Atemlose Spannung für den Urlaub: Vier Krimis: Krimi Quartett. Alfred Bekker
zweifeln das an?”
“Wenn ich ehrlich bin, besteht dazu eigentlich kein Anlass. Und es gibt ja auch einige unabweisbare Fakten, die genau in diese Ermittlungsrichtung zeigen.”
“Wie zum Beispiel den Mord an Franz Lutterbeck.”
“Dieser Jurist hat zwar die Anti-Terror-Operationen im Ausland juristisch legitimiert und sich damit sicherlich bei Al-Qaida und Co. keine Freunde gemacht. Aber in seiner Zeit als Staatsanwalt und als Strafverteidiger dürfte er sich auch nicht nur Sympathien auf allen Seiten erworben haben.”
“Sie meinen, es gäbe noch andere, die einen Grund hätten, Lutterbeck umzubringen.”
“Ja.”
“Und gleichzeitig Moldenburg?”
Ich hörte Lin-Tais Seufzen durch das Telefon. “Harry, ich will, Sie nicht von der Theorie abbringen, dass es sich um einen Anschlag von Terroristen handelt, die das tun, weil sie glauben, dadurch ins Paradies zu kommen. Alles was ich Ihnen sagen kann ist folgendes: Verlieren Sie andere mögliche Ermittlungsansätze nicht aus den Augen. Die Netz-Reaktionen sind jedenfalls nicht so, wie es dem mathematischen Muster entspräche. Sowas kommt vor, Harry. Aber eine mögliche Ursache dafür wäre eben auch, dass etwas ganz anderes hinter den beiden Morden steckt.”
“Wie auch immer. Ich habe Ihnen die Personaldaten der Sicherheitsfirma geschickt.”
“Das ist nett. Ich habe heute Mittag bereits die Daten des Catering Service bekommen, der für die Verpflegung der hohen Herrschaften in der Werner Bretzler Halle verantwortlich war. Vielleicht kommt etwas dabei heraus.”
“Ich höre dann wahrscheinlich morgen wieder von Ihnen.”
“Ganz sicher. Machen Sie auch Schluss, Harry. Es fällt selbst am Telefon auf, dass Sie verzweifelt versuchen, ein Gähnen zu unterdrücken.”
“Es beruhigt mich, dass Sie das sagen, Lin-Tai.”
“Wieso?”
“Weil Sie sich irren. Und weil ich auf Grund dieser Tatsache sicher weiß, dass Sie die Kamera meines Smartphones doch noch nicht gehackt haben, sondern sich tatsächlich auf Ihre Ohren verlassen haben.”
“Auf der Kamera Ihres Smartphones sieht man nur Dunkelheit, weil Sie das Gerät gerade ans Ohr pressen, Harry!”, gab Lin-Tai zurück.
Ich beendete das Gespräch.
Rudi hatte unterdessen etwas über die Personen recherchiert, die uns Katrina Gintert in ihrer Mappe als Top-Verdächtige präsentiert hatte.
“Norbert Merendan ist wegen Drogenhandels und Körperverletzung im Gefängnis gewesen. Dort hat er sich der Organisation ‘German Sharia’ angeschlossen und zum Islam bekehren lassen.”
“Das macht ihn noch nicht zu einem Terroristen. Was ist ‘German Sharia’ für eine Organisation?”
“Die verstehen sich als eine Art deutscher Arm von Terrornetzwerken wie Al-Qaida. Zumindest hat sich die Organisation dorthin entwickelt. Als Merendan ihr beitrat scheint der Schwerpunkt von ‘German Sharia’ noch etwas anders gewesen zu sein…”
“Gefangenenseelsorge?”
“So kann man das nennen. Aber die Gruppe hat sich in eine bestimmte Richtung entwickelt und gilt heute als ein Sammelbecken für radikale Hassprediger.”
“Wo ist dieser Merendan jetzt?”
“Er hat seit kurzem hier in Wismar eine Adresse. Seit er bei Katrina Gintert vor zwei Wochen einen Job fand.”
“Wir sollten ihn zumindest mal befragen.”
“Falls er noch hier ist, Harry. Andererseits könnte gerade das die beste Tarnung des Täters sein. Wenn er sich gleich nach dem Attentat davongemacht hätte, wäre man vermutlich gleich auf ihn aufmerksam geworden.”
Ich sah auf die Uhr. “Ist zwar ein bisschen spät für einen Besuch, aber bevor er uns durch die Lappen geht…”
14
Wir machten uns also nochmal auf den Weg, stiegen in den Wagen und fuhren die paar Kilometer bis zum Nordende von Fellworn. Norbert Merendan - oder Idris Muhammad, wie er sich zwischenzeitlich nach seinem Eintritt bei ‘German Sharia’ auch genannt hatte - lebte offenbar zurzeit bei einem Kollegen, der ebenfalls bei Gintert angestellt war. Das Haus lag auf der dem Meer abgewandten, weniger mondänen Seite der schmalen Insel. Kein Wunder. Spitzenverdiener waren Katrina Gintert’ Security Guards ganz sicher nicht, aber trotzdem erwartete man vermutlich von ihnen, dass sie in der Nähe ihres Einsatzortes wohnten, um ständig verfügbar zu sein.
“Katrina McGinis hat sich bei uns ja so bitter darüber beklagt, dass wir ihre gesamten Angestellten unter Generalverdacht stellen würden”, meinte Rudi. “Aber eins sage ich dir, die Vorauswahl, die sie uns quasi zum Fraß hingeworfen hat, war auch nicht ganz ohne plumpes Vorurteil.”
“Du meinst, abgesehen von diesem Merendan sind das Fehltreffer?”
“Da ist eine Frau mit arabischem Vornamen dabei, die angegeben hat, der syrisch-orthodoxen Gemeinde anzugehören. Das sind Christen. Und dann war da noch ein gewisser Omar Alfombra in der Liste. Das klang für Frau Gintert offenbar arabisch. Alfombra ist aber spanisch. Der Mann ist Spanier und kommt aus Madrid, wie ich herausbekommen konnte.”
“Frau Gintert Schnell-Fahndung eben!”
“Aber auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn. Was diesen Merendan betrifft.”
“Trägt er seinen neuen Namen eigentlich nicht mehr öffentlich? Ich meine Namensänderungen sind in Deutschland nicht so leicht möglich, aber als eine Art Künstlernamen...”
“Eher Kriegsnamen.”
“Wie auch immer.”
“Bei Gintert hat er sich als Norbert Merendan angemeldet, aber Islam als Glauben angegeben.”
“Wenn er wirklich der Killer war, wäre das ziemlich ungeschickt, oder?”
“Fragen wir ihn einfach selber.”
Wir erreichten das Haus von Florian Arlheim, dessen Haus Norbert Merendan als Adresse angegeben hatte. Ein kleiner, schmuckloser Bungalow. Das Baujahr datierte wahrscheinlich in einer Zeit, da Wismar noch nicht als Party-Meile für Großveranstaltungen aller Art bekannt geworden und die Grundstückspreise noch dementsprechend erschwinglich gewesen waren.
Es standen zwei Fahrzeuge in der Einfahrt. Eines davon war ein Geländewagen. “Der gehört Merendan”, meinte Rudi. “Jedenfalls ist auf diese Nummer so ein Fahrzeug auf seinen Namen zugelassen.”
“Was du alles so schnell überprüft hast…”
“Das war nun wirklich kein Kunststück, Harry.”
“Eines Tages machst du noch Lin-Tai Konkurrenz.”
“Ganz bestimmt nicht.”
Ich hatte den Dienst-Porsche auf der gegenüberliegenden Straßenseite abgestellt. Wir passierten die Einfahrt und standen wenig später vor der Haustür und klingelten.
Ein Mann im Uniform-Hemd der Sicherheitsfirma machte uns auf und unterdrückte ein Gähnen. ‘Florian Arlheim’ stand auf dem Namensschild in Brusthöhe.
“Kriminalinspektor Harry Kubinke, BKA. Dies ist mein Kollege Rudi Meier”, stellte ich uns vor.
“Ich habe mir schon gedacht, dass Sie das sind.”
“Wieso?”
“Sie untersuchen doch den Mord an dem MdB.”
“Das scheint sich schnell herumzusprechen.”
“Also ehrlich gesagt hat mir ein Kollege von Ihrem Wagen erzählt.” Arlheim deutete hinüber zur