Die Kunst des Seins. Klaus D. Biedermann

Die Kunst des Seins - Klaus D. Biedermann


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sich lediglich in eine andere Materie. Das was wir sind, unsere Seele, unser Geist – ganz wie Sie wollen –, wandert weiter zu neuen Aufgaben und neuem Lernen.

      Ich habe einige Menschen sterben sehen, und immer hatte ich das Gefühl, es war letztlich ein freudiges Loslassen, auch wenn das Ego manchmal bis kurz vor diesem Moment heftig und im Schmerz gekämpft hat. Oft können sich die Sterbenden nicht lösen, weil sie die Trauer und den Schmerz der Angehörigen nicht ertragen können oder weil sie glauben, nicht alles Irdische geregelt zu haben, oder denken, die anderen könnten ohne sie nicht klarkommen.

      Alles in diesem Universum verläuft zyklisch, alles ist ein großes Ausatmen und Einatmen. So auch unser irdisches Leben, das wir bei der Geburt einatmen – manchmal unterstützt durch einen Klaps auf den Hintern – und im Moment des Sterbens ausatmen. Das Trauern um einen Verstorbenen ist natürlich und gewollt. Aber an der Art und Weise des Trauerns können die Hinterbliebenen auch feststellen, wie leicht oder schwer ihnen das Loslassen fällt. Für sie ist der Tod eine Prüfung und gleichzeitig eine Chance.

      Schauen Sie einmal genau hin. Sehr oft ist es so, dass die Hinterbliebenen betrauern, dass sie verlassen wurden, sie versinken in Selbstmitleid und spüren ihren Schmerz. Dass dies über einen gewissen Zeitraum passiert ist normal, nicht umsonst spricht man von einem Trauerjahr. Alles, was darüber hinaus geschieht, ist dem Entwicklungsprozess sowohl für die Hinterbliebenen als auch für den Toten hinderlich. Der Tote kann nicht ›gehen‹, er kann nicht in die nächste Stufe seiner von ihm geplanten universellen Entwicklung eintreten, und die Hinterbliebenen können sich schlecht auf ihre eigenen Aufgaben und Entwicklungen konzentrieren.

      Oft verlieren sie dabei sogar die, die noch leben, aus den Augen und verpassen die Chance, das zu lernen, was durch den Tod zu lernen ist. Alle Menschen, deren Eltern ein Kind verloren haben, können sicher ein trauriges Lied davon singen. Eine über einen ›gesunden‹ Zeitraum hinaus andauernde Trauer kann sich sogar zu einer schweren Depression entwickeln. Dann nimmt man das eigene Leben nicht mehr, das einem ja einmal geschenkt wurde – meist in einem Akt der Liebe. Der Tod ist das große Loslassen – für den Sterbenden wie für die Lebenden.

      In Griechenland kommen heute noch in einigen Dörfern nach dem Tod eines geliebten Menschen die so genannten Klageweiber in das Haus der Hinterbliebenen und helfen, zu trauern. Sieben Tage wird gewehklagt und damit den Betroffenen geholfen, ihrem Schmerz Raum und Zeit zu geben, sich auszudrücken. Danach kann diese Energie sich umwandeln in Freude und Dankbarkeit darüber, dass man mit dem Menschen, der gegangen ist, eine gewisse Zeit verbringen durfte.

      Es gibt Kulturen, in denen ein großes Fest gefeiert wird, wenn jemand stirbt, weil man weiß, dass seine Reise weitergeht, und man ihn dazu beglückwünscht, seine Aufgaben in diesem Leben erfüllt zu haben. Schon die alten Ägypter wussten, dass die Reise nach dem Tod weitergeht, was die zahlreichen Grabbeilagen in den Pyramiden deutlich beweisen. Neuere Ausgrabungen zeigen, dass sogar die Menschen der Steinzeit rituelle Bestattungen kannten und den Toten Gegenstände mit ins Grab legten. Durch die Entdeckung sehr alter Stämme in Neuguinea, die in ihrer Entwicklung sich selbst überlassen waren, also keinem Einfluss von außen erlagen, kam zu Tage, dass auch diese Menschen an ein Leben nach dem Tod glauben.

      Jetzt könnte man behaupten, dass es sich dabei um ein Wunschdenken handelt, um etwas, das sich entwickelte, um mehr aus dem Leben zu machen als es eigentlich ist. Auch, dass es sich bei diesem Glauben um ein Mittel handelt, sich den Umgang mit dem Tod erträglicher zu machen, wird ins Felde geführt. Bei dem Leben nach dem Tod scheint es sich aber vielmehr um ein intuitives Wissen der Menschheit zu handeln, denn die meisten Menschen (85 %) auf diesem Planeten glauben daran. Ob es nun ein Leben nach dem Tod gibt, mag dahingestellt sein, viel wichtiger ist jedoch die Frage: Gibt es ein Leben vor dem Tod?

      Richard Bach, der Autor vieler Bücher, unter anderem des Titels ›Die Möwe Jonathan‹ sagte einmal: »Ein Beweis dafür, ob deine Mission auf dieser Erde erfüllt ist: Wenn du noch lebst, ist die es nicht.«

      Ein weiterer wichtiger Schritt zur Erleuchtung ist neben dem Loslassen das Nehmen der Verantwortung. Erinnern Sie sich an das Hermetische Gesetz ›Innen wie außen‹, alles, was im Kleinen ist, hat seine Entsprechung im Großen wie auch umgekehrt.

      So gesehen, ist die Erde der symbolische Körper des Bewusstseins all derer, die auf ihr leben. Demzufolge sind die Erscheinungen, die die Erde zeigt, Symptome, Signale und Hinweise darauf, wie sich unser Bewusstsein zu verändern hat.

      Die Symptome, die uns unsere ›Umwelt‹ zeigt, werden zurzeit mit Methoden der Schulmedizin behandelt. Das heißt, es wird geflickt und repariert. Lediglich das Symptom wird behandelt.

      Symptome haben aber die Tendenz, sich zu verlagern, das heißt, an einer anderen Stelle wieder aufzutauchen. Es ist so ähnlich, als wenn man versucht, ein Stück Seife in einer Badewanne zu fassen. Was diese Erde braucht, ist eine Veränderung des Bewusstseins.

      Schon der Begriff ›Umwelt‹, der so häufig in Zusammenhang mit Verschmutzung und Klima gebraucht wird, führt in die Irre, weil er uns von der restlichen Welt trennt. Er absorbiert den Einzelnen und vollzieht eine Trennung. Diese Welt besteht aber nicht aus Einzelteilen.

      Niemand ist eine Insel, alles ist miteinander verwoben, man kann es gar nicht oft genug sagen: nicht nur der Mensch mit dem Menschen, sondern Tiere und Menschen, Pflanzen und Tiere, Steine, Luft und Wasser. All das sind Teile dieses großen Systems Erde, die wiederum ein Teil des Systems ›Universum‹ ist.

      Wie groß die ›Innenweltverschmutzung‹ ist, lässt sich nur sehr ungenau anhand der Suchtstatistiken, des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs, der zunehmenden Verrohung unserer westlichen Gesellschaften, dem Werteverfall, den jeder beklagt, aber niemand stoppt, ablesen. Dass aber auch dies alles System hat, dazu komme ich später noch.

      Eine Behandlung mit Katalysatoren und verschärften Gesetzen kann nur dann wirklichen Erfolg haben, wenn auch gleichzeitig das Bewusstsein der Verursacher in die Behandlung miteinbezogen wird.

      So wie jede Krankheit ein Hinweis auf eine Disharmonie im Gesamtsystem ist, so sind auch unsere großen Krankheiten und Seuchen Hinweise für uns alle. Jede große Seuche, die besiegt wurde, zog auch ein verändertes Bewusstsein nach sich. So trat zum Beispiel nach der Pest ein anderes Hygienebewusstsein auf. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass eine große Seuche unserer Zeit den gleichen Namen hat wie das englische Wort für Hilfe, nämlich Aids.

      Jede Krankheit, jede Katastrophe hat aber ihren tieferen Sinn, den es zu entschlüsseln und zu verstehen gilt. Warten wir es ab, was uns die Vogelgrippe bringt, durch die wir ja erleben, wie eng wir weltweit miteinander verwoben sind und dass sich niemand wirklich abgrenzen kann. Der Himmel entzieht sich noch unserer Kontrolle. Es kann wohl schon als Ironie bezeichnet werden, wenn am 20. Oktober 2005 ein Professor im Fernsehen vor Panikmache warnte mit dem Hinweis, dass die Vogelgrippe ja weit weg sei, und am 25. Oktober in Deutschland die ersten verendeten Zugvögel gefunden wurden.

      In der Regel sehen wir in Krankheiten etwas Feindliches, das es zu bekämpfen gilt. Zwei Behandlungsmethoden stehen sich gegenüber.

      Die eine behandelt das Symptom und lehnt einen Zusammenhang zwischen psychischem Verhalten, der Lebenssituation und -einstellung des Kranken ab. Die Krankheit ist hinderlich und muss so schnell wie möglich weg. Davon lebt eine ganze Industrie sehr gut. Die Errungenschaften und Entwicklungen unserer modernen Medizin haben vielen Menschen das Leben gerettet und verlängert, doch das Bewusstsein vieler Mediziner ist nicht mitgewachsen. (Ich weiß, dass es Ausnahmen gibt.) Der Fortschritt der Technik ist sehr gut, doch er wird nicht viel nutzen, wenn der Geist sich nicht mitentwickelt.

      Die andere Methode beruht auf der Ansicht, dass der Mensch selbst die Ursache seines Leids ist und dass die Krankheit ihm lediglich etwas aufzeigen möchte. Sie sieht die Krankheit als einen Freund und Wegbegleiter. Immer, wenn man seinen Weg verlässt, wird sich dieser Freund melden. Dadurch wird man wieder an seine Verantwortung erinnert. Der erleuchtete Mensch wird die Verantwortung für sein Leben nicht in die Hände eines fremden Arztes geben, mag er noch so einen guten Ruf haben, sondern er wird sie selber nehmen.

      Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass wir in einem Kosmos leben. Kosmos bedeutet Ordnung. Wir sind lediglich ein Teil dieser


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