Beutewelt VII: Weltenbrand. Alexander Merow

Beutewelt VII: Weltenbrand - Alexander Merow


Скачать книгу
Russlands und vor allem in Kasachstan innerhalb kürzerster Zeit vollkommen verwüstet. Astana, Aqtau, Priekule und viele weitere Städte waren bereits zerstört worden und ein Ende der schrecklichen Grabenkämpfe war nicht in Sicht. Täglich strömten neue Soldaten beider Seiten an die Front, um oft schon nach wenigen Tagen auf den von Granattrichtern und brennenden Wracks übersäten Schlachtfeldern ihre Leben auszuhauchen.

      Währenddessen predigten die Logenbrüder wie auch ihre Gegner den Hass und steigerten sich immer weiter in ein zorniges Kriegsgebrüll hinein. Doch der ganze Schrecken der konventionellen Schlachten sollte harmlos erscheinen, im Vergleich zu dem, was auf die angsterfüllte Menschheit noch im Hintergrund wartete.

       Glühende Landschaften

      Prof. Karl Hammer, der geniale Physiker, der vor einigen Jahren aus Europa-Mitte nach Weißrussland geflüchtet war, verbrachte jeden Tag mindestens 16 Stunden unter der Erde. Manchmal blieb er auch eine ganze Woche in seinem streng geheimen, unterirdischen Forschungszentrum, ohne überhaupt das Tageslicht zu sehen. Den etwa 300 anderen Forschern, Wissenschaftlern und Ingenieuren, die seinem Team inzwischen angehörten, erging es nicht anders, denn hier unten wurde niemals Pause gemacht und ununterbrochen gearbeitet, erfunden und geforscht.

      Der mittlerweile erweiterte Forschungskomplex lag einige Hundert Kilometer nördlich von Tschistokjows Atombunker; ebenfalls am Fuße des Uralgebirges, irgendwo in den russischen Weiten. Es war der von der ADR am besten überwachte Ort im ganzen Nationenbund, vom atombombensicheren Hauptquartier der Staatsführung einmal abgesehen.

      Heute war der Anführer der Rus noch einmal persönlich angereist, um sich von Prof. Hammer die neuartigen EMP-Geschütze zeigen zu lassen. Wilden und die übrige Führungsspitze der Freiheitsbewegung waren im Atombunker geblieben. Lediglich Tschistokjows schwer bewaffnete Leibwächter und Verteidigungsminister Lossov hatten den russischen Souverän nach Norden begleitet.

      Nachdem das Oberhaupt des Nationenbundes mehrere Panzerschotts und elektrische Gatter passiert hatte und von einigen ADR-Wachen als „echter Tschistokjow“ bestätigt worden war, gelangte er nach einem langen Marsch durch halbdunkle Zugangskorridore in eine riesige Halle unter der Erde.

      „Herr Präsident, es ist soweit!“, begrüßte ihn Prof. Hammer freudestrahlend auf Deutsch, wohl wissend, wie sehr sein prominenter Gast so etwas mochte.

      „Ich bin hocherfreut!“, gab Tschistokjow zurück. „Sagt man das so, Herr Professor? Hocherfreut?“

      „Ja, das kann man sagen …“, antwortete der weißhaarige Deutsche und lachte.

      Nachdem sich alle Anwesenden gegenseitig begrüßt hatten, führten die Wissenschaftler den Präsidenten und seinen Verteidigungsminister zu einem fahrbaren Konstrukt, das einem mobilen Artilleriegeschütz ähnelte. Allerdings hatte die neuartige EMP-Waffe eine Vielzahl langer Rohre, die Erinnerungen an eine Kirchenorgel weckten.

      Prof. Hammer grinste. „Nun, dies ist das erste einsatzbereite EMP-Geschütz. Die Peilgeschosse, die diese fahrbare Abschussvorrichtung abfeuert, haben die Aufgabe, heranfliegende Atomraketen zu orten, sie anzufliegen und schließlich in ihrer unmittelbaren Nähe einen elektromagnetischen Puls auszulösen. Dieser Puls soll das Zündungschip der gegnerischen Atombombe zerstören und diese damit unschädlich machen.“

      „Aha?“, murmelte Tschistokjow, die Abschussvorrichtung nachdenklich musternd.

      „Ein derartiges Geschütz kann auf einen Schlag etwa 10 zielsuchende Peilgeschosse abfeuern. Der Flugradius dieser Kleinraketen ist allerdings zunächst auf etwa 150 Kilometer beschränkt, aber wir werden uns bemühen, die Effektivität der Waffe so schnell es geht zu steigern“, fuhr Prof. Hammer fort.

      „Ich kann nur hoffen, dass es funktionieren wird“, meinte Lossov.

      „Es ist die wichtigste Waffe in diesem ganzen Krieg. Diese Erfindung kann kriegsentscheidend sein“, betonte Tschistokjow.

      „Wir arbeiten weiterhin rund um die Uhr, Herr Präsident. Außerdem haben wir auch unsere gewöhnlichen Abwehrraketen mit einem neuartigen Ortungs- und Peilsystem verbessert, so dass auch diese die feindlichen Atombomben in Zukunft wesentlich erfolgreicher aufspüren und bereits in der Luft vernichten können“, erklärte der deutsche Wissenschaftler. Seine russischen Kollegen nickten.

      Tschistokjow stellte sich vor ihn, sah ihm tief in die Augen. Dann sagte er: „Von Ihren Erfindungen hängen die Leben von Millionen Menschen ab, Herr Professor. Vergessen Sie das niemals. Wenn Ihre Arbeit erfolgreich ist, so wird das ganze Städte vor der Auslöschung bewahren.“

      Der Physiker lächelte, um daraufhin zu erwidern: „Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Präsident. Wir werden alles geben, um diese neuen Waffensysteme immer weiter zu verbessern. Hunderte von Wissenschaftlern arbeiten hier bis zur völligen Erschöpfung. Wir werden uns keine Pause gönnen. Darauf können Sie sich verlassen. Entschuldigen Sie, dass wir nicht früher Ergebnisse liefern konnten, aber wir …“

      „Schon gut! Ich bin mehr als stolz auf Sie alle, meine Herren!“, stieß Tschistokjow freudig aus.

      „Wann sollen wir mit der industriellen Produktion der EMP-Geschütze und Peilgeschosse beginnen?“, fragte Prof. Hammer erwartungsvoll.

      „Wann?“, rief der Anführer der Rus mit ernstem Blick. „Sofort!“

      Bis Ende August hatte die Volksarmee die Frontlinie an der Grenze zu Moldawien noch halten können, dann jedoch waren die in Massen anrückenden GCF-Truppen durchgebrochen. Inzwischen trieben sie ihre demoralisierten Gegner vor sich her. Etwa eine halbe Million Tote waren auf den Schlachtfeldern zwischen der Slowakei und der Küste des Schwarzen Meeres geblieben, doch Artur Tschistokjow befahl nach wie vor, dass kein Meter des Vaterlandes kampflos aufgegeben werden dürfe und ließ immer mehr junge Soldaten in die Ukraine bringen.

      Schließlich erreichten die Armeen der Global Control Force am 17. September 2051 Kiew und begannen mit der Belagerung der Großstadt.

      „Das große Kiew – Von den Rus gegründet! Von den Rus gehalten!“, schrieben die Presseorgane des Nationenbundes und Tschistokjows Kriegspropaganda wurde nicht müde, den „Heldengeist der alten Wikinger“ bei der Bevölkerung der ukrainischen Metropole zu erwecken.

      Im Gegenzug verkündeten die Zeitungen und Fernsehsender des Weltverbundes, dass Artur Tschistokjow langsam der Atem ausgehe und er bald für das Verbrechen am englischen Volk, womit sie die Zerstörung Londons meinten, bezahlen würde.

      Und während sich Millionen Soldaten in einem weltumspannenden Konflikt an unzähligen kleinen und großen Fronten mit allen Mitteln massakrierten und sich weitere Millionen junge Männer bereitmachten, zu den Schlachtfeldern gekarrt zu werden, leitete die Weltregierung den nächsten Atomschlag ein.

      Diesmal sollte es die Japaner, die bereits im August 1945 den Schrecken der Atombombe erlebt hatten, treffen. Nach diesem nuklearen Angriff sollte endlich auch die zweite Landinvasion gegen das Inselreich erfolgen. Zuvor wollte man Japan allerdings erst einmal in Schutt und Asche legen, damit es sich nicht erneut gegen den Ansturm der GCF-Heere verteidigen konnte, wie in den Jahren 2031 bis 2033.

      So beschoss die Pazifikflotte der GCF Tokio am 20. September 2051 mit fünf Atombomben. Drei weitere wurden auf Kawasaki, zwei auf die Industriestadt Yokohama abgefeuert. Das von Matsumotos Wissenschaftlern konstruierte Raketenabwehrschild konnte lediglich drei der zehn Kernwaffen außer Gefecht setzen, die anderen trafen ihre Ziele und brachten dem urbanen Herzen Japans eine apokalyptische Verwüstung. Tokios Innenstadt wurde vollkommen zerstört und insgesamt starben, trotz der vorher von Matsumoto durchgeführten Evakuierungsmaßnahmen, nicht weniger als 8 Millionen Menschen.

      Doch das genügte den Logenbrüdern noch immer nicht. Einen Tag später ließen sie weitere sechs Atombomben auf Sapporo niedergehen; sie wurden exakt so platziert, dass nicht nur die Innenstadt der ihnen so verhassten Metropole, sondern auch sämtliche Außenbezirke vom atomaren Vernichtungsfeuer eingeäschert wurden. So gut wie alle Einwohner der Stadt, die Sapporo nicht schon vorher in weiser Voraussicht verlassen hatten, wurden bei diesem Angriff


Скачать книгу