eXtRaVaGant * Mond oder Sonne. Leona Efuna

eXtRaVaGant * Mond oder Sonne - Leona Efuna


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grinst wieder sein ganz spezielles Curtis-Grinsen. Ich werfe einen Blick auf mein Handy. »Es ist schon vier, wann fängt das Konzert an?«

      »So um neun«, antwortet Curtis und wir laufen Richtung Bus.

      Nachdem wir hinten eingestiegen sind, flucht Curtis, weil sein Handy­akku leer ist.

      Ich versuche ihn abzulenken, indem ich ihm Fragen über die Musik stelle.

      »Spielst du eigentlich irgendwas?«

      »Nee, das ist eher Damians Ding. Wenn ich etwas nicht in fünf Mi­nu­ten zumindest ungefähr begriffen habe, versuche ich es gar nicht erst weiter. So ist das bei Instrumenten ...« Er grinst.

      »Ich spiele Klavier«, erwähne ich beiläufig.

      Ganz beschissener Schachzug, Paige.

      Curtis setzt einen besserwisserischen Blick auf. »Tja, mein Instinkt täuscht mich eben nicht.«

      »Hast du mich denn in fünf Minuten ungefähr begriffen?« Thema­wechsel. Bitte.

      »Nein, Schneewittchen, du und deine traurigen Augen sind mir ein Rätsel.«

      Wahrscheinlich hat mein Gesicht mal wieder die Farbe einer überroten Tomate angenommen, aber ich lächle. Irgendwie macht es mich ziemlich glücklich, hier zu sitzen und mich mit Curtis zu unterhalten.

      ♫

      Es klopft an meine Zimmertür.

      »Hey, Kleine.« Damian lehnt am Türrahmen.

      »Ist irgendwas?«, frage ich, weil er keine Anstalten macht, sich zu bewegen.

      »Darf ich?« Damian nickt mit dem Kopf in mein Zimmer.

      »Du solltest etwas wissen … über Curtis«, fängt Damian an, setzt sich breitbeinig auf meinen lila Sessel und ich schließe die Tür.

      »Ja?«

      »Curtis lebt für die Musik. Die Mädchen, mit denen er was hatte, oder die er einfach nur so kannte, wollten das nie verstehen. Keine Frau könnte für ihn je an erster Stelle stehen. Auch nicht an zweiter. Und ich bin ganz ehrlich zu dir, er ist nichts für dich und du nichts für ihn. Es würde nur unnötigen Herzschmerz geben.«

      Damian wirft mir noch einen bedeutungsschweren Blick zu, bevor er aufsteht und mein Zimmer verlässt.

      [05]

      Infinity

      Ich lehne meine Stirn gegen die kühle Scheibe. Draußen ist es dunkel, die Straßenlaternen leuchten matt. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen.

      »Wie lange noch?«, quengelt Damian irgendwann und trommelt mit den Händen auf seinen Oberschenkeln.

      »Noch eine Stunde«, sagt Jules und biegt ab. »Okay, Spaß. Wir sind da.«

      ♫

      Seit geschlagenen zehn Minuten stehe ich jetzt schon neben Damian und Jules an der Bar und versuche mich nicht von irgendwelchen Menschen zerquetschen zu lassen.

      »Gehen wir?«, fragt Curtis mich.

      »Wohin?« Ich sehe ihn verwirrt an und Curtis lacht leise.

      »Nach oben auf den Balkon.«

      Als ich, benebelt von Curtis’ Zimtgeruch, neben ihm durch die Menge ins Obergeschoss laufe, befürchte ich fast, gleich die zynischen Schreie meiner inneren Stimme zu hören zu bekommen.

      Aber nichts dergleichen passiert und mir fällt wieder ein, dass ja anscheinend nur Curtis’ bloße Erscheinung notwendig ist, um die Geister meines Unterbewusstseins zu vertreiben.

      Ich fröstle leicht, als ich mich hinter ihm in die kalte Nachtluft begebe.

      Wir schweigen und schauen in den schwarzen Himmel, in dem ein paar Punkte leuchten.

      »Schon komisch, wenn man weiß, dass in ein paar Tagen nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Entweder wir fallen oder wir fliegen«, meint Curtis leise und dreht sich mit dem Rücken zum Geländer.

      »Sie werden dich verehren«, murmle ich.

      »Meinst du?«, fragt er und sieht mir in die Augen.

      »Ja.«

      Curtis lacht und streicht sich die Haare aus dem Gesicht.

      »Wann spielt ihr?«

      »In fünfunddreißig Minuten.«

      Ich weiß aus einem Gespräch von heute Mittag, dass sie eine halbe Stunde vor einem Auftritt alle vier zusammen in einen geschlossenen Raum gehen, um zusammen aufgeregt zu sein, das ist eine Art Tradition.

      »Noch fünf Minuten, bis du runter musst«, meine ich und er nickt so langsam, dass ich mir denke, es mir nur eingebildet zu haben.

      »Damian hat erzählt, dass Marie vor zwei Jahren mit euch hierher gezogen ist.« Ich hoffe, er versteht den Wink. Als Damian mir von eXtRaVaGant erzählte, bohrte sich dieser Satz ganz besonders in mein Gedächtnis.

      Curtis dreht sich zu mir. »Falls du über meine Eltern reden willst, ich hab keine.«

      ♫

      Noch zwei Minuten bis zum Auftritt. Curtis beißt sich nervös auf der Unterlippe herum und Damian sieht immer wieder besorgt zur Tür.

      Noch eine Minute bis zum Auftritt. Wir stehen auf und laufen hinter die Bühne. Plötzlich bleibt Curtis stehen. Er stellt sich direkt vor mich, hebt langsam seine Arme und zieht mir dann vorsichtig den Haarreif vom Kopf, um ihn sich selbst aufzusetzen.

      Dann zwinkert er mir zu und läuft lachend auf die Bühne.

      Perplex sehe ich ihm hinterher und fange ebenfalls an zu grinsen.

      Damian und Sascha hängen sich ihre Instrumente um und Curtis schraubt den Mikrofonhalter hoch. Obwohl ich hinter der Bühne stehe, sehe ich, dass seine Hände zittern.

      Das Licht geht aus, dann Scheinwerfer auf die vier Jungs. Kreischende Mädchenstimmen. Ich lächle, als Damian und Sascha zum Intro einsetzen. Dann startet Jules. Leidenschaftlich schlägt er in die Drums, dann aufs Becken. Eine bekannte, mitreißende Melodie entsteht.

      Das Publikum bebt.

      Curtis kommt auf die Bühne. Er dreht sich um und zwinkert mir zu. Sein Einsatz. Ich bekomme Gänsehaut. Seine Stimme geht mir durch und durch. Ich höre mit klopfendem Herzen zu.

      Erste Strophe

      What I learned at the age of ten:

      press your hand against your mouth,

      and nobody will hear you cry again.

      Now I’m older,

      things have gotten colder.

      You know, darling,

      it’s always a hard evening.

      Chorus

      Smothering

      in the thoughts of you.

      The memories will guide me through.

      The lines, they are my therapy,

      seen the past in my dreams.

      My screams will be lost in infinity.

      I’d be satisfied there, too.

      Zweite Strophe

      What I want is never what I get.

      People are toxic monsters

      that I will never understand.

      Now I’m older,

      things have gotten colder.

      You know, darling,

      it’s always a hard evening.

      Chorus


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