Der neue Taschen-Knigge. Herbert Schwinghammer
target="_blank" rel="nofollow" href="#u0445023d-8823-563a-a47f-2df87bb39cfb"> Gutes Benehmen auf Reisen
Die Eigenheiten des Gastlandes achten
Der Umgang in der Kleinfamilie
Eine gute Nachbarschaft pflegen
Regeln für ein harmonisches Zusammenleben
Rücksichtnahme statt Ausgrenzung
Umgangsformen in der Öffentlichkeit
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
gern sagt man dem „Knigge“ nach, dass man sich gut und anständig benehmen solle, um seinem Gegenüber Respekt zu erweisen. Das ist sicher richtig. Denn es macht einen Unterschied, ob man seine Gesprächspartner mit einem feinen Zwirn oder einem Jogginganzug würdigt.
Doch das ist nicht der einzige Grund, warum gutes Benehmen nach wie vor Sinn macht – denn vor allem benimmt man sich für sich selbst. Studien haben hinlänglich belegt, dass man so behandelt wird, wie man handelt und wie man sich präsentiert. Gelingt es also aufgrund eines zweifelhaften Auftretens nicht, als Person zu überzeugen, wird es um ein Vielfaches schwieriger, mit seinem eigentlichen Anliegen, mit seiner Fachkompetenz oder mit seinen Inhalten zu überzeugen. Überzeugt man dagegen schnellstmöglich als Person, hat man es im weiteren Miteinander umso leichter.
Und doch tue ich mich stets schwer, zwischen „schwarz“ und „weiß“ bzw. „richtig“ oder „falsch“ zu unterscheiden. Denn viel zu oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Wahrheit auch „grau“ sein kann. Um ein Beispiel zu nennen: In meinen Seminaren treffe ich häufig auf Kundenberater von Banken. Geht der Berater morgens im schwarzen Anzug, weißen Hemd und in roter Krawatte aus dem Haus, ist er objektiv betrachtet gut und korrekt gekleidet. Das gilt erst recht, wenn er im weiteren Verlauf des Tages ein Gespräch mit einem seiner Kunden wahrnimmt, der zum Beispiel Geschäftsführer eines Unternehmens und auf eine ähnliche Art und Weise gekleidet ist. Was aber, wenn unser Kundenberater im Anschluss einen weiteren Kunden besucht, der nun nicht hinter dem Schreibtisch agiert, sondern einen landwirtschaftlichen Hof betreibt? Dieser Kunde begegnet dem Bankmitarbeiter in Gummistiefeln und Jeans. Plötzlich ist die akkurate Kleidung des Bankers geeignet, Distanzen zu schaffen.
Dieses Beispiel zeigt, warum die Wahrheit auch zwischen den Extremen liegen kann. Es gibt Situationen, in denen „zu viel“ des Guten auch unfreiwillig Kluften schlagen kann. Daher werde ich nie müde zu betonen, dass Sie das Wichtigste in punkto „Umgangsformen“ bereits besitzen – und das ist Ihr Fingerspitzengefühl; Ihr feines Gespür für die jeweilige Situation und für das, was Ihr Gegenüber von Ihnen erwartet.
Dennoch meine ich, dass man möglichst viele der zahlreichen Regeln kennen sollte, um zu entscheiden, wo man welche Spielregeln zum Einsatz bringen möchte. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen genau hierbei dieses Buch ein treuer Ratgeber sein wird.
Ihre
Carolin Lüdemann
Mitglied im Deutschen Knigge-Rat
„Über den Umgang mit Menschen“
Bevor wir uns den Regeln des Anstands widmen, sollten wir uns fragen, warum wir eigentlich anständig miteinander umgehen sollen. Ist es nicht egal, wie wir etwas sagen oder wie wir etwas tun, wenn der Unterschied nur in der Form, jedoch nicht im Sinn besteht? Warum sollten wir beispielsweise eine Anweisung mit „bitte“ ergänzen, wenn sich damit an deren Inhalt nichts ändert? Habe ich als Individuum nicht das Recht, so zu sein, wie ich es für richtig erachte, wenn ich mich daran halte, meinen Mitmenschen körperlich keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu beleidigen?
Die Reihe solcher Fragestellungen könnte schier unendlich erweitert werden, aber alle Antworten, die darauf gegeben werden können, zielen in eine Richtung: Die individuelle Freiheit des Menschen hat dort seine Grenzen, wo er die individuelle Freiheit eines anderen Menschen beeinträchtigt! Diese Aussage kann man durchaus rein körperlich betrachten, denn ein einsamer Wald- oder Steppenbewohner, dessen nächster Nachbar einen Tagesmarsch entfernt wohnt, kann diese grundsätzliche Regel viel weiter auslegen als der Großstadtbewohner, der die Präsenz seiner nächsten Nachbarn oft auch bei geschlossenen Türen und Fenstern nicht überhören kann. Der einsam wohnende Mensch, der nicht in Kontakt mit anderen Menschen tritt, braucht sich tatsächlich an keine Regeln des Anstands zu halten, weil er niemanden mit seinem Verhalten stören kann. Dagegen ist die Nähe des Bewohners einer Stadt zu seinen Mitmenschen überall „greifbar“, auch wenn er selbst allein lebt: Sie sind fast immer zu hören, sie sind im öffentlichen Raum in großer Anzahl zu sehen, sie sind in der Enge, die nicht wenige Situationen mit sich bringt, sogar zu fühlen und zu riechen.
Müssen viele Menschen in den verschiedensten Situationen in räumlicher Enge zusammenleben, kommt es zwangsläufig zu Problemen, weil die individuelle Freiheit des einzelnen Menschen sich mit der des nächsten überschneidet. Die Freiheit ist also keineswegs grenzenlos, sondern sie ist häufig stark eingeschränkt allein durch die Präsenz anderer Menschen. Soll diese Tatsache nicht zu Aggressionen untereinander führen, sind Rücksichtnahme und Regeln notwendig.
Ohne solche Regeln wäre ein geordnetes Zusammenleben nicht möglich, denn alle Menschen würden ihre individuelle Freiheit zumindest verteidigen wollen, andere würden Gewalt anwenden, um ihre Grenzen möglichst weit ziehen zu können. „Weg da!“ wäre für eine solche ungeregelte Gesellschaft ein passendes Motto. Aggressive Menschen würden schnell die Oberhand gewinnen, andere brutal ausgegrenzt werden.
Regeln des Zusammenlebens sind