Die Stille in mir. Thomas Schmelzer

Die Stille in mir - Thomas Schmelzer


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und der Wirkung von Klängen oder Farben auf unseren Körper.

      Zwei Menschen hatte ich in meinen einsamen Entschluss eingeweiht – die Lieferantin der Esotera und den dritten Freund, jenen, der mich mit der Heilerin bekannt gemacht hatte –, in einen Plan, den ich allmählich richtig cool fand: Abschied aus dem Krankenhaus und Gesundwerden mit einem Heilpraktiker und der eigenen inneren Arbeit. Für die Ärzte bedeutete dies mein Todesurteil und so verschwieg ich meinen Plan. Selbst vor einem falschen Eid machte ich nicht halt, als der sensibelste unter den Medizinern von meinen Plänen zu ahnen begann und ich ihm schwören musste, ihm vorher Bescheid zu sagen, würde ich abhauen wollen.

      Nach mehrmaligem Fragen erhielt ich die Erlaubnis des Arztes, das erste Mal seit sieben Wochen das Krankenhaus für einen Tag verlassen zu dürfen. Es war genau mein 25. Geburtstag. Unschuldig dreinblickend bat ich meine Eltern, all meine Kleidungsstücke und anderen Dinge mitnehmen zu dürfen, da eine Abwechslung ja auch ganz guttat. Wir verließen das Krankenhaus. Da ich nur wenige Meter eigenständig laufen konnte, fuhr man mich nach wie vor in einem kleinen Rollstuhl, setzte mich ins Auto und dann ging es los. Zu Hause auf der Wohnzimmercouch liegend übermittelte ich meinen fassungslosen Eltern meinen Entschluss: Keine Macht der Welt würde mich jemals wieder in dieses Krankenhaus zurückbringen. Ich würde gesund werden, das wusste ich – und daran hatte sich tatsächlich seit der meditativen Begegnung mit dem Licht in mir nichts geändert –, doch ich brauchte ihre Hilfe und die Unterstützung eines Heilpraktikers in Ulm.

      Für sie brach zunächst eine Welt zusammen. Sie kannten nichts anderes als die gute Schulmedizin, alle anderen – Heilpraktiker wie Heiler – waren in ihren Augen Scharlatane. Das konnte ich ihnen nicht verdenken, die Medien verkündeten dies ja auch fast unisono – Esotera war damals wirklich die rühmliche Ausnahme – und beide Eltern hatten sich ansonsten einfach noch nicht mit Wegen der Heilung beschäftigt.

      Wie glücklich und gerührt war ich daher, dass sie mir trotzdem nicht widersprachen, mir meinen Willen ließen, obwohl es gegen ihre tiefste Überzeugung war. Dass sie mir dies zugestanden und mit mir noch viele Nächte der Angst um das Überleben ihres Sohnes erleben mussten – das konnte nur Liebe sein, die sie dies bewältigen ließen.

      So blickten wir uns voller Liebe und Tränen in die Augen.

      Mein Abenteuer hatte gerade erst begonnen ...

      Weg der Gesundung

      Viele Monate nach der Flucht aus der Klinik saß ich im Behandlungsstuhl eines Ulmer Heilpraktikers und wurde gegen meinen Willen über das segensreiche Wirken der Zeugen Jehovas aufgeklärt.

      Mein Vater war mitgekommen – er hatte mich schließlich den weiten Weg im Auto hergebracht – und saß wie paralysiert daneben. So hatte er sich die Gesundung seines Sohnes nicht vorgestellt: Statt handfester Medikamente mit definierten Nebenwirkungen gab es nun wissenschaftlich fragwürdige Bachblüten, Homöopathie, Elektroakupunktur und Gespräche über die Philosophie der Religionen.

      Und doch hatte der ›Filius‹ bereits wieder Haare auf dem Kopf und strahlte eine fröhliche Ruhe aus. Der Heilpraktiker war für mich eine reine Gefühlsentscheidung gewesen, denn auch bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur sporadisches Wissen über Krankheit und Gesundheit angesammelt. Die esoterische Beraterin hatte ihn empfohlen. Und es ging mir gut damit. Obwohl ich wusste, dass er Mitglied dieser seltsamen Religionsgemeinschaft war, vertraute ich ihm.

      Vielleicht waren auch tatsächlich diese Gespräche das Heilsamste dabei. Und natürlich der Mensch selbst, der liebevoll und respektvoll sich einfach Zeit für mich nahm. Jahre später gestand er mir, dass er nach meinen ersten Besuchen oft mit schweißnassen Händen im leeren Zimmer gestanden und sich gefragt hatte, ob er mir überhaupt je helfen könne, so bedenklich hatte es in dieser Zeit noch um meine Gesundheit gestanden.

      Aber alles wurde gut. Noch einmal gab es jedoch einen kritischen Zeitpunkt: Ich bekam Gürtelrose. Wochenlange, schubweise auftretende Schmerzen auf Höhe der Taille. Nässende Haut, Ausschläge. Die Angst, dass alles nicht helfen würde, kam noch einmal zurück – aber als Spätwirkung der Chemotherapie verschwand sie nach einiger Zeit und mithilfe des Heilpraktikers wieder.

      Monate später kam ich wieder auf die Beine und überlegte bereits, was ich beruflich machen wollte. Immer wieder probierte ich alternative Massagen und unterstützende Therapien aus. Manchmal noch kam ich wie von selbst wieder in jenen nicht beschreibbaren Zustand der Klarheit.

      Eines Tages stieg ich aus der U-Bahn und hatte auf dem Weg zu einer Fußreflexzonenmassage einen derart klaren Blick, der ließ keinen Zweifel offen: Ich hatte mich verändert. Heller und klar sah ich die Autos und Menschen, so als wäre alles durch eine Intensivwäsche gegangen und würde nun von innen heraus strahlen.

      Stand ich etwa kurz vor der Erleuchtung? Diese Überzeugung hielt nicht lange an. Eine junge, sympathische Fußreflexmassage-Therapeutin, der ich, immer noch ergriffen, von meiner Geschichte erzählte, verstand ... nichts. Sie schüttelte nur verwundert den Kopf.

      Viel später begriff ich, dass mir ein erstes Erwachen geschenkt worden war. Zu naiv hatte ich gedacht, dass dies nun so bleiben würde. Wie enttäuscht war ich daher, als all die schönen Effekte und Bewusstseinszustände nach und nach wieder dem profanen Alltagsdenken und -fühlen gewichen waren. Und doch: Ich war ein anderer. Oder: Ich war endlich wirklich ich selbst geworden.

      Die Stille in mir – war sie mir zufällig geschenkt worden oder war sie seit jeher Bestandteil, ja, Zentrum meines Seins gewesen?

      Ich wollte auf die Reise gehen, um zu verstehen, was es mit jenen geheimnisvollen, wunderbaren Bewusstseinszuständen auf sich hatte. Und so begann meine Liebe zu spirituellen Themen, die bis heute anhält.

      Heilung geschieht von ganz allein

      Wenn ich heute meine Gesundwerdungsgeschichte erzähle, werde ich oft gefragt: Was hat dich gesund gemacht? Nun: Ich weiß es nicht. Vielleicht war es der erste verabreichte Zyklus der Chemotherapie, der völlig ausgereicht hatte. Vielleicht die Heilerin. Vielleicht auch die inneren Visualisierungen.

      Der amerikanische Psychoonkologe Carl Simonton entwickelte eine Methode, die empfiehlt sich vorzustellen, wie die Krebszellen im Körper durch andere, ›gute‹ Zellen bekriegt und zerstört werden können. Mir war das zu brachial. Es klang nicht viel besser als eine Chemotherapie, deren Absicht es ist, alle Krebszellen zu eliminieren. Nebenbei werden gesunde Zellen getötet, was nicht immer gut ausgeht, jedenfalls nicht für den Patienten. Juhu – Krankheit besiegt, Mensch tot!

      Ich experimentierte stattdessen im Dialog mit betroffenen Zellen und Körperteilen und fragte sie: »Warum seid ihr hier? Was ist eure Botschaft?«

      Entscheidend war aber vermutlich der Wille, gesund zu werden. Meine Freude daran, dieses Abenteuer aufzunehmen, hatte ich doch nichts mehr zu verlieren. War die Krankheit Zufall oder vorbestimmt, da ich noch einige Aufgaben auf Erden zu erledigen hatte? War es Chemie oder die Liebe meines höheren Selbst, das sich diese Krise als Prüfung gewählt hatte, an der die psychische Persönlichkeit des Thomas wachsen durfte?

      Auf jeden Fall rief meine Entscheidung, durch die erfahrene LichtLiebe im Herzen wieder gesund werden zu wollen, all die ›Zufälle‹ hervor – Personen, die sich im Zimmer irrten, Bücher, die mir zufielen, die Adresse des Heilpraktikers.

      Vielleicht ist es das: Sind Sie in Ihrem Innersten wieder ausgerichtet und spüren Sie einen Lebenswillen, geschieht Heilung. Die Methode ist dann unwesentlich, denn, wie der berühmte Geistheiler Horst Krohne einmal sagte: Unser System nimmt begierig alle unterstützende Hilfe auf, um wieder gesund zu werden.

      Mein Weg, radikal mit der Schulmedizin zu brechen, war mein ganz eigener, den ich keinesfalls weiterempfehlen würde: Sind Sie selbst betroffen, gehen Sie Ihren eigenen Weg. Finden Sie heraus, was Ihnen guttut. Sprechen Sie mit Experten und Ärzten, Heilern und Freunden. Fragen Sie intensiv sich selbst und nahestehende Menschen, was Sie tun können.


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