Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach
einer Trauerloge.
Dittmar (eigentlich Dietmar), Siegismund Gottfried (9.7.1759 Primkenau/Niederschlesien-20.11.1834 Potsdam), luth.
Siegismund Dittmar stammte aus armen Verhältnissen. Der Junge lebte in Breslau bei Anna Katharina Garve geb. Förster (1717-1793) und ihrem Sohn, dem spätaufklärerischen Philosophen Christian Garve (1742-1798), dessen Bibliothek er ordnete, besuchte das Maria-Magdalenen-Gymnasium und studierte ab 1783 in Halle Theologie und Naturwissenschaften. Nach Reisen durch Deutschland, Holland, Frankreich und die Schweiz erhielt Dittmar in Berlin eine Stelle als Lehrer am Hofe → Ferdinands Prinz von Preußen. Er gründete in Berlin eine Erziehungsanstalt für Söhne der höheren Stände, 1804 mit dem Titel kgl. Professor. Er war 39 Jahre alt, als ihn am 6.9.1798 die Berliner Loge Pythagoras zum flammenden Stern (RY) aufnahm. Die Loge beförderte ihn am 14.2.1803 zum Gesellen und am 9.7.1804 zum Meister und wählte ihn 1805-1807 zum Redner. Er hielt in der Loge zahlreiche Reden, so Über den Werth des Lebens (9.7.1804), Über die Frage: wer ist ein wahrer und würdiger König (3.8.1804), Über Tod und Unsterblichkeit in der TrauerLoge den 26t. Decbr. 1804, Über das Lied in der maurerischen LiederSammlung: Nenn nicht das Schicksal grausam, Über Herders Lied Am kühlen Bach am luftgen Baum Träum ich nun meines Lebens Traum (22.5.1805), Eine Parodie des Gedichts von Matthisson der AlpenWanderer oder philosophische Erläuterung der Allegorie als eine Reise durch das menschliche Leben (6.3.1806). Dittmar war vom 10.1.1797 bis Juli 1802 Stammglied der Feßlerschen Gesellschaft der Freunde der Humanität. Der Pädagoge und Meteorologe hielt in Berlin öffentliche Vorlesungen. Er besuchte in Jena Friedrich Schiller und wahrscheinlich am 22.7.1786 Johann Wolfgang v. Goethe, wenige Tage vor dessen Abreise nach Karlsbad. Goethe beschwerte sich bei ihm, daß ihn oft Durchreisende mit langweiligen Besuchen quälten, weswegen er ihnen zuweilen seine vorhandenen Knochen vorlege, was den Besuchenden Langeweile errege und sie sich empfehlen; bei ihm habe er diese Vorlage vergessen. (Dietze: Treffliche Wirkungen, 156) Er korrespondierte mit Jean Paul. Dittmar wurde 1816 zum Sekretär am Konsistorium Brandenburg der evangelischen Kirche Preußens, später zum Mitglied im Medizinalkollegium der Provinz Brandenburg ernannt. Staatskanzler → Karl August v. Hardenberg beauftragte ihn 1816, dem Jahr ohne Sommer, mit halbjährlichen Wetterprognosen. Seine Erinnerungen aus meinem Umgange mit Garve, nebst einigen Bemerkungen über dessen Leben und Charakter erschienen 1801 in Berlin im Verlag von Johann Friedrich Unger, 1835 seine Theater-Briefe von Goethe und freundschaftliche Briefe von Jean Paul. Nebst einer Schilderung Weimar’s in seiner Blüthezeit.
Dittmar, Theodor Jakob (8.10.1734 Berlin-7.7.1791), V Jakob Ditmar, Kantor an St. Nicolai in Berlin, M Katharina Sophia geb. Cälius, ∞ 1766 Karoline Wilhelmine Seyffart (um 1746-1775, V Johann Gabriel Seyffart, kgl. Kammermusiker, 1. Violinspieler),
Bruder
→ Christoph Nathanael Dittmar
Theodor Jakob Dittmar besuchte 1742-1748 das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster und 1748-1754 das Joachimsthalsche Gymnasium, studierte ab 1754 in Halle Theologie und begann 1757 sein Berufsleben als Privatlehrer in Berlin. Er wurde 1762 Mitglied des Kollegiums des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster, zunächst als Subrektor, 1769 als Konrektor, 1774 als Professor für Geographie, Geschichte und deutschen Stil und 1782 zugleich als 1. Prorektor; er wohnte im 2. Stock des Kollegiumhauses. Er war 1778-1791 3. geistlicher Direktor der Streitschen Stiftung. Die Berliner Loge Zur Verschwiegenheit (GNML3W) nahm den 47-Jährigen am 9.3.1781 auf, beförderte ihn am 19.5.1781 zum Gesellen und am 19.6.1781 zum Meister. Er wurde wie sein Bruder → Christoph Nathanael Dittmar Gold- und Rosenkreuzer im Berliner Zirkel Neastes (1784) mit dem Ordensnamen Richamus Rotatus Edorodi. Sein Zirkeldirektor → Johann Christian Anton Theden beurteilte seine Gemütsneigungen als geschickt und sehr rechtschaffen, doch erlaube sein sehr mäßiges Einkommen nicht (1784), große Posten zu zahlen, er halte es aber für unbillig, ihn bei seiner Vortrefflichkeit nicht zu befördern. Dittmar erhielt 1784 den II. Ordensgrad des Theoretikers, der der inhaltlichen Ausbildung des Rosenkreuzers diente und die Grundlagen der Alchemie vermittelte. Die Johannisloge wählte ihn am 2.10.1783 zum 2. und 1791 (im IV. Grad) zum 1. Bibliothekar und Rendanten der Bibliothekskasse. Dittmar veröffentlichte historische und antiquarische Schriften.
Döbbelin, Konrad Karl Kasimir (1763 Kassel-23.1.1821 Berlin), V Karl Theophil Döbbelin (1727 Königsberg/Neumark-1793 Berlin), M Katharina Friederike geb. Neuhoff (1739-1793, V Oberstleutnant v. Kinglin), ∞ 1. Betti Scheel († 1791), Schauspielerin in seiner Theatergesellschaft, spielte erste Liebhaberin, 2. Auguste Feige († 1838), Schauspielerin, Opernsängerin,
Kinder:
Konrad Karl Theodor Ernst Döbbelin (17.11.1799 Neubrandenburg-13.12.1856 Coburg), ∞ die Schauspielerin Auguste Lange (9.8.1803 Berlin-23.1.1842 Coburg), Schauspieler, Regisseur, 1821 Leiter der Döbbelinschen Theatergesellschaft, die den Stamm des Hoftheaters Köthen bildete, 1836 am Hoftheater Coburg-Gotha
Emilie Döbbelin (* 1802), Schauspielerin
Alexander Döbbelin (1806-nach 1855), Schauspieler
Eduard Döbbelin (* 1811)
Konrad Karl Kasimir Döbbelin spielte zunächst in der Schauspielergesellschaft seines Vaters Karl Theophil Döbbelin, zerstritt sich mit ihm und gründete März 1788 eine eigene Truppe. Sein Vater gastierte in den siebziger Jahren in Magdeburg, er selbst erstmals 1791. Wann und wo Döbbelin Freimaurer wurde, ist nicht ermittelt. Die Magdeburger Loge Ferdinand zur Glückseligkeit affiliierte ihn am 31.12.1793 im Lehrlingsgrad und beförderte ihn am selben Tag zum Gesellen. Er deckte 1796 die Loge, die ihn am 31.12.1797 im Meistergrad reaffiliierte; er blieb bis 1800 ihr Mitglied. Mehrere Freimaurer seiner Loge waren an Gründung, Bau und Finanzierung des Nationaltheaters Magdeburg beteiligt und Ensemblemitglieder. Das Theater ging auf einen Vorschlag des Magdeburger Kaufmanns Georgy zurück.
Johann Andreas Joachim Georgy (1751? Magdeburg-1807), Großhändler, Firma Johann Georgy & Co. (Stahl-, Leder-, Materialwaren), Spediteur, Mitglied der Kaufleutebrüderschaft, deren Altermann, a. 9.12.1784 Magdeburg von der Loge Ferdinand zur Glückseligkeit, II. 2.3.1785, III. 1.10.1785, 1787 3. Steward und Speisemeister (bis 1789), 1795 2. Vorsteher, bis 1800 Mitglied.
Er sowie Jorgenson gehörten der siebenköpfigen Theatergesellschaft unter den Direktoren Hofrat Guichard, Ratmann Fritze und Kammerrat Suckro an.
Peter Gottfried Ludwig Jorgenson (1756? Magdeburg-1813 Magdeburg), V Peter Jorgenson, Konditor in Magdeburg, a. 1761 Magdeburg von der Loge De la Félicité, 1761-1762/1767 Mitglied der Loge Zur Beständigkeit, sein Sohn studierte ab 1773 in Halle Jura, in Magdeburg Stadtsekretär des Magistrats, 1798/1806 Ratmann, später Bürgermeister, a. 9.9.1791 Magdeburg von der Ferdinand zur Glückseligkeit, II. 24.2.1792, III. 25.1.1793, 1797 2. Sekretär, 24.6.1798 Sekretär, 1801/1803 1. Sekretär, 12.1.1805 interimistischer deputierter Meister, 24.6.1806-20.3.1807 Meister vom Stuhl.
Die Gesellschaft finanzierte das Theater mit Aktien zu je 50 Rtl. Aktien erwarben die Magdeburger Freimaurer Georgy 4 Aktien, → Johann Christian Diedrich 2 Aktien, Karl Heinrich Kayser 4 Aktien.
Karl Heinrich Kayser (1759? Zerbst-1820), Spediteur, Getreidegroßhändler, Besitzer einer Stärkefabrik, Mitglied der Kaufleutebrüderschaft und der Seidenkramerinnung, 1794-1806 Bürgermeister der Pfälzer Kolonie, T ∞ → Karl Friedrich Pieschel, S Mitgründer der Harmonie, a. 8.6.1792 von der Loge Ferdinand zur Glückseligkeit, II. 18.12.1792, III. 22.2.1793, 1793 2. Zeremonienmeister, deckte 17.7.1806, reaffiliiert 1814, Mitglied bis 1820.
Sie beauftragte den klassizistischen Architekten Friedrich Wilhelm v. Erdmannsdorf (1736-1800) mit dem Bau eines Schauspielhauses hinter dem Gasthof Zu den drei Engeln am Breiten Weg Nr. 154. Die Bauleitung hatten der Ratsmaurermeister Schwarzkopf und der Ratszimmermeister Winterstein, die beim Bau französische Kriegsgefangene beschäftigten.
Johann Gottfried Winterstein (1744? Quenstedt [heute Ortsteil von Arnstein] im Mansfelder Land-1808), ∞ 1773/74 Katharina Elisabeth Bromme?, a. 3.11.1796 in Magdeburg