Die Saga von Witte Wittenson. Skalbard Odinson
Bauch des Pferdes zugenäht worden war. Und auch das kleine Schilfrohr, das in seiner Brust steckte, hatte niemand bemerkt.
Unbeobachtet lag es regungslos an der Tormauer. Doch als die Nacht in ihrer ganzen Schwärze über das Land hereingebrochen war, kam plötzlich Bewegung in den toten Körper des Streitrosses. Sein Bauch wippte auf und ab als würde es schwer atmen. In einem Ledersack eingenäht hatte sich Thorjan im Bauch des Pferdes versteckt und war so von den Burgbewohnern selbst in ihre Festung getragen worden. Durch ein Schilfrohr atmend, hatte er die Nacht abgewartet und durchtrennte nun mit ein paar gezielten Stichen zuerst den Ledersack und dann die Nähte, die den Pferdebauch zusammenhielten. Wie ein Aal schlängelte er sich aus dem toten Körper und erkundete seine Umgebung. Er konnte sein Glück kaum fassen, als er bemerkte, dass er nur wenige Schritte vom Tor entfernt lag. Im gesamten Innenhof war keine Wache zu sehen. Falls welche aufgestellt waren, dann beschränkten sie sich wohl darauf, auf den Wehrgängen oberhalb des Tores zu stehen und das Feld vor der Burg zu beobachten. Tatsächlich konnte er zwei bewaffnete Männer auf der Mauer erkennen, doch nur einer davon stand mit dem Gesicht zum Fluss auf seinem Posten, während der andere an die Mauer gelehnt dasaß und zu schlafen schien.
Thorjan dankte Odin für diese glückliche Fügung, dann schlich er mit dem Messer zwischen den Zähnen zu der Leiter, die links neben dem Tor stand und kletterte leise hinauf. Langsam pirschte er sich von hinten an den pflichtbewussten Wächter an und zog ihm mit rechts das Messer durch die Kehle, während ihm seine linke Hand den Mund zuhielt. Ohne einen Laut von sich gegeben zu haben, sank der Wächter tot zu Boden.
Dessen schlafenden Gefährten zu töten, war weniger schwierig. Nachdem er auch das erledigt hatte, stieg er die Leiter wieder zurück in den Hof hinunter und öffnete leise das Tor.
Orm hatte seine Männer derweil durch den Wald bis nahe an die Burg geführt und wartete auf das verabredete Zeichen. Als er den Ruf des Waldkauzes endlich hörte, schlichen sie geduckt zum geöffneten Tor, wo sie Thorjan schon erwartete.
Nachdem auch der letzte Wikinger den Innenhof betreten hatte, verkündete Orm mit einem lauten Schlachtruf, dass die Zeit des Versteckens vorüber war.
Brüllend und Äxte schwingend schwärmten die Nordmänner aus und raubten alles, was ihnen begehrlich vorkam, und töteten jeden, der sich ihnen in den Weg stellte.
Orm selbst war es, der in Herwigs Halle vordrang und ihn und seine gesamte Leibgarde eigenhändig erschlug.
Erst als die Sonne im Osten aufging, verließen die Wikinger mit Säcken voller Schmuck, Gold und anderer Wertsachen über ihren Schultern gut gelaunt die Burg und verstauten die reiche Beute auf ihren Schiffen.
Da man Stromabwärts auf die meisten Ruder verzichten konnte, feierten die Wikinger den ganzen Weg die Seine hinab bis in die Nordsee mit dem ebenfalls erbeutetem Wein des Herzogs. Auf der offenen See trug sie der Wind ebenso schnell in die dänische Heimat, wie er sie hergebracht hatte.
„Ein Hoch auf Thorjan Pferdemantel!“, rief Orm ein Trinkspruch aus, nachdem er in der Halle seines Vaters die Geschichte erzählt hatte.
„Nein, Nein!“, wehrte Thorjan lachend ab. „Wie du weißt, war es nicht meine List, sondern die des Odisson. Nennt mich weiterhin den Weitgereisten, dann bin ich zufrieden.“
„Ganz wie du meinst, mein Freund!“, rief Orm und schwenkte sein Trinkhorn. „Doch eins ist gewiss: Noch viele Winter wird man sich in Midgard die Geschichte vom Thorjanischen Pferd erzählen, wenn schon lange keiner mehr von diesem Odisson weiß.“
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