Fall Jeanmaire, Fall Schweiz. Jürg Schoch
war. Ihr Licht stellte die Bundesanwaltschaft insofern nicht unter den Scheffel, als sie jene Affäre für eine Art pädagogische Aufklärungsaktion benutzte, indem sie die Öffentlichkeit eingehend über die raffinierten Machenschaften der Eheleute orientierte. Unauffällig hatten diese in einer gut bürgerlichen Wohnung gelebt, zu deren Mobiliar auch eine antike Truhe gehörte, die – und dieser Umstand wurde als Gipfel der Abgefeimtheit besonders hervorgehoben – nur Tarnung war für ein topmodernes Übermittlungsgerät. Der Fall Kälin eignete sich ausgezeichnet, Einfallsreichtum und Verschlagenheit des ideologischen Gegners zu demonstrieren.
Jene Erkenntnisse legten auch im Fall Jeanmaire den Verdacht nahe, bei seinen verräterischen Handlungen seien technische Hilfsmittel zum Einsatz gekommen, dies umso mehr, als bereits in einem der ersten Hinweise die Rede davon war, der Schweizer Offizier sollte mit der «Exacta»-Kamera vertraut gemacht werden. Und der Verdacht erhärtete sich noch, nachdem Jeanmaire bereits am ersten Einvernahmetag angegeben hatte, von Denissenko einen Fernsehapparat geschenkt bekommen zu haben. Also machten sich die Ermittler auf zur Spurensicherung.
Mit derselben Gründlichkeit wie im Berner Büro verfuhren die Beamten, diesmal ihrer fünf, bei der Durchsuchung von Jeanmaires Lausanner Wohnung. Darüber müsste an sich auch ein Protokoll vorliegen, eigentümlicherweise aber fehlt es in den archivierten Akten. So ist man auf Jeanmaires Memoiren angewiesen:
Man hatte nach einer geheimen Dunkelkammer gesucht, in der ich Fotografien von Dokumenten hätte entwickeln sollen. Ich, der ich ein Leben lang nichts vom Fotografieren verstand, der ich dunkle Machenschaften hasste, ich hätte in Büros eindringen, Dokumente fotografieren und in meiner Wohnung heimlich entwickeln sollen? Lächerlich. Die Bundespolizei durchsuchte aufs gründlichste Lavabo und Abort in meiner Wohnung, Keller, Estrich, Autos, einfach alles.22
Dafür könnte an dieser Stelle die Geschichte des erwähnten Fernsehers eingeflochten werden, ist doch dem Schicksal eines Geräts dieser Gattung kaum je ein Schrifttum solchen Ausmasses gewidmet worden.23 Nur, Schlüsse liessen sich aus seiner Vita keine ziehen. Nichts wies darauf hin, dass jemand versucht hätte, das «cheiben» Möbel in ein Sendegerät umzubauen. Selbst die technische Sektion der Gruppe für Generalstabsdienste musste eingestehen: «Hierbei konnte jedoch nichts Irreguläres festgestellt werden (Spektrumsmessung negativ).»
Bald mussten die Beamten ausserdem erkennen, dass die Sache mit der «Exacta»-Kamera definitiv nichts hergab. Jeanmaire hatte keinen Hang zur Fotografie. Seine Freundin Verena Ogg bestätigte zwar anlässlich ihrer Abhörung, dass er irgendeinen Apparat besitze, fügte jedoch hinzu:
Sicher ist Jeanmaire kein passionierter Fotograf. Ich weiss nur von einer Gelegenheit, als er Eichhörnchen fotografierte. […] Jeanmaire hat zudem kein grosses technisches Verständnis.24
Wie der finanzielle, bot auch der technische Sektor keine Handhabe, den Verhafteten in die Enge zu treiben.25 Nach wie vor hingen die Ermittler allein von dessen Aussagebereitschaft ab.
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