Das große Still-Kompendium. Andrew Taylor Still

Das große Still-Kompendium - Andrew Taylor Still


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und sogar das Pferd waren blutgetränkt. Es war bereits spät, als ich mich umgezogen hatte und einen Eimer nahm, um meine Kuh im Unterstand neben dem Pferdestall zu melken. Dort befanden sich etwa 20 große Schweine. Ich hatte mich gerade gesetzt und zu melken begonnen, als alle Schweine aufsprangen und auf die entgegengesetzte Seite rannten und in großer Angst umherschnupperten. Ich suchte nach dem Grund für ihre plötzliche Flucht und sah draußen auf der Ebene, in einer Distanz von nur neun Meter, einen riesigen Puma. Er maß sicher gut drei Meter von der Nasen- bis zur Schwanzspitze und war einen ganzen Meter hoch. Ich melkte in einen Aluminiumeimer, was eine Menge Lärm machte, sodass der Puma weder mich noch die Schweine belästigte, sondern aus dem Hof sprang und im Wald verschwand. Dort begann er zu jaulen und heulen wie eine Frau in Bedrängnis. Mir gefiel diese Musik sehr gut, allerdings hörte sie sich noch schöner an, je weiter sie sich entfernte. Ich war froh, dass er so wenig von mir hielt und meine Gesellschaft nicht mehr länger in Anspruch nehmen wollte. Zweifellos hatte das Blut an Pferd und Sattel ihn zu mir geführt. Ich habe ihn nicht gefragt und kann nur annehmen, dass er ziemlich scharf auf einen Happen Wildbret war.

      Als ich mich ein andermal mit meinem Ochsenkarren auf dem Heimweg befand, begegnete ich drei Pumas auf der Straße, zwei alten und einem jungen Tier. Ich hatte weder Gewehr noch Messer zur Verteidigung mit, und hätten sie angegriffen, wären ich und meine Ochsen ihnen sicher zum Opfer gefallen. Meine Hunde sahen die Biester und starteten einen lautstarken Angriff, sodass die Pumas auf einen Baum flüchteten. Ohne Frage waren sie zum Sprung bereit, um aus meinen Ochsen ein Festmahl zu machen. Obwohl sie in der Baumkrone in Sicherheit waren, fauchten sie leidenschaftlich herunter und stierten uns hungrig an. Als ich mit der Peitsche knallte, hörte es sich wie eine Pistole an, sodass die Pumas sich tiefer in den Wald flüchteten. Ich eilte mit meinem Ochsenkarren auf dem schnellsten Wege nach Hause, meine Haare standen mir steif wie Stricknadeln zu Berge und mir war seitdem nie mehr danach, einem weiteren Puma zu begegnen.

      Meine Erfahrungen im Grenzland waren für mich in so vielfältiger Weise hilfreich, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann. Auch für meine wissenschaftlichen Forschungen sollten sie von unschätzbarem Wert sein. Bevor ich überhaupt begann Anatomie aus Büchern zu lernen, wusste ich darüber bereits aus dem großen Buch der Natur bestens Bescheid. Das Häuten von Eichhörnchen brachte mich in den Kontakt mit Muskeln, Nerven und Venen. Die Knochen, die das Fundament des wundervollen Hauses bilden, in dem wir leben, waren, noch bevor ich die schwierigen Namen lernte, welche die Wissenschaft ihnen gegeben hatte, seit jeher mein Studienobjekt gewesen. Da der Pferdeschädel in meiner ersten Schule als Sitzgelegenheit für den trägen Schüler diente, glaubte ich, es sei charakteristisch für einen guten Pferdesinn gewesen, dass er mir zu der wesentlichen Erkenntnis verhalf, Medikamente seien schlecht für den Körper und die Wissenschaft der Medizin, wie gerade einige bedeutende Ärzte selbst erklärt hatten, sich ganz einfach als Humbug erweise.12

      Aber ich schweife vom eigentlichen Anliegen dieses Kapitels ab, in dem ich einige meiner Abenteuer aus meiner frühen Zeit im Grenzland zum Besten geben wollte. Meine Abenteuer beschränkten sich nicht allein auf Pumas, Hirsche, Skunks und Waschbären. Wir hatten einen weitaus subtileren Feind. Sein Biss war giftig und bedeutete oft den Tod. Ich meine damit die Schlangen von Missouri in der Frühzeit. Ich habe Tausende von ihnen getötet, kleine und große, lange und kurze, zwischen 15 Zentimeter und 3 Meter, alle Farben rot, schwarz, blau, grün, kupferfarben, gepunktet – gefährlich und harmlos. Sie waren so häufig im Wald und in der Prärie in jenen Tagen anzutreffen, dass man immer einen Knüppel in der Größe eines Wanderstabes, gut einen Meter lang zur Verteidigung bei sich tragen musste. Alle trugen etwas in der Hand, um die Schlangen während der warmen Zeit zu töten. Viele Arten waren sehr giftig. Ich erinnere mich an einen Mann namens Smith Montgomery, der während der Ernte in den bloßen Fuß gebissen wurde. Der Biss traf eine Vene, die das Blut zum Herzen transportiert. Er schrie: „Eine Klapperschlange hat mich gebissen!“ und lief auf die anderen Männer zu, aber bereits nach etwa sechs Schritten sank er auf den Boden und war augenblicklich tot. Das Gift der Klapperschlange erzeugt ein taubes Gefühl, das sich im ganzen Körper ausbreitet. Lungen und Herz hören auf zu arbeiten, wenn das vergiftete Blut das Herz und die großen Blutgefäße erreicht.

      Klapperschlangen sind unbeugsame Gegner. Ich habe einen 30 Zentimeter hohen Ring aus Heu zusammengelegt und angezündet. Als er ringsherum brannte, warf ich eine Klapperschlange hinein. Sie hat gekämpft und sich gewunden, bis sie steif wie ein Wanderstock und der ganze Körper bereits gekocht war. Ihr seht, sie haben Schneid bis zum Ende.

      Als ich mit meinem Freund Jim Jessee durch den Wald zog, sahen wir vor uns eine knapp 2 Meter lange Klapperschlange. Ich schlug Jim vor einen ganz besonderen Spaß mit ihr zu treiben. Ich zog mein Messer und schnitzte aus einem starken Ast eine Forke mit der ich die Schlange im Nacken an den Boden nagelte. Mit einem anderen Ast öffnete ich ihren Rachen und füllte ihn mit Hirschhornsalz (aqua ammonia). Dann ließ ich sie los und trat einen Schritt zurück. Zu unserer großen Überraschung machte sie daraufhin keine Dummheiten mehr. Das Ammonium hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Ich band das Schwanzende an einen Busch unter der Annahme, dass sie nur vorübergehend außer Gefecht gesetzt sei. Nach sechs Stunden fand ich sie tot und von grünen Fliegen umschwärmt. Durch dieses Experiment lernte ich, dass Ammonium den Erreger der Schlangen neutralisiert. Seitdem benutze ich in allen Fällen von Schlangenbiss Ammonium als Gegenmittel.13 Wenn es nicht bei der Hand ist, würde ich Soda oder ein anderes Alkali mit gleichem Erfolg nutzen, auch wenn die Wirkung nicht ganz so gut ist. Ich rate Euch, immer ein wenig Ammonium bei Euch zu tragen, wenn ihr unter Schlangen wandelt. Und wenn euer Hund bei der Schlangenjagd tollwütig wird und Euch beißt, tragt Schwefelsäure verdünnt zu drei Teilen mit Wasser auf und der Erreger wird Euch nichts anhaben, da er alkalisch ist und mit der Säure reagiert. Ein Mädchen ist einmal von einem tollwütigen Hund ins Gesicht gebissen worden. Dabei entstanden zwei 5 Zentimeter lange Risse. Sie wurde von mir auf die beschriebene Weise über 10 Tage behandelt. Ihr Gesicht heilte und sie ist noch immer am Leben. Obwohl dies bereits 30 Jahre her ist, hat sie nie Anzeichen einer Tollwut gezeigt, während das ganze Vieh, das von demselben Hund gebissen wurde, zu Grunde ging.

      1847, als die Vereinigten Staaten von Amerika und Mexiko wie zwei Tigerinnen miteinander kämpften, wollte ich auch gegen die Mexikaner kämpfen. Da ich noch nicht volljährig war, verweigerte mir mein Vater die Erlaubnis zum Militär zu gehen. Bei einem Ausritt schäumte mir das Blut über und ich hielt mich für fähig wie Samson, John Sullivan, Fitzsimmons und Corbet auf dem Schlachtfeld zu kämpfen, als ich etwa 100 Schritt vor mir etwas auf der Straße liegen sah. Es sah aus wie eine Bahnschwelle oder ein Balken und maß etwa acht oder zehn Zentimeter im Durchmesser. Ich schenkte ihm keine besondere Aufmerksamkeit, bis ich direkt an die Stelle kam. Dort stellte ich fest, dass er verschwunden war. Da es ein besonders heißer Tag war, glaubte ich mich schon eingeknickt und den Balken nur im Traum erblickt zu haben. Plötzlich fiel mein Blick am Straßenrand entgeistert auf die Spur einer Schlange.

      Der Abdruck im weichen Staub war ungefähr 3 Zentimeter tief und über 30 Zentimeter breit. Als ich die Schlangenspur erkannte, wurde mir klar, dass ich eine Menge Krieg haben konnte, ohne nach Mexiko gehen zu müssen. Ich folgte der Spur in das hohe Unkraut und fand Herrn Schlange aufgerollt. Er hätte bestimmt einen halben Scheffel ausgefüllt, erhob seinen Kopf 60 Zentimeter über den Boden und fixierte mich mit seinen Augen. Der Kopf maß direkt hinter den Augen bestimmt 8 Zentimeter in der Breite. Ich wusste nur zu gut, dass diese Schlange, wenn sie 3 Meter lang war, mindestens ebenso weit springen konnte. Wegzulaufen wäre feige gewesen, kämpfen zu gefährlich. Mir kam der Gedanke, wie es aussehen würde, wenn ein junger Mann, der doch in Mexiko kämpfen wollte, vor einer Schlange davon laufen würde. Ich hatte die Schlange bereits gesehen und konnte niemandem mehr erzählen, sie hätte sich bereits aus dem Staub gemacht, und ich hätte sie nicht mehr finden können. In meiner Not nahm ich den schweren Steigbügel aus Eisen samt Riemen vom Sattel und näherte mich dem Kommando mit schlotternden Knien. Die Schlange hatte Musik aus 29 Klappern der hinteren Ränge ihrer Armee bestellt. Mit leiser Stimme gab ich das Kommando zum Angriff und durch eine schnelle kreisende Bewegung mit dem Steigbügel, welcher bestimmt eineinhalb Pfund wog, trennte ich den Kopf des Generals vom Rumpf und nahm seine ganze Armee gefangen. Ich reihte sie zur Parade auf und stellte fest, dass sie ganze drei Schritte und 30 Zentimeter lang war, bestückt mit 29 Klappern von je 20 Zentimeter und somit über 3 Meter in ihrer Gesamtlänge maß. So


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