Die Badenfahrt. David Hess

Die Badenfahrt - David Hess


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      DER LITERARISCHE NACHMITTAG

      Wer an keiner Wirtstafel gespeist hat und gleich nach dem Essen lieber ein stilles Stündchen im Freien zubringt, statt sich beim Nachtisch in den dumpfen, geräuschvollen Sälen zu verweilen und mit allerlei Badgästen in allen Winkeln stehen zu bleiben und zu plaudern, der findet bis gegen drei Uhr die Matte meistens einsam. Bei der grössten Hitze ist es da immer kühl und schattig im Grünen. Man setzt sich auf die untere Bank an die Limmat, wo der muntere Strom seine klaren Wellen rauschend vorübertreibt, auf welchen malerische Reflexe schwimmen und je nach der verschiedenen Beleuchtung in wechselnden Farben spielen. Oder man begibt sich auf die Bank unter der Linde am hintersten Ende des Platzes. Hat man Frau und Kinder bei sich, so spielen die Kleinen auf dem ebenen Wiesenplan, indes die liebe Gefährtin strickend die ausgelassene Jugend im Auge behält, dass sie sich nicht zu nahe an das reissende Wasser hinwage. Der Mann raucht gemütlich sein Pfeifchen, dazwischen wird traulich geplaudert oder etwas gelesen. Wer nähme nicht gern ein paar unterhaltende Bücher mit sich nach Baden? Die anziehendste Lektüre ist immer diejenige, welche von einem bedeutenden Orte handelt, an dem man sich eben befindet und Stoff zu Vergleichungen über Sitten und Gebräuche der Vorzeit mit der Gegenwart darbietet.

      Die Literatur über Baden ist ziemlich reichhaltig. Es haben unter anderen davon geschrieben:

      J.F. Poggio Bracciolini, genannt der Florentiner, im Jahr 1417.

      Henr. Gundelfinger, Canonicus Ecclesiae Beronensis. 1489. Ein seltenes Manuskript.

      Alexander Sytz, von Marbach: Menschliche Lebens-Art und Ursprung und wie man das befristen soll durch die Wildbäder zu Oberbaden. Auch von deren Kraft, Tugend und Eigenschaft, und wie man sich darinnen halten soll. Basel 1510.

      Dieses Buch, obgleich es oft angeführt wird, ist selten mehr zu finden und eigentlich eher eine allgemeine Anleitung zum Gebrauch der Bäder als eine Beschreibung derjenigen von Baden insbesondere. Sytz scheint sich als Arzt und Geburtshelfer in Baden aufgehalten,* dort aber durch politische Umtriebe so unnütz gemacht zu haben, dass er auf Befehl der regierenden Stände durch den Landvogt eingezogen ward und das Urteil erging, er solle Urfehde schwören und das Land verlassen. Darüber erschraken die Frauen von Baden und erliessen eine Bittschrift an die Stände, welche ich ihrer Eigentümlichkeit wegen in einer Beilage am Ende dieses Buches einrücke. Das Original befindet sich in der Sammlung des Herrn Schultheiss von Mülinen zu Bern.

      Sebastian Münster, in seiner Cosmographia universalis. 1550.

      Conrad Gessner, in dem zu Venedig gedruckten Werk: De Thermis et Fontibus Medicatis Helvetiae et Germaniae. 1552.

      Darin sind Auszüge aus Gundelfingers Werk und ist auch Alexander Sytz erwähnt.

      Dr. Joh. Jac. Huggelin, in seinem Büchlein:* Von heilsamen Bädern des Teutschenlands. 1559.

      Dr. Georg Pictorius in seinem Baderbüchlein. Ganz kurzer Bericht von allerhand einfachen und 38 komponierten mineralischen Deutschlands Wildbädern etc. 1560.

      Dr. Heinrich Pantaleon. 1578.

      Michel de Montaigne. 1580.

      Ohne den Namen des Verfassers und ohne Angabe des Druckortes erschien im Jahre 1619 ein Buch in Folio unter dem Titel: Kurze und eigentliche Beschreibung des Ursprungs, Kraft, Nutzbarkeit und Gebrauchs des edlen, weitberühmten warmen Bads zu Baden im Aargau in der lobl. Eidgenossenschaft etc. Dasselbe ward im Jahre 1683 zum zweiten und 1730 zum dritten Mal in Baden wieder aufgelegt, ist selten geworden und soll kurze veraltete Sätze über den Gebrauch und die Kräfte dieses Bades enthalten.24 Matthäus Merian in seiner Topographie. 1642.

      Joh. Jac. Wagner in seinem Mercurius Helveticus. 1688.

      Salomon Hottinger: Thermae Argoviae-Badenses; d. i. Eigentliche Beschreibung der warmen Bäder zu Baden. 1702.

      Abraham Ruchat in seinen Délices de la Suisse, 1714, unter dem geborgten Namen Gottlieb Kypseler de Münster. Dieses Buch ist in der Folge noch mehrmals aufgelegt und verbessert worden.

      Joh. Jac. Scheuchzer, zuerst in seiner Hydrographia Helvetica. 1717. Ein Auszug aus Salomon Hottingers Werk nebst beigefügten eigenen Bemerkungen.

      Dann in den Actis Academiae Naturae Curiosorum. 1730: Otia aestivalia circa Thermas Badenses Helveticas, und daselbst auch: De Salis Badensis thermalis effectu und von den sich gern in diesen Bädern aufhaltenden Heimchen (Grilli).

      Ferner ein eigenes Werk in Quart nebst sechs Kupferstichen: Vernunftmässige Untersuchung des Bads zu Baden, dessen Eigenschaften und Wirkungen. 1732.

      Und endlich in der zweiten Ausgabe seiner Naturhistorie des Schweizerlands. 1752.

      Dav. F. de Merveilleux: Amusements des Bains de Bade en Suisse. 1739.

      Hs. Heinr. Bluntschli in seinen Merkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft Zürich. 1742.

      Und Anton Werdmüller in der Fortsetzung dieses Werkes. 1780.

      Hs. Jac. Leu in seinem allgemeinen Helvetischen Lexicon. 1747–1764.

      Und Hs. Jac. Holzhalb in seinen Supplementen zu Leus Lexicon. 1786.

      David Herrliberger in seiner Topografie der Eidgenossenschaft. 1758.

      Andreae in seinen Briefen aus der Schweiz nach Hannover geschrieben im Jahre 1763.

      Joh. Conrad Fäsi in seiner Staats- und Erdbeschreibung der ganzen Helvetischen Eidgenossenschaft. 1768.

      Joh. Conrad Füssli in seiner Staats- und Erdbeschreibung der schweizerischen Eidgenossenschaft. 1772.

      C. F. Morell in seiner Chemischen Untersuchung der Gesundbrunnen und Bäder in der Schweiz. 1788.

      Joh. Gottfr. Ebel in seiner Anleitung, die Schweiz zu bereisen. 1793, 1804 und 1809.

      Hs. Rudolf Maurer: Lokalbeschreibung des Heilbads zu Baden in der Schweiz, im Archiv gemeinnütziger physischer und medizinischer Kenntnisse, herausgegeben von Dr. Joh. Heinrich Rahn, Kanonicus, III. B. 2te Abtlg. 1791, und in seinen Kleinen Reisen im Schweizerland. 1794.

      Fr. Seb. Dorer: Wirkungen des natürlichen warmen Mineral-Bades zu Baden. 1806.

      Ludw. Meyer, M. Dr., und dessen Sohn, in den Neujahrsgeschenken der Zürcherischen Jugend gewidmet von der Gesellschaft zum Schwarzen Garten. 1808 und 1809.

      Zschokke in seiner Beschreibung des Kantons Aargau im Helvetischen Almanach fürs Jahr 1816.

      Die Legionen von Reisebeschreibungen und Almanachen, welche auch von Baden etwas melden, anführen zu wollen, wäre ein beschwerliches und fruchtloses Unternehmen. Da nicht jedermann die angeführten Bücher gleich bei der Hand hat oder mit nach Baden schleppen möchte, so liefere ich hier zur Nachmittagsunterhaltung Auszüge verschiedener Schriften, welche von den hiesigen Sitten und Bräuchen früherer Zeiten und von einigen beinahe ganz vergessenen Merkwürdigkeiten Kunde geben, und erzähle zwischenein, was ich sonst darüber in Erfahrung gebracht habe.25 Hätten wir nur auch etwas Umständlicheres und mehr Charakteristisches aus den Zeiten der alles verschönernden Römer anzuführen, als was Tacitus nur mit ein paar Worten oberflächlich und unbefriedigend davon sagt.

      Die Bäder von Baden wurden erst im Mittelalter, nachdem sie durch Eroberung an die Eidgenossen gekommen, zur Zeit der Konstanzer Kirchenversammlung allgemeiner und auch im Auslande bekannt. Indes in Konstanz religiöse und politische Zänkereien vorfielen, mächtige Fürsten in Acht und Bann getan und Ketzer verbrannt wurden, pflegte man in Baden des Leibes und ergötzte sich so harmlos und ungestört, dass viele fremde Prälaten und Herren aus der Kirchenversammlung dahin reisten, um von den Mühseligkeiten ihrer wichtigen Verhandlungen auszuruhen.

      Auch Joh. Franz Poggio, genannt Bracciolini, geboren im Florentinischen im Jahr 1380, einer der grössten Wiederhersteller der Wissenschaften im 15. Jahrhundert und 40 Jahre lang Sekretär von zehn verschiedenen Päpsten, begleitete nebst dem Geschichtsschreiber Lionardo Aretino den Papst Johann XXIII. nach Konstanz, besuchte von dort aus die Bäder von Baden und beschrieb seinen Aufenthalt daselbst in einem zierlichen lateinischen Brief an seinen Freund Nicolo Nicoli, welcher ebenfalls ein grosser


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