Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach
de morale à l'usage noblesse (1770), Essai sur les Formes de Gouvernement et sur les Devoirs des Souverains (1777) und De la littérature Allemande (1780). Seine Autoren waren Königin Elisabeth Christine, Ewald Friedrich v. Hertzberg, August Wilhelm Iffland, Johann Heinrich Jung (Jung-Stilling), → Anna Luisa Karsch, Friedrich Maximilian Klinger, Johann Kaspar Lavater, Johann Karl Wilhelm Möhsen, Johann Heinrich Pestalozzi. Er druckte musikalische Werke, so die von Karl Heinrich Graun. Daniel Chodowiecki lieferte zu vielen seiner Verlagstitel die Illustrationen. Zudem gab Decker mehrere Zeitungen und Zeitschriften heraus, ab 1762 Gazette françoise de Berlin (ab 1793 sein Sohn → Georg Jakob Decker), 1764-1790 die von → Joseph du Fresne de Francheville gegründete und redigierte Gazette littéraire de Berlin, deren Redaktion 1781-1790 → Claude Étienne Le Bauld de Nans hatte, Journal littéraire mit dem Hauptmitarbeiter → Frédéric Adolphe de Castillon, 1772-1807 Nouveaux mémoires, ab 1792 das Intelligenzblatt. Der Verlagskatalog 1792 verzeichnete 400 Titel. Decker kaufte am 1.4.1765 das dreigeschossige Haus im Zopfstil Brüderstraße 29. Er wohnte bis zu seinem Tod in der Mitteletage des Vorderhauses, während sich die Buchdruckerei im Seitenflügel und im Quergebäude und die Schriftgießerei (1767) im linken Hofflügel befanden, außerdem ab 1769 der Verlag und das Sortiment. Das schmiedeeiserne Geländer des Treppenhauses befindet sich heute im Märkischen Museum Berlin. Decker war gastfreundlich, betrieb keinen falschen Aufwand, litt aber auch keine kleinliche Sorge und Kümmerlichkeit, besaß viel Gefühl für Natur. Er gab oft kleine Konzerte mit Dilettanten und Virtuosen in seinem Haus. Er hatte einen großen Freundeskreis. Bei ihm verkehrten der Schriftsteller und Direktor des kgl. Nationaltheaters Johann Jakob Engel (1741-1802), eines der Häupter der Berliner Aufklärung, Johann Karl Wilhelm Möhsen (1722-1795), Leibarzt Friedrichs II. und Mitglied der Gesellschaft der Freunde der Aufklärung, der Astronom Johann Elert Bode (1747-1826), Direktor des Berliner Observatoriums, Johann Gottlieb Gleditsch (1714-1786), Professor für Anatomie und Botanik am Collegium medico-chirurgicum und Direktor des Botanischen Gartens, → Anna Luisa Karsch. Decker trat am 15.3.1762 in Berlin, während des Siebenjährigen Krieges, der französisch arbeitenden Loge De la Concorde bei, einer Gesellschaft mit starkem gewerblichem Anteil. Die Loge beförderte ihn innerhalb eines Dreivierteljahres bis zum IV. Grad: 15.3.1762 Lehrling, Geselle, 26.4.1762 Meister, 26.11.1762 Schottenmeister, Mitglied der altschottischen Loge L'Union. Die Johannisloge wählte ihn am 7.6.1762 mit 11 zu 3 Stimmen zum Sekretär, 1768 zum 1. Vorsteher (bis 1776) und 1778 zum deputierten Meister. Er machte wie die Mehrheit der Berliner Freimaurer 1764 den Systemwechsel von der englischen Maurerei zur tempelherrlichen Strikten Observanz mit, erhielt als Ordensbruder der Präfektur Templin der VII. Provinz am 17.5.1765 den Ritterschlag mit dem Ordensnamen Eques a plugula (VI. Grad); sein Wappen zeigt in blauem Schild einen zusammengerollten Bogen weißen Papiers mit der Inschrift Oculis errantibus lucem invenit. Er blieb indes für andere freimaurerische Ideen und Systeme offen und schloß sich 1768, gleichzeitig mit seiner Zugehörigkeit zur Loge Zur Eintracht, den Afrikanischen Bauherrenlogen an (bis 1771). Nach dem Niedergang der Strikten Observanz folgte er der Führung seiner Großloge in den Gold- und Rosenkreuzerorden, der ihn 1778 in den Berliner Zirkel Heliconus einordnete (Direktor → Johann Christoph Wöllner) mit dem Ordensnamen Gobii Gareus Keder Cocus. Wöllner erteilte ihm bis 1785 alle Grade bis zu dem VIII. des Meisters, der das große Werk, den Lapis philosophorum, den Stein der Weisen, bereitete, damit den höchsten in Preußen verliehenen Ordensgrad, und ernannte ihn zum Zirkelkassierer. Er charakterisierte seine Gemütsneigungen 1781 mit Großmut, Mitleiden, Gefühl für Religion u. Tugend. Decker erreichte 1785 den Höhepunkt seiner maurerischen Laufbahn mit der Wahl zum Meister vom Stuhl der hoch angesehenen Loge Zur Eintracht, der ältesten Berliner Tochter der Mutterloge zu den drei Weltkugeln. Er beklagte zuletzt die Uneinigkeiten und Unordnungen in der Großen National-Mutterloge, wodurch sein maurerischer Eifer merklich erkaltet sei, und legte am 9.12.1794 die Leitung der Eintracht enttäuscht nieder. Der 60-Jährige zog sich 1792 aus dem Geschäft zurück, das er seinem gleichnamigen Sohn übergab. Decker schrieb 1799 Erinnerungsblätter seines Lebens (bis 1763), die bisher nicht veröffentlicht sind.
Decker II, der Sohn, der Jüngere, Georg Jakob (9.11.1765 Berlin-26.8.1819), ref., V → Georg Jakob Decker, M Dorothea Luise geb. Grynaeus, ∞ 1792 Caroline Luise Elisabeth Eyssenhardt (1769-1815, V → Friedrich Wilhelm Eyssenhardt, Tuch- und Seidenhändler),
Söhne:
Karl Gustav Decker (1801-1829)
Rudolf Ludwig (1863 nobilitiert) v. Decker (1804-1877)
Georg Jakob Decker besuchte das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster, durchlief eine Lehre in der väterlichen Offizin, arbeitete anschließend als Drucker in Stettin, wonach er eine Bildungsreise durch Deutschland (Leipzig, Weimar), die Schweiz (Basel, Zürich, Bern), Italien (Turin, Florenz, Rom, Mailand) und Frankreich (Straßburg, Paris) unternahm. Sein Vater schlug 1783 den 18-jährigen Sohn seiner Loge Zur Eintracht vor, die ihn als Lufton, als den noch nicht 25 Jahre alten Sohn eines angesehenen Freimaurers, am 9.3.1784 in den beiden ersten Graden aufnahm, ihn am 24.3.1784 zum Meister beförderte, 1790 zum 1. Steward wählte (bis 1801) und ihn auf Vorschlag → Martin Heinrich Klaproths am 22.11.1797 zum Schottenmeister beförderte. Die Johannisloge wählte ihn 1798 zum deputierten 2. Vorsteher (bis 1805), 1803 zum Zensor (bis 1806) und 1806 zum 2. Aufseher (bis 1809). Er wurde 1803 Mitglied der Großen National-Mutterloge. Auch gehörte er ab 1802 dem Musikalischen Kollegium an. Decker deckte im Dezember 1812 die Loge. Der Vater nahm den 23-Jährigen 1788 als Teilhaber in das Unternehmen G. J. Decker & Sohn auf, ab 1789 mit dem Geh. Oberhofbuchdrucker. Als sich der Vater 1792 aus dem Geschäft zurückzog, trat der Sohn in den vollen Besitz der Firma ein. Er verkaufte 1792 die Buchhandlung und den Verlag an seinen Schwager Heinrich August Rottmann und 1795 das Haus in der Brüderstraße an die Seidenfabrikanten Jean Paul Humbert (1766-1831) und → Jean François Labry, den Großvater Theodor Fontanes, die dort ihr Warenlager und Verkaufsräume einrichteten; Humbert zog nach dem Tode Deckers sen., der in der Beletage gewohnt hatte, 1799 mit seiner Familie in das Vorderhaus ein. Decker jun. behielt den Verlag der Werke Friedrichs II., der seit 1789 in seiner Hand lag, sowie die Druckerei, fügte ihr einen Papierhandel hinzu, baute die Schriftgießerei aus, führte neue Drucktechniken ein, so als erster in Berlin mit seinem Schwager Christian Sigismund Spener die von dem Briten Charles Stanhope um 1800 konstruierte Schnellpresse, 1815 die von Alois Senefelder (1771-1834) entwickelte Stereotypie. Er gründete am 1.1.1794 in Posen die Südpreußische Hofbuchdruckerei Decker & Cie. (4 Pressen), welche die Südpreußische Zeitung verlegte. Decker jun. kaufte 1794 von → Friedrich August Herzog von Braunschweig das Palais Wilhelmstraße 75, deren erste Etage, die Hälfte der Mansarden und den schönen Garten er am 1.10.1795 der Großen National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln vermietete (das 1735 errichtete Palais beherbergte im 19. Jh. das preußische Auswärtige Amt, damit den Amtssitz Otto v. Bismarcks). Im Jahre 1809 übernahm er die Sommersche Hofbuchdruckerei des Hofbuchdruckers Michael Gottlieb Sommer in Potsdam. Decker druckte das Allgemeine Gesetzbuch für die Preußischen Staaten (1794, Allgemeines Landrecht), das Oktoberedikt (1807) und den Aufruf Friedrich Wilhelms III. An mein Volk (1813). Er übertrug schließlich 1818 die Deckersche Geheime Oberhofbuchdruckerei an seinen Sohn Rudolf Ludwig Decker. Sie kam 1877 als Kaiserlich Deutsche Reichsdruckerei in Staatsbesitz (heute Bundesdruckerei).
Delagarde, François-Théodore (1756 Königsberg/Pr.-1824), ref., aus Berliner Hugenottenfamilie (Kaufleute, Gärtner, Handwerker), V David de la Garde, Wardein der Münze in Königsberg, M (∞ 1752 Königsberg) Sophie geb. Bellon, ∞ 1783 Susanne Louise Gillet,
Tochter
Charlotte Delagarde ∞ den Pädagogen und Buchhändler H. August Köchly (1768-1821)
François-Théodore Delagarde absolvierte nach dem Besuch der Altstädtischen Schule in Königsberg eine Lehre in der Galanteriehandlung Binetti & Lorique, arbeitete zweieinhalb Jahre in Berlin in der Galanteriewarenhandlung De la Garde und drei Jahre in der französischen Buchhandlung von → Étienne de Bourdeaux. Er war befreundet mit den Buchhändlern → Johannes Friedrich