werden. Gedämpft wurde die Begeisterung schließlich durch die in der Jugendmannschaft üblichen Gepflogenheiten: Spieler, deren Eltern die Mannschaft nicht aktiv unterstützten, mussten regelmäßig die Ersatzbank warmhalten. Auch aus einem anderen Grund verschwand das Training bald aus dem Kalender. „Meine Fußballkarriere endete damit, dass das Lokalblatt über unsere Band THE ANIMALS berichtete und mein Trainer die Story las. Darin fand sich das Zitat: ‚Wir haben sonst keine Hobbys mehr.‘ Der Trainer rief bei uns zuhause an und fragte: ‚Solltest du vielleicht mit dem Fußball aufhören? Ich hab’ gehört, du hast jetzt andere Interessen.‘ Dabei spielte sicher eine Rolle, dass das Team ohnehin gerade ausgedünnt wurde. Trotzdem war es ziemlich dramatisch für mich. Was sollte ich schon sagen? ‚Naja, wär vielleicht besser.‘ Da war ich zwölf“, seufzt Koippari.

      Jan Rechberger wurde in Vantaa-Ylästö geboren, lebte aber vom ersten bis zum neunzehnten Lebensjahr in Martinlaakso. Auch er hörte mit dem Fußballspielen auf, als der Metal die Oberhand gewann. Als mittleres Kind einer Musikerfamilie wuchs er in einer musikalischen Umgebung auf. Sein Vater, der 1970 von Österreich nach Finnland gezogene Herman Rechberger, ist Komponist und Multi-Instrumentalist, seine Mutter Soile Rechberger Musikpädagogin und Klavierlehrerin. Jan, seine jüngere Schwester Nina und seine ältere Schwester Jaana wurden zum Musikmachen ermuntert, aber nicht gezwungen.

      „Als ich anfing, Rock und Heavy zu hören, wollte ich auch selber spielen. Meine erste Rockscheibe war das Debütalbum von KISS. Ich hatte Geburtstag und mein Dad schlug vor, dass ich mir im Plattenladen von Myyrmäki eine LP aussuchen sollte. Als wir den Laden betraten, fiel mein Blick sofort auf das KISS-Album. Ich sagte, die will ich. Papa fragte, ob ich mich nicht wenigstens zuerst umgucken wolle. Nein, ich wollte genau die. Die Masken und das Image fand ich toll. Zuhause legte ich die Platte sofort auf. Schon beim ersten Fill von Strutter war ich hin und weg. Danach kaufte Papa mir öfters spontan Platten, von denen er glaubte, sie könnten mir gefallen, zum Beispiel IRON MAIDENs Live After Death (1985) und WHITESNAKES 1987 (1987). Als er merkte, dass ich Gitarre lernen wollte, war er sofort dafür, kaufte mir eine Gitarre und zeigte mir ein paar Griffe.“

      Die einzige Stereoanlage der Rechbergers stand im Wohnzimmer, wo Herman komponierte und Soile Klavierstunden gab. Der Vater ließ den Sohn und dessen Freunde Platten hören, während er daneben an seinem großen Schreibtisch saß und auf Notenblättern mit dem Stift neue Musik schuf. Die Konzentrationsgabe des vielfach national und international prämierten Musikers war phänomenal.

      Snoopy als Kind

      „Mein


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