Lindenstadt und sächsischer Kleinkram. Jens Rübner

Lindenstadt und sächsischer Kleinkram - Jens Rübner


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dann in die USA überzusiedeln. So gehörte auch Detlef Sierck, obwohl er kein Jude war, im Gegensatz zu den Filmregisseuren, die einmal Samuel Wilder und Wilhelm Weiller hießen, sich in Amerika aber Billy Wilder und William Wyler nannten – zur Schar jener Theater- und Filmschaffenden, die aufgrund der politischen Verhältnisse in Deutschland ihr Heil in Hollywood suchten.

      Detlef Sierck, nennt sich in Hollywood Douglas Sirk und versucht sich zunächst als Drehbuchautor. Erst 1943 gab das Filmstudio MGM ihm den ersten Regieauftrag. Sein erster Film in Hollywood war der Anti-Nazi-Film Hitler’s Madman, der von der Ermordung des Reichsprotektors Reinhard Heydrich und dem Massaker von Lidice handelt. Elf Jahre später erfahren seine beiden Filme Die wunderbare Macht und Was der Himmel erlaubt eine wohlwollende Aufnahme seitens der Kritiker. Der Schauspieler Rock Hudson erbringt unter Sirks Regie seine besten darstellerischen Leistungen. Fortan zählt Hudson zu den populärsten und gefragtesten Hollywood-Darstellern.

      1960 zieht sich Sirk aus Gesundheitsgründen ins Privatleben nach Lugano in der Schweiz zurück. 1978 erhält er für sein Lebenswerk den Deutschen Filmpreis und 1985 den Bayerischen Filmpreis. Am 14. Januar 1987 sagt eine große Persönlichkeit für immer Adieu … Obwohl das ja nicht ausnahmslos stimmt, seine Filme kann man ja zum Glück noch sehen. Ebenso wie man die große Stimme einer Zarah Leander noch hören kann.

      Im Hintergrund höre ich schon einige tuscheln, was soll dieses Wiedersehen mit den erfolgreichen „schön-schaurigen“ Kinoschnulzen aus den 30er/40er Jahren oder das Reinhören in Evergreens aus Omas und Opas Kinozeiten?

      Sie haben Recht, der Abstand zwischen damals und heute ist ein großer, unsere Seh- und Fühlweise ist mit Sicherheit auch eine andere geworden. Fakt ist aber, dass man damals wie heute „Schnulzen“ fürs Gemüt und als Balsam für die Seele braucht, um unseren Gedanken und Gefühlen ein zufriedenes Zuhause zu geben, und sei es auch nur für ein paar Stunden. Wir haben heut gut lachen. Doch dies, bitte sehr, war der Geschmack jener Zeit. Filmsprache, Filmstil und Filmtechnik haben sich gewandelt, gottlob. Nur: Sind wir sicher, dass unsere Enkel nicht über manche Lovestory aus der heutigen Zeit kichern werden?

      Vor vielen, vielen Jahren … nein, nein keine Bange, hier handelt es sich nicht um ein Märchen, sondern um eine Zeit, die es tatsächlich gab – die DDR (so seinerzeit das gängige Kürzel, fast hat man’s vergessen). Es war die Zeit, als Autos vom Typ Trabant, Wartburg oder Wolga durch die Kohlen-grauen Straßen fuhren. Als die Kennzeichen für den Bezirk Leipzig entweder mit einem S oder einem U begannen. Des Weiteren ist mir in Erinnerung, dass auf keinem Sender dermaßen viele gleichgeschlechtliche Liebesbeweise zusehen waren, wie auf DDR 1 und 2. Die Rede ist natürlich von den sozialistischen Bruderküssen, die in keiner ‚Aktuellen Kamera‘, der Nachrichtensendung des Deutschen Fernsehfunks, dem späteren Fernsehen der DDR fehlen durften. Unschönerweise wurden die Akteure, ihres Zeichens meist im hohen Rentenalter, in diesen Momenten noch dazu ganz nahe herangezoomt. Igitt, war das unästhetisch! Aber andererseits: Wenn man heute Wiederholungen dieser Nachrichtensendungen von damals sieht, kann man vor deren beispiellosem Mut zur Anästhetika nur den Hut ziehen. Aber, vielleicht wussten die Macher auch einfach nur, dass ohnehin kaum jemand zusah.

      Jeder erinnert sich an die Zeit, in der für viele DDR-Bürger das 1. und das 2. die einzigen Optionen werk- und feiertäglicher Abendgestaltung waren. Auch wenn in der DDR ein zweites Fernsehprogramm bis 1969 auf sich warten ließ. Schließlich geschah in der Deutschen Demokratischen Republik alles „aus Anlass“ und „zu Ehren“. So begannen auch die regelmäßigen Farbsendungen erst mit der Einführung des zweiten Programms kurz vor dem 20. Jahrestag der DDR zum 3. Oktober 1969.

      Da die DDR aber schon damals in der glücklichen Lage war, von vielen zivilisierten Nachbarstaaten umgeben zu sein, gab es mancherorts doch die Möglichkeit, ein paar andere Gesichter (aus dem West-Fernsehen) in der Glotze anzutreffen. Seit 1963 gab es in der BRD auch ein zweites Fernsehprogramm. Doch das ZDF wurde auf UHF ausgestrahlt; dafür waren unsere Geräte aber nicht vorgesehen. Findige Bastler bauten deshalb in der DDR UHF-Konverter mit geschmuggelten Transistoren vom Typ AF 139 ein, die den Empfang dann ermöglichten.

      In jedem Fall waren beide Programme an manchen Abenden bemüht, auf der so ärmlich ausgestatteten Senderskala mit ihren zielgruppengerechten Sendungen die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.

      So erinnere ich mich an die Kindersendung: „Mach mit, mach's nach, mach's besser“ mit einem Billigtrainingsanzug-Träger namens Adi und von Zeit zu Zeit wechselnden kleinen Mädchen als, wie man heutzutage sagen würde, Co-Moderatorinnen. Als pubertierender Jüngling an das militärpolitische Magazin Radar. Die 30-minütigen Sendungen handelten von der Wehrerziehung und der Militärpolitik der DDR sowie ihren militärischen Bündnispartnern. Offenbar war ich der einzige Zuschauer dieses Magazins. Auf Nachfrage behaupteten bislang alle, und zwar alle Bekannten und Verwandten aus der ehemaligen DDR, von diesem Magazin nie gehört zu haben. Hätte es nie gegeben. Ja, spinne ich? Die Schützenpanzer russischen Fabrikats, die da zum Schutze der Arbeiter und Bauern vor laufender Kamera durch die Märkische Heide donnerten, dass meine jungen sozialistischen Knochen nur so vibrierten - war das ein Traum?

      In die Abteilung hormonelle Wirrungen und Irrungen stufe ich die Sendung: Erotisches zur Nacht ein. Rückblickend möchte man es gar nicht mehr wahr haben, wie das Erotische zur Nacht französischer Provenienz an ganz besonders guten Abenden von einer Ansagerin ‚promotet‘ wurde, die wie ein fleischgewordener Testosteronstoß auf einem Chaiselongue (Römersofa) hingegossen war, in Netzstrümpfen … oh, mein Gott, war die hübsch anzusehen! Obendrein gab es auch noch hinreißende Eigenproduktionen gleichen Genres, die das Lotterleben am Hofe ‚August des Starken‘ portraitierten. Verschwommen erinnere ich mich an eine Szene, in der August in seinem Boudoir die Blockflöte spielt und eine überaus üppige Brünette dazu ihre ansprechenden Reize in die Kamera schwenkt. Und im Rhythmus dazu die Kulissen wackeln! Ja, auch so etwas gab es im Ostfernsehen …

      In die Rubrik: „Auf die Barrikaden, nieder mit den Herrschenden“ würde ich die Sendung Der Schwarze Kanal einstufen. Auch hier muss ich oft der einzige Zuschauer gewesen sein. Zumindest ist es möglich, dass die Quote im Westen höher war als die im Osten. Der als Hardliner geltende von Schnitzler hatte den Spitznamen Sudel - Ede. Karl-Eduard von Schnitzler war meine erste politische Hassfigur, noch vor dem Stasi-Chef Erich Mielke und lange vor Franz Josef Strauß. Warum? – überlegen, lesen Sie selbst (nach).

      Aber der Höhepunkt, der alle Welten, Zeiten, Systeme umgreift und vereint und in ein mildtätiges Licht taucht, wird bis in die Ewigkeit – Die Olsenbande bleiben. Da will ich gar keine Anekdoten von erzählen, das sollen andere tun. Die Olsenbande ist ein unsterbliches Stück Kino- und Fernsehgeschichte Ost und wird nie wieder so hell erstrahlen wie damals, eingefasst zwischen ‚Aktueller Kamera‘ und Berichten aus der Fußball-Oberliga. Viele Folgen habe ich davon mehrmals gesehen. Was haben wir uns amüsiert und wie haben wir ‚gemeinsam‘ gelacht. „Das dumme Schwein“, „Direktor Bang-Johansen“, „Dynamit-Harry“ oder Sexy-„Yvonne“. „Ich habe einen Plan …“ Dieser Satz ist legendär und braucht keine weiteren Anekdoten.

      Die „Tausend Tele-Tipps“ kommen ins Gedächtnis, mit dem kleinen Himmelsboten Arthur, dem Engel, der mit seinem aufgespannten Schirmchen einschwebte, bevor sich die Damen mit den hochdrapierten Turmfrisuren versammelten, um mit den neusten Errungenschaften aus Technik und Wissenschaft im Haushalt zu glänzen. Fischkoch Kroboth und Fernsehkoch Drummer glänzten vor dem Kamera-Auge mit ihrer Kochkunst und ihren Rezepten. Und einige Werbeschlagwörter klingen heute noch im Ohr, wie „Nimm ein Ei mehr!“, „Fisch auf jeden Tisch!“ oder „Koche mit Liebe, würze mit Bino (eine maggiähnliche Speisewürze)!“ Manfred Krug zitierte ihn gar in der Titelmusik des DEFA-Films Auf der Sonnenseite – 1962: „Geh doch mal ins Kino, da verfliegt die Wut. Koche mit Liebe, würze mit Bino! Hin und wieder tut ein DEFA-Lustspiel gut.“ WERBUNG – die man in der DDR REKLAME nannte.

      Bino war eine Marke für flüssige Speisewürze und Brühwürfel in der DDR. Bino-Würze und


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