4 Portraits (Pauli, Einstein, Planck und Heisenberg). Ernst Peter Fischer

4 Portraits (Pauli, Einstein, Planck und Heisenberg) - Ernst Peter Fischer


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vernachlässigen, um noch einmal etwas auf sein privates Leben einzugehen. Planck war sein Leben lang ein guter Musiker, ein begeisterter Bergsteiger und er hatte das besondere Glück, dass er eine Frau mit einem reichen Vater geheiratet hatte, der ein wunderschönes Haus in Bad Tölz besaß. Von dort aus konnte er immer seine Wanderungen und Planungen machen. Er war in diese Marie Merck sehr verliebt. Sie hat ihm vier Kinder geschenkt. Aber leider, das hatte ich schon eingangs angedeutet, ist das Leben insgesamt, so glücklich es am Anfang für den 30, 40jährigen Planck war, später immer schwieriger geworden.

      Ich möchte das Tragische und das Leiden in Plancks Leben, das ihn und seine Familie von Anfang bedrückt hat, wenigstens kurz skizzieren. Ganz früh schon ist sein Bruder in der Schlacht bei Sedan 1870/71 gefallen. Auch seine Frau stirbt schon sehr früh, nämlich 1900. Im 1. Weltkrieg fällt sein erster Sohn. Jetzt hat er noch drei Kinder, die Zwillinge und Erwin. Die Zwillinge heiraten etwa in der Zeit des 1. Weltkriegs und da passiert etwas besonders Tragisches: Beide sterben bei der Geburt ihres ersten Kindes.

      Planck muss das sehr erschüttert haben. Er ist völlig verzweifelt. Es gibt einen Besuch von Albert Einstein, über den dieser berichtet, dass Planck eigentlich überhaupt nicht mehr ansprechbar ist, sich ganz nach innen zurückgezogen hat. Das war etwa in den 1920er Jahren. Er findet nur darin Trost, dass er die beiden Kinder gemeinsam auf einem Friedhof in Berlin bestattet, damit sie wenigstens in der Ewigkeit zusammenkommen, was ihnen im Leben nicht gelungen ist.

      Seine ganzen Hoffnungen richten sich dann auf seinen zweiten Sohn Erwin. Er heiratet nach dem Tod seiner ersten Frau wieder, bekommt von dieser zweiten Frau noch einen Sohn, zu dem er sich aber nie geäußert hat. Es ist offenbar so, dass Plancks ganzes Interesse, seine ganze Vaterliebe den Kindern aus der ersten Ehe gehört. Das könnte man ihm jetzt zum Vorwurf machen und man muss es ihm auch zum Vorwurf machen. Denn als zur Zeit der Nationalsozialisten der zweite Sohn Erwin, der unter Hitlers Vorgänger als Reichskanzler, von Schleicher, eine politische Karriere gemacht hat, im Rahmen des Attentates vom 20. Juli verhaftet und zum Tode verurteilt wird, ist Planck in großer Aufregung.

      Er glaubt noch völlig an die Unschuld seines Sohnes Erwin und versucht, den Nationalsozialisten sein Lebenswerk anzubieten, um seinen Sohn zu retten. Er weiß nicht, dass der Sohn auf einer Liste gestanden hat, die für politische Ämter nach dem Sturz der Nationalsozialisten vorgesehen war, so dass er für die Nationalsozialisten ein Feind war. Planck bittet in einem letzten, verzweifelten Brief an den Reichsführer SS Heinrich Himmler um das Leben seines Sohnes Erwin. Als er das tut, fügt er hinzu, dass nur Erwin die große Tradition der Familie fortsetzen kann. Der Sohn aus der zweiten Ehe sei dazu nicht in der Lage, weil er offenbar nicht die Qualität hat, die Planck von ihm erwartet. Das ist natürlich an einen Menschen wie Himmler, der von einem Herrenvolk träumt, das falsche Signal. Tatsächlich wird Erwin Planck von den Nationalsozialisten einfach ermordet, als hätte es den Brief überhaupt nicht gegeben.

      Als Planck die Nachricht vom Tod seines Sohnes erhält, schreibt er einen Brief an den Physiker Arnold Sommerfeld, in dem er seine Trauer ausdrückt. Ich kann diesen Brief bis heute nicht lesen, ohne dabei von Rührung übermannt zu werden.

      „Mein Schmerz ist nicht in Worten auszudrücken. Ich ringe täglich aufs Neue, um die Kraft

      zu gewinnen, mich mit dieser Schicksalsfügung abzufinden. Denn mit jedem neu anbrechenden Morgen kommt es wie ein neuer Schlag über mich, der mich lähmt und mir das klare Bewusstsein trübt und es wird lange dauern, bis ich wieder völlig ins seelische Gleichgewicht komme. Denn er bildete einen wertvollen Teil meines eigenen Lebens, er war mein Sonnenschein, mein Stolz, meine Hoffnung. Was ich mit ihm verloren habe, können keine Worte schildern.“

      Neben diesem unfassbaren seelischen Schmerz leidet Planck zur selben Zeit auch noch an einer Verkrümmung der Wirbelsäule. Er macht ungeheuer schwierige Tage durch, hat große Schmerzen und eigentlich würde man denken, dass jemand wie er um das Ende seines Lebens bittet. Aber er ist ja gläubig in dem soeben geschilderten Sinne. Er glaubt, dass es ein „himmlisches Reich“ gibt, das sich über uns erhebt und man den Verdienst erwerben muss, dort hinzukommen.

      Er schreibt 1946 wieder an Arnold Sommerfeld: „Ich gehöre nicht zu denen, die sich erbittern lassen. Ich denke an eine andere Welt, die sich himmlisch über diese hier erhebt und in die wir uns jederzeit flüchten können und wollen“. Auf diese Weise versucht er, seine Leidensfähigkeit oder sein Leiden einigermaßen zu ertragen.

      Er möchte auch nicht, dass die Verbrecher, die seinen Sohn umgebracht oder überhaupt in Deutschland die Oberherrschaft gewonnen haben, irgendeinen Einfluss auf die Nachwelt haben. Er möchte zeigen, dass Deutschland und die Deutschen etwas sind, das wertvolle Schätze der ästhetischen und wissenschaftlichen Art hervorbringen kann. Er möchte darauf bestehen, dass wir ein Kulturvolk sind. Gerade er hat ja vor allem zu diesen Schätzen beigetragen.

      Ich möchte jetzt den größten Schatz, den Planck uns hinterlassen hat, nämlich das berühmte „Quantum der Wirkung“, doch noch kurz vorstellen. Eigentlich ist es eine etwas schwierige, raffinierte Geschichte. Es geht dabei, wie ich schon angedeutet habe, um die Farben, die von einem Körper ausgehen, der erwärmt wird. Das klingt zunächst einmal nach einem albernen Problem. Aber Planck wusste aus der Tradition des 19. Jahrhunderts, dass sich da ein universales Gesetz verbergen musste. Er hat die großen Physiker der Berliner Universität zu sich nach Hause eingeladen, um die genauesten Messdaten zu bekommen.

      Es gab merkwürdigerweise zwei Theorien für das Licht, das ausgesendet wird. Eine Theorie konnte erklären, was bei kurzen Wellenlängen passiert, und eine Theorie konnte erklären, was bei langen Wellenlängen geschieht. Aber beide Theorien vertrugen sich nicht.

      Es zeigte sich eine merkwürdige Messkurve, die nur an den Flanken erklärt werden konnte. Aber der Mittelteil war nicht hinzubekommen. Planck musste jetzt irgendeine Annahme machen. Die Annahme, die er machte war, dass er eine mathematische, unstetige Größe einführte. Das ist dieses „Quantum der Wirkung“.

      Er führte es zunächst einmal als eine mathematische Größe ein, in der Annahme, in der Hoffnung, dass es sich dabei nicht um Physik handele, sondern nur um einen mathematischen Trick. Am Schluss wollte er diese mathematische Konstante gegen Null gehen lassen, um sie gewissermaßen als Hilfsgröße in die Theorien einzuführen.

      Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen noch an die Schulzeit, in der man Integralrechnung gelernt hat. Man hat eine Kurve und versucht, die Fläche unter der Kurve zu messen. Dabei teilt man die eigentliche Linie, über die die Kurve sich entlang windet, in kleine Stücke ein und zerlegt die ganze Fläche in kleine Rechtecke. Man hat dann kleine Seitenlängen dieser Rechtecke. Zum Schluss setzt man den Grenzübergang dieser Seitenlängen gegen Null und bekommt aus der Summe aller Rechtecke das Integral, das die Fläche angibt.

      Das ist ein schöner mathematischer Trick, der aus dem 19. Jahrhundert stammt und mit dem man auch tatsächlich mathematisch elegante Lösungen liefern kann. Planck wollte so etwas Ähnliches tun. Tatsächlich erwies sich das jedoch als unmöglich.

      Derjenige, der gezeigt hat, dass das nicht möglich ist, war Albert Einstein. Er hat das aber erst im Jahre 1905 getan. Als Einstein seine Arbeit publizierte, hat zunächst niemand besonders hingehört.

      Der Einzige, der den ersten Publikationen Albert Einsteins wirklich Aufmerksamkeit geschenkt hat, war Max Planck. Deshalb heißt es manchmal, Max Planck habe zwei Entdekkungen gemacht, nämlich das „Quantum der Wirkung“ und

      „Albert Einstein“. Denn Einstein war bei der Publikation seiner Arbeit nur ein unbekannter Angestellter in einem kleinen Patentamt im schweizerischen Bern und kein großer Physiker an einer großen Universität in der Hauptstadt Berlin.

      Aber der große Planck liest die Arbeit dieses Einstein und sagt: „Das ist wichtig“. Dadurch ist Einstein plötzlich ein akzeptierter Physiker. Es ist ein kleines Rätsel, warum Planck so begeistert war von Einsteins Arbeiten, weil dieser


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