Verwurzelt in der Caritas. Daniela Blank

Verwurzelt in der Caritas - Daniela Blank


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Vereine wurden zu Vereinigungen für ganz Deutschland ausgestaltet, so der Verein katholischer deutscher Lehrerinnen, der Sozialdienst katholischer Frauen, der Mädchenschutz sowie die Gehilfinnenvereine.“72

      Zudem wird den Vereinen eine familiäre Funktion zugesprochen:

      „Jeder Verein besaß über einen gewählten Aufgabenbereich hinaus noch eine soziale Funktion. Er wurde in manchen Fällen zu einer Ersatzfamilie, in der der soziale Kontakt der Mitglieder gepflegt wurde und das religiöse Leben seine Bedeutung hatte. Die Mitglieder sollten im Verein ein Gefühl der Geborgenheit besitzen.“73

      Die spätere Berufsgemeinschaft liegt mit ihrem familiären Charakter also zeitlich durchaus im Trend.74 Erste katholische Berufsgemeinschaften für berufstätige Frauen bilden sich, um sich gegenseitig zu unterstützen:

      „Waren die Gründungen von Hildegardisvereinen und Studentinnenverbindungen z.T. eine Frucht der sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelnden katholischen Bildungsbestrebungen, so standen die Neugründungen mehrerer katholischer Berufsvereinigungen insbesondere in der Tradition der Frauenberufsvereine. Zu ihnen zählt der Verein katholischer deutscher Sozialbeamtinnen. Anlaß für die 1916 ins Leben getretene Gemeinschaft war die Kriegszeit, in der Ehe und Familie besonderen Belastungen ausgesetzt waren. Die einzelne Beamtin, so glaubten die Vereinsgründer, bedürfe gerade in dieser Zeit zur Bewältigung ihrer Aufgaben der Hilfe und der Unterstützung eine Berufsgemeinschaft.“75

      Parallel zum Verein katholischer deutscher Sozialbeamtinnen gründet sich 1916 der überkonfessionelle Deutsche Verband der Sozialbeamtinnen. 1903 gründet sich auf evangelischer Seite ein Verband der evangelischen Wohlfahrtspflegerinnen Deutschlands.76 Dabei ist bei den katholischen Frauenvereinen zu beachten, dass diese zwar häufig von Laien gegründet werden, sich dabei aber durchaus eng mit der Amtskirche verwurzelt sehen und sich nie gegen diese stellen:

      „Die Leitung der von 1840 bis 1880 gegründeten Vereine hatten im Regelfall Geistliche, die Präsides genannt wurden, inne. Seit der Gründung des Lehrerinnenvereins [1885, Anm. DB] kam sie in der Mehrzahl den Frauen selbst zu. Priester fungierten dann als Geistliche Beiräte.“77

      Für die Katholische Kirche mit ihrer Herausforderung, die Seelsorge in den modernen Großstädten zu organisieren, stellt das katholische Vereinswesen eine hilfreiche Unterstützung dar: „Die katholischen Vereine haben sich als unentbehrliches Hilfsmittel moderner Seelsorge in den Großstädten erwiesen.“78 Die Vereine werden in die Großstadtseelsorge fest eingeplant und das Laienapostolat soll mit der Seelsorge verknüpft werden:

      „Diese beiden Richtlinien möchten wir als maßgebend für die zukünftige Großstadtseelsorge bezeichnen. Wir formulieren so folgendermaßen: 1. Planmäßige, stetige Missionierung der gesamten Pfarrgemeinde unter Führung der Seelsorger, unter Mitarbeit eines straff organisierten Laienapostolates und unter Mithilfe eines der Zeitlage angepaßten katholischen Vereinslebens. 2. Erweiterung und Neuorientierung der organisierten Caritasarbeit und engste Verknüpfung derselben mit Seelsorge und Laienapostolat.“79

       Die ersten Berufsorganisationen von Frauen

      Die ersten von und für Frauen gegründeten Berufsvereine werden bereits im 19. Jahrhundert gegründet. Die Gründerinnen sind zumeist auch in der aufkeimenden Frauenbewegung aktiv und möchten aktiv gegen die Benachteiligungen von berufstätigen Frauen vorgehen.

      „Wie solche Initiativen konkret Gestalt annahmen, läßt sich besonders gut am Beispiel der Lehrerinnenvereine zeigen. Schon allein die Tatsache, daß eine große Anzahl von engagierten Vertreterinnen der bürgerlichen, aber auch der proletarischen Frauenbewegung selbst Lehrerinnen waren, verweist deutlich auf den inneren Zusammenhang zwischen Frauen- und Lehrerinnenbewegung.“80

      Da die Berufsgruppe der Lehrerinnen für den aufkommenden Beruf der Seelsorgehelferin noch von Relevanz sein wird, soll hier beispielhaft auf den ersten deutschen Lehrerinnenverein hingewiesen werden, der 1865 gegründet wird:

      „Der Dresdner Verein, der 1865 unter dem Namen Pädagogischer Zirkel gegründet wurde, war wohl nicht nur der erste Lehrerinnenverein, sondern auch eine der ersten Berufsorganisationen bürgerlicher Frauen überhaupt. Als Verein von Lehrerinnen und Freundinnen des Erziehungswesens bemühte sich die Organisation darum, die Geselligkeit zu fördern und befaßte sich mit Aus- und Weiterbildungsfragen. Die materielle Interessensvertretung beschränkte sich in der frühen Zeit auf Selbsthilfemaßnahmen, wie Unterstützung bei Krankheit oder Stellenvermittlung.“81

      Berufstätige Frauen gründen auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Vertretung ihrer Interessen Berufsorganisationen. Allerdings schließen sie sich nicht den bestehenden Männerorganisationen an, sondern gründen eigene Verbände. Dies ist zum einen darin begründet, dass sie in den Männerorganisationen vermutlich einen schwereren Stand hätten, zum anderen, dass sie andere Interessen vertreten. Allerdings ist es keineswegs so, dass die berufstätigen Frauen in den Verbänden zugleich die Frauenbewegung aktiv unterstützen.82

      Auch die ersten Berufskräfte in der Seelsorgehilfe schließen sich aus den Vereinen heraus bereits zu einem Verband zusammen. In diesen treten auch einige Helfer und Helferinnen ein, die noch nie in der Caritasarbeit standen. Der Erste Weltkrieg entschleunigt die bereits in Gang gesetzte Entwicklung jedoch.

       Elisabethvereine und Vinzenzkonferenzen

      Vor allem die Elisabethkonferenzen und Vinzenzkonferenzen stellen eine wesentliche Unterstützung der Laien in der Seelsorgehilfe dar. Noch bevor die ersten Gemeindehelferinnen die Gemeinden hauptamtlich unterstützen, gibt es Frauen und Männer, welche sich – ehrenamtlich – um Notleidende in der Gesellschaft kümmern. So betätigen sich beispielsweise Elisabethvereine in den Bereichen der Armenfürsorge, Krankenpflege, der Pflege für Schulpflichtige, Fürsorge für Alte. Bereits zuvor gibt es caritativ tätige Frauenvereine, wie z.B. ab 1815 in Freiburg. Im Jahr 1817 wird durch von Görres in Koblenz der Hilfsverein gegründet, welcher später unter dem Namen Katholischer Frauenverein weiter existiert.83

      Die Elisabethvereine gründen sich als Antwort auf die große Not in der beginnenden Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts, vor allem zwischen 1840 und 1860. So werden die ersten Elisabethenvereine 1840 in Trier und Augsburg gegründet, bald danach folgen München (1842) und Barmen (1843, bei Höhn). Weitere Elisabethvereine gründen sich in Mainz (1848), Olpe (1855), Osnabrück (1864), Ellwangen (1848), Würzburg (1853) und Limburg (1859). 1845 findet die erste Vinzenzkonferenz statt; 1853 wird die Organisation in einen Vinzenz- und einen Elisabethenverein umgestaltet. In Freiburg gründet sich 1892 ein Elisabethverein, der bereits 1815 gegründete Frauenverein geht in diesen im Jahre 1920 über.84

      Schwerpunkte sind die caritative Tätigkeit für arme, wohnungslose und kranke Menschen, wobei die einzelnen Elisabethvereine durchaus unterschiedlich aufgestellt sein und auch verschiedene Ziele haben können. Mitglieder sind Frauen, die ehrenamtlich mitwirken und beispielsweise Krankenbesuche tätigen (im Sinne einer ambulanten Krankenpflege). Informationen hierfür holen sie sich auch vom Pfarrer. Ein weiterer, wesentlicher Aufgabenbereich ist die Einrichtung von Suppenküchen für arme Leute.85

      Die bestehenden Vinzenzkonferenzen schließen in der Regel eine Teilnahme von Frauen aus, allerdings gibt es auch innerhalb mancher Vinzenzvereine bereits Frauenkonferenzen. Im Fokus steht hier die Hausarmenpflege, später werden Hausbesuche bei unverheirateten Paaren und Eltern von ungetauften Kindern getätigt. Dies ist bis dahin den männlichen Mitgliedern der Vinzenzvereine vorbehalten.86 Die meisten Elisabethvereine haben eine religiöse als auch wesentlich praktische Ausrichtung; ihre Mitglieder kümmern sich schwerpunktmäßig um arme und kranke Menschen.87 Interessant ist, dass der in München gegründete örtliche Elisabethverein eine „von Laien gegründete, von ihnen ehrenamtlich geführte und religiös ausgerichtete Gemeinschaft“88 ist. Es gibt zwar einen geistlichen Beirat, die Gemeinschaft wird aber von den Frauen selbst geführt. Der für die Mitglieder relevante Schwerpunkt in der religiösen Ausrichtung zeigt sich in der Tatsache, dass der Verein 1851 zur Marianischen Kongregation wird.89 „Eine


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