Evangelisches Kirchenrecht in Bayern. Hans-Peter Hübner
der dualistischen Theorie des Kirchenrechts ist Kirchenrecht als eigenständiges und eigengeartetes Recht und damit ein Recht besonderer Art zu verstehen, welches qualitativ von allem unterschieden ist, was sonst als Recht bezeichnet wird. Demgegenüber geht die monistische Theorie des Kirchenrechts von einem einheitlichen, Staat und Kirche gemeinsamen Rechtsbegriff aus. Dies braucht hier indes nicht näher erörtert zu werden. Denn zum einen spielt diese Unterscheidung in der Praxis nicht dieselbe Rolle wie in der Theorie, zum anderen haben neuere Arbeiten gezeigt, wie der doppelte Kirchenrechtsbegriff aufgegeben werden kann, ohne dass das Kirchenrecht seine geistliche Prägung verliert, etwa in dem Gedanken vom „antwortenden Charakter“ des Kirchenrechts-Kirchenrecht als Antwort auf den Anruf des Evangeliums28.
Zusammenfassend kann dazu festgehalten werden: Das Kirchenrecht hat gegenüber dem allgemeinen Recht zwar besondere Voraussetzungen in der Gebundenheit an den Auftrag des Herrn und an das Bekenntnis. Als menschlich gesetztes Recht unterscheidet es sich in seiner Funktion als friedensstiftendes Ordnungsgefüge aber nicht derart vom allgemeinen Recht, dass es als etwas ganz anderes angesehen werden müsste. Indes bleibt Kirchenrecht inhaltlich immer auf den Auftrag der Kirche bezogen. (Nur) insoweit besteht keine Identität beider Rechtsordnungen und kommt dem Kirchenrecht innerhalb der Gesamtheit des Rechts eine besondere Rolle zu, als es die ihm eigenen Bindungen nicht aufgeben kann und darf29.
Weiterführende Literatur:
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1Verh. der Landessynode März 2017 (Bd. 138), S. 74 ff., 118 ff.
2Zur Begriffsdefinition des evangelischen Kirchenrechts vgl. H. de Wall/M. Germann, Grundfragen des evangelischen Kirchenrechts, S. 5 ff.
3Abgedruckt u. a. im Evangelischen Gesangbuch, S. 1577 ff.
4M. Brecht, Martin Luther, Bd. 1, 3. Aufl. Stuttgart 1990, S. 403 f.
5M. Luther, Warum des Papsts und seiner Jünger Bücher verbrannt sind, WA 7, S.151/168. Dabei meint Luther, was oft übersehen wird, hier mit „geistlichem Recht“ eindeutig allein jenes kirchliche Recht, das sein Wesen und seinen Geltungsgrund allein aus der kirchlichen Hierarchie und der Setzung durch diese ableitet.