Pflegende Angehörige stärken. Christa Büker
2. einen individuellen Versorgungsplan mit den im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen und gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfen zu erstellen,
3. auf die für die Durchführung des Versorgungsplans erforderlichen Maßnahmen einschließlich deren Genehmigung durch den jeweiligen Leistungsträger hinzuwirken […],
4. die Durchführung des Versorgungsplans zu überwachen und erforderlichenfalls einer veränderten Bedarfslage anzupassen,
5. bei besonders komplexen Fallgestaltungen den Hilfeprozess auszuwerten und zu dokumentieren sowie
6. über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen zu informieren.
[…]
(2) Auf Wunsch einer anspruchsberechtigten Person nach Absatz 1 Satz 1 erfolgt die Pflegeberatung auch gegenüber ihren Angehörigen oder weiteren Personen oder unter deren Einbeziehung. Sie erfolgt auf Wunsch einer anspruchsberechtigten Person nach Absatz 1 Satz 1 in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der diese Person lebt.«
(§ 7a Abs. 2 SGB XI; Hervorhebung durch die Verfasserin)
Die Regelungen des § 37 (Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen) Absatz 3 verpflichten Pflegegeldbezieher zur Inanspruchnahme einer Beratung, die je nach Pflegestufe einmal halbjährlich oder vierteljährlich zu erfolgen hat und bei Nichtbeachtung Sanktionen wie den Entzug des Pflegegeldes zur Folge haben kann. Sinn dieser »Zwangs«-Beratung (
§ 37 SGB XI: Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen
»[…] Die Beratung dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.«
(§ 37 Abs. 3 SGB XI; Hervorhebung durch die Verfasserin)
Ausdrücklich an die Angehörigen wendet sich schließlich der § 45 (Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen):
§ 45 SGB XI: Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen
»Die Pflegekassen haben für Angehörige und sonstige an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierte Personen unentgeltlich Schulungskurse durchzuführen, um soziales Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken, Pflege und Betreuung zu erleichtern und zu verbessern sowie pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen zu mindern und ihrer Entstehung vorzubeugen. Die Kurse sollen Fertigkeiten für eine eigenständige Durchführung der Pflege vermitteln. Auf Wunsch der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person findet die Schulung auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen statt.«
(§ 45 Abs. 1 SGB XI; Hervorhebung durch die Verfasserin)
Mit dem § 45 SGB XI stehen die Pflegekassen in der Pflicht, Pflegekurse anzubieten. In ihnen sollen Kenntnisse vermittelt werden, die zur Pflegetätigkeit in der häuslichen Umgebung notwendig oder hilfreich sind. Weitere Kursinhalte können sein: die Unterstützung bei seelischen und körperlichen Belastungen, der Abbau von Versagensängsten, der Erfahrungsaustausch der Pflegepersonen untereinander und die Beratung über Hilfsmittel und Rehabilitationsmaßnahmen (Klie 2001).
Neben den Pflegekursen ist auch die Inanspruchnahme häuslicher Schulungen für pflegende Angehörige möglich, wie im letzten Satz des § 45 SGB XI festgelegt: »Auf Wunsch der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person findet die Schulung auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen statt.« Bis zur Novellierung des SGB XI durch das Pflegequalitätssicherungsgesetz im Jahre 2002 hieß es an dieser Stelle: »Die Schulung kann auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen stattfinden« (Hervorhebung durch die Verfasserin). Aufgrund dieser Kann-Formulierung führte das Thema in der Zeit von 1995 bis 2002 ein weitgehendes Schattendasein. Die Durchführung von Einzelschulungen wurde weder von den Pflegekassen forciert noch von den ambulanten Pflegediensten als Aufgabe begriffen. Erst mit dieser auf den ersten Blick winzigen Veränderung von einer Kann- in eine Soll-Vorschrift wurde die Möglichkeit der häuslichen Pflegeschulung stärker betont und in das Blickfeld der Pflegekassen gerückt (Klie 2001). Damit eröffnete sich zugleich für ambulante Pflegeeinrichtung ein neues Betätigungsfeld, welches allerdings nach wie vor eher zögerlich ergriffen wird.
2.3 Krankenversicherungsgesetz – SGB V
Nicht nur im Pflegeversicherungsgesetz, sondern auch im Krankenversicherungsgesetz (SGB V) finden sich rechtliche Bestimmungen für die Durchführung von Information, Schulung und Beratung. Zwar richten sich diese in erster Linie an die erkrankte Person selbst, beziehen jedoch unter Umständen auch Angehörige mit ein. Ein erster, wichtiger Bereich betrifft die Versorgung im Krankenhaus. Seit 2017 haben Versicherte einen gesetzlichen Anspruch auf ein Entlassmanagement.
§ 39 SGB V: Krankenhausbehandlung
»Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung.«
(§ 39 SGB V Abs. 1a)
Die neue Regelung soll dazu beitragen, die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten, Patienten und Angehörigen zu entlasten und den so genannten »Drehtüreffekt« zu vermeiden. Zum Entlassmanagement gehören bei Notwendigkeit einer Anschlussversorgung auch die Information und Beratung der Versicherten über dem Krankheitsbild entsprechende Versorgungsmöglichkeiten und -strukturen für die Anschlussversorgung.