Alle roten Pfeile kamen aus Osten - zu Recht?. Hans Rudolf Fuhrer

Alle roten Pfeile kamen aus Osten - zu Recht? - Hans Rudolf Fuhrer


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eine wichtige Ergänzung zu unseren eigenen Quellenfunden.

      Als weitere Internet-Plattform sei genannt: das amerikanische «Cold War International History Project».58 Auch die Protokolle des Nationalen Verteidigungsrats der DDR sind seit Kurzem im Internet verfügbar.59

      Für unsere Studie von grossem Wert sind zwei tschechische Veröffentlichungen aus dem Jahr 2007. An erster Stelle sind hierbei die von Petr Luňák herausgegebenen operativen Planungen der Tschechoslowakischen Volksarmee (ČSLA60) aus dem Zeitraum von 1950 bis 1990 zu nennen.61 Leider wird der Nutzen dieses Werkes für viele Interessierte dadurch vermindert, dass es bisher nur in tschechischer Sprache herausgekommen ist und keinerlei Kartenmaterial aufweist. Von fast ebenso grossem Wert – zwar ebenfalls auf Tschechisch, aber mit informativen Karten – ist das Buch von Karel Štěpánek und Pavel Minařík, das die neueste Forschung und die Akten zum Operationsplan von 1964 darstellt.62 Da Štěpánek aktiv an Teilen dieser Planung beteiligt war, kommt dem Kommentar ebenfalls Quellenwert zu. Die Schweiz spielt in diesen zwei kommentierten Quellensammlungen praktisch keine Rolle.

      Es existiert zudem eine Quellenedition mit politischen Akten zur Schweiz.63 Als wertvoll für die Untersuchung der Frage nach der östlichen Einschätzung der allgemeinen politischen Entwicklung der Schweiz in der Nachkriegszeit erwiesen sich ausserdem die vom Informationsdienst der Schweizerischen Osteuropa-Bibliothek (OEB) beziehungsweise des Schweizerischen Ost-Instituts (SOI) herausgegebenen Übersetzungen von osteuropäischen Presseartikeln zur Schweiz.64 Zum politischen Verhältnis zwischen der Schweiz und den Ländern im sowjetischen Machtbereich wurden schliesslich auch noch veröffentlichte Dokumente aus dem Schweizerischen Bundesarchiv verwendet, zum einen die ebenfalls im oben erwähnten Band «Švejcarija – Rossija» publizierten, zum anderen solche aus der Quellensammlung «Documents Diplomatiques Suisses»/DDS.65

      Unveröffentlichte Archivdokumente

      Der Zugang zu den – bei der Beantwortung der Forschungsfragen dieser Studie im Mittelpunkt stehenden – unedierten Akten in mittel- und osteuropäischen Archiven war leider nur beschränkt und je nach Land in unterschiedlicher Form möglich.

      In der Russischen Föderation erwiesen sich die Schwierigkeiten als am grössten. Trotz langjährigen intensiven Bemühungen und diversen erhaltenen Versprechen konnte für keines der russischen Militärarchive (insbesondere nicht für das Staatliche Militärarchiv (RGVA)66 in Moskau und auch nicht für das Zentralarchiv des Verteidigungsministeriums (CAMO)67 in Podol’sk eine Einsichtsberechtigung erwirkt werden. Die äusserst wichtigen Dokumente des sowjetischen Generalstabs – darunter dessen militärische Pläne und Studien (insbesondere die vorbehaltenen Entschlüsse) – bleiben somit bis auf Weiteres unzugänglich. Im Archiv der Aussenpolitik der Russischen Föderation (AVPRF)68 konnten immerhin einige wenige, dafür äusserst interessante Berichte der sowjetischen Botschaft in Bern eingesehen werden.

      Wesentlich erfolgreicher verliefen die Archivrecherchen in der Tschechischen Republik. Im Militärhistorischen Archiv (VHA9)69 in Prag, einer Abteilung des Zentralen Militärarchivs (VÚA),70 bestand die Schwierigkeit anfänglich darin, dass in den zugänglichen Findmitteln zu den Beständen des Verteidigungsministeriums nur sehr wenige Einträge zur Schweiz vermerkt waren. Die entsprechenden Dokumente konnten jedoch relativ problemlos eingesehen werden. Als hinderlich erwies sich ausserdem, dass wegen der Überschwemmung von 2002, welche Teile des Archivs unter Wasser gesetzt hatte, etliche Bestände unzugänglich oder zerstört waren. Zunächst nicht möglich schien die Einsicht in Übungs- und Operationspläne der Tschechoslowakischen Volksarmee. Diese waren grösstenteils gesperrt, und da es aufgrund der ungenügenden Findmittel äusserst schwierig zu erahnen war, welche dieser Pläne für die Schweiz hätten relevant sein können, erschien das Stellen von Gesuchen für Ausnahmebewilligungen als nicht erfolgversprechend. Dank der Vermittlung des schweizerischen Botschafters in Prag sowie des schweizerischen Militärattachés in Wien gelang es im Jahr 2007 aber schliesslich doch noch, Zugang zu den bisher gesperrten militärischen Akten der ČSLA – die Unterlagen anderer Kommandostellen des Warschauer Vertrags blieben weiterhin verschlossen – im Zentralen Militärarchiv in Prag und im Militärhistorischen Institut (VHÚ)71 in Bratislava zu erhalten. Gleichzeitig konnte auch die Einsichtnahme in Akten des politischen Nachrichtendienstes der Tschechoslowakei, welche bis Ende 2007 im Sicherheitsarchiv des Amtes für Aussenbeziehungen und Informationen (BAÚZSI)72 und seither im Institut für die Erforschung totalitärer Systeme (ÚSTR)73 liegen, erreicht werden. Die Resultate des militärischen Nachrichtendienstes wurden zerstört. Äusserst ergiebig waren die Nachforschungen im Archiv des Aussenministeriums (AMZV)74 in Prag. Hier konnten sämtliche tschechoslowakischen Konsulats-, Gesandtschafts- und Botschaftsberichte aus der Schweiz sowie einige Berichte der Territorialabteilung des Aussenministeriums eingesehen werden. In vielen dieser Dokumente sind die schweizerische Neutralität und die Schweizer Armee thematisiert. Im Staatlichen Zentralarchiv (SÚA),75 dem heutigen Nationalarchiv, wurden Akten zu den Beziehungen zwischen dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ)76 und der schweizerischen Partei der Arbeit (PdA) gefunden. Zudem waren hier auch einige interessante Dokumente militärischen Inhalts sowie solche, die Kontakte mit Schweizer Banken belegen, vorhanden. Im Archiv der Kanzlei des Präsidenten (AKPČR)77 schliesslich fand sich nur sehr wenig Material zur Schweiz, meist Glückwunschschreiben und Anfragen zu Enteignungsfällen.

      In Polen gewährte das Archiv des Aussenministeriums (AMSZ)78 Einblick in sämtliche vorhandenen polnischen Gesandtschafts- und Botschaftsberichte aus der Schweiz. Ein Grossteil der ursprünglich erstellten Berichte scheint leider vernichtet worden zu sein. Im Archiv Neuer Akten (AAN)79 konnten Unterlagen über die politischen Aktivitäten polnischer Internierter in der Schweiz sowie über die Kontakte zwischen der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR)80 und der PdA eingesehen werden. Demgegenüber war die Einsichtnahme in militärische Akten – von wenigen, belanglosen Dokumenten abgesehen – leider nicht möglich. Aufgrund der vermuteten geringen Relevanz der polnischen Planungen für die Schweiz wurden keine intensiveren Versuche unternommen, doch noch Zugang zum Zentralen Militärarchiv (CAW)81 in Warschau zu erhalten.

      Auch in den ungarischen Archiven durften realistischerweise keine direkt die Schweiz betreffenden militärischen Dokumente erwartet werden, war doch das primäre Einsatzgebiet der Ungarischen Volksarmee (MNH)82 der südwestliche – und nicht der westliche – Kriegsschauplatz. Trotzdem wurden sowohl das Militärgeschichtliche Archiv (HL),83 wo sich die Akten des Verteidigungsministeriums und des Generalstabs befinden, als auch das Ungarische Staatsarchiv (MOL),84 wo unter anderem die Akten des Aussenministeriums eingelagert sind, so gut wie möglich durchforstet. Bei dieser Recherche half der am 18. November 2006 verstorbene Dr. Josef Borus, Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, in freundschaftlicher Weise, verschlossene Türen zu öffnen und persönliche Kontakte zu Zeitzeugen zu knüpfen.

      Unterlagen aus der Deutschen Demokratischen Republik, vor allem zur Nationalen Volksarmee (NVA), wurden in folgenden deutschen Archiven eingesehen: im Bundesarchiv-Militärarchiv (BA/MAF) in Freiburg i. Br., in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO) in Berlin sowie im Archiv der/des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) in Berlin. Die Nachforschungen zur DDR wurden dadurch erschwert, dass ein bedeutender Teil der entsprechenden Dokumente entweder zerstört worden oder unzugänglich war. Dies gilt in besonderem Mass für die Unterlagen des unter wechselnder Bezeichnung – zuletzt «Bereich Aufklärung» (BA) – fungierenden militärischen Nachrichtendienstes der NVA.85 Vor deren Übernahme durch die Bundeswehr wurden alle sogenannten «personengebundenen» oder «personenbezogenen» Akten, welche sich in den Händen der Führungsoffiziere oder in irgendwelchen Zwischenlagern oder Schränken des Verteidigungsministeriums befanden, vernichtet. Beseitigt wurden ausserdem sämtliche Akten, welche Rückschlüsse auf Informanten und Vertrauenspersonen zugelassen hätten. Im Zuge dieser Aktion wurden auch bereits archivierte Akten aus dem Militärarchiv in Potsdam zurückgerufen und gesichtet.86 Nach der Rückgabe des Materials an das Archiv


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