Der neue Taschen-Knigge. Herbert Schwinghammer
haben sich also vorgenommen, zu einem privaten Festessen einzuladen. Sie haben die Einladungen verschickt (s. Seite 88ff.) und wissen, ob jemand der Eingeladenen abgesagt hat. Selbstverständlich haben Sie dabei bedacht, wie viele Personen bei Ihnen am Tisch in der Weise Platz finden, dass sich Gläser, Bestecke und andere Utensilien von Tischnachbarn nicht gegenseitig ins Gehege kommen.
Es sollte eine gewisse Ellenbogenfreiheit gewährleistet sein, da es sehr anstrengend ist, längere Zeit mit eng angelegten Armen zu speisen. Natürlich haben Sie auch ausreichend viel Geschirr, Besteck und Gläser für Ihre Gäste im Schrank, um den Tisch komplett und einheitlich eindecken zu können. Gegebenenfalls können Sie all dies ausleihen.
Die Vorbereitungen
Sie stehen nun vor Ihrem leeren Tisch und stellen sich vor, dass diese Leere einer festlichen Stimmung weichen soll. Es ist für Sie kein Geheimnis, dass der Erfolg einer Essenseinladung nicht nur vom hervorragenden Geschmack der Speisen abhängt, sondern auch von der Gestaltung der gedeckten Tafel. Nicht umsonst sagt man: Das Auge isst mit!
Wie viele Stühle passen an die Tafel?
Fangen Sie am besten damit an, probeweise die Stühle am Tisch zu platzieren, um so die grobe Anordnung der Gedecke festzulegen und die Ellenbogenfreiheit zu überprüfen. Ist dieser Test zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen, entfernen Sie die Stühle, denn sie stören bei den folgenden Arbeiten am Tisch.
Die Tischdecke
Als Erstes wird die Tischdecke ausgebreitet. Reicht eine nicht aus, können Sie problemlos eine zweite etwas überlappend anlegen, ohne die Etikette zu verletzen. Liegt die zweite Tischdecke nicht glatt genug auf der ersten, bügeln Sie den Rand ruhig auf dem Tisch zurecht.
Die Tischdecke sollte bei einem klassischen Service einen dezenten Farbton aufweisen. Es versteht sich unter ästhetischen Gesichtspunkten von selbst, dass die beiden Tischdecken dieselbe Farbe haben müssen. Apropos Farbe: Die klassische Farbe der Tischdecke ist weiß, wobei die feine Strukturierung des Stoffes in der Regel keine Rolle spielt. Erlaubt ist, was gefällt – je rustikaler der Anlass, umso mehr darf die Tischdecke Farbe auf die Tafel bringen.
Allerdings passt eine Lackfolie nicht zu einem erlesenen Dinner. Das ist eher etwas für den Kindergeburtstag. Und die Papiertischdecke von der Rolle sollte dem Büfetttisch vorbehalten bleiben – dort ist sie sehr praktisch, weil die unvermeidlichen Flecken mitsamt der Tischdecke im Müll landen können und weil man nicht am Büfetttisch isst, sondern an einem anderen, nach allen Regeln der Kunst eingedeckten Tisch (mit Stofftischdecke).
Unmöglich sind durchsichtige Folien über der Tischdecke. Das erinnert an Betriebskantinen der Sechzigerjahre, außerdem könnte man Sie für kleinkariert und geizig halten.
Blumen, Kerzen und andere Accessoires
Ohne Blumen und Kerzen ist eine festliche Tafel kaum denkbar, auch viele andere Accessoires können das Ganze aufwerten. Bedenken Sie aber, dass die Gedecke und die anderen notwendigen Gegenstände allein schon viel Platz beanspruchen. Allzu viel werden Sie also zusätzlich nicht mehr unterbringen können. Ein überladener Tisch engt beim Essen ein und kann protzig wirken. Warten Sie deshalb mit dem Schmücken der Tafel, bis alles Notwendige gedeckt ist – dann können Sie immer noch entscheiden, was dazu passt und was nicht. Achten Sie darauf, dass die Schmuckgegenstände, die Sie auf die Tafel stellen, nicht zu hoch sind. Ein Blumenbukett oder ein Kerzenständer dürfen nicht den Blick auf den gegenübersitzenden Gast verdecken.
Tischkarten und Menükarten
Ob Sie Tischkarten verwenden, hängt davon ab, ob Sie in die Sitzordnung eingreifen wollen oder gar müssen. Letzteres könnte dann der Fall sein, wenn bestimmte Konstellationen am Tisch den harmonischen Ablauf Ihrer Einladung gefährden könnten. Oder wenn Sie Gäste aufgrund ähnlicher Interessen etc. zusammenbringen möchten.
Brauchen Sie eine Tischordnung?
Eine Tischordnung ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Größe der Tafel es zulässt, dass man sich „aus dem Weg gehen“ kann. Denn ob miteinander im Streit liegende Personen nebeneinander oder sich direkt gegenübersitzen, macht kaum einen Unterschied.
Eine Tischordnung kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn Sie Ihre Gäste so gut kennen, dass Sie die Stimmung am Tisch damit beeinflussen können. So können Sie eher schweigsame Menschen neben „Plaudertaschen“ setzen in der Hoffnung, dass sich die beiden Extreme irgendwo in der Mitte treffen. Bei geschäftlich orientierten Essen sollte man natürlich die Hauptakteure auf sprechfreundlichen Positionen platzieren.
Die protokollarische Tischordnung
Vorausgesetzt, die Gastgeber sind ein Paar, so sitzen sie sich an den schmalen Enden der Tafel gegenüber. Links neben der Dame des Hauses – von ihr aus gesehen – sitzt als ihr Tischherr der ranghöchste Gast, der meist der Ehrengast ist. Rechts neben dem Hausherrn – von ihm aus gesehen – sitzt die ranghöchste Dame. Selbstverständlich kann auch diese Dame der Ehrengast sein. Rechts von der Dame des Hauses sitzt der zweithöchste Herr der Runde. Auf der anderen Seite wird genauso verfahren: Links neben dem Hausherrn sitzt die zweithöchste Dame usw. Es gelten folgende Rangordnungen: ältere Gäste vor jüngeren, ausländische Gäste vor einheimischen, Angehörige fremder Firmen vor den eigenen. Einem ausländischen Gast wird ein Gast mit entsprechend guten Fremdsprachenkenntnissen zugeordnet, auch wenn er nach der Rangordnung dort nicht sitzen dürfte. Künstler genießen besondere Bevorzugung, weil sie im Allgemeinen zu den „Vorzeigegästen“ gehören. Damen und Herren sitzen immer im Wechsel, wenn dies von der Zusammensetzung der Gästeliste her überhaupt möglich ist. Neben körperbehinderten Gästen, die auf Hilfe angewiesen sind, sitzt immer die jeweilige Hilfsperson. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Kinder in der Rangordnung keine Rolle spielen. So sitzen Kleinkinder selbstverständlich neben einem Elternteil.
Ihre Gäste werden es Ihnen in jedem Fall danken, wenn Sie ihnen ihre Plätze persönlich zuweisen. Hilfreich kann es für Sie sein, wenn Sie nach der offiziellen protokollarischen Tischordnung (siehe Kasten) vorgehen. So können Sie sich elegant aus der Affäre ziehen, wenn der eine oder andere Gast mit seinem Tischnachbarn nicht zurechtkommt.
Die Platzierung der Tischkarten
Tischkarten stehen oberhalb des Gedecks unmittelbar hinter dem Nachtischbesteck. Verwenden Sie außerdem Menükarten, dann werden diese direkt hinter die Tischkarten platziert. Die Menükarten sind so gefalzt, dass man sie aufrecht stellen kann. Denkbar ist auch eine Kombination aus Tisch und Menükarte, indem der Name auf die Vorderseite der Menükarte gedruckt wird. Im Inneren sind die Getränke und die Speisen. Auf der Tischkarte sind der Vor- und Nachname (gegebenenfalls mit Titel) des jeweiligen Gastes vermerkt. Bei einem Essen mit guten Freunden genügt der Vorname auf der Tischkarte.
Servietten
Eine weitere Vorbereitungsarbeit, die sowohl Ideenreichtum als auch Geschick erfordert, ist die Aufstellung der Servietten. Keinesfalls sollten Sie Ihre Festtafel mit Papierservietten schmücken, auch wenn Ihnen so manches Muster besonders gut gefallen sollte. Zu einem nach allen Regeln der Kunst eingedeckten Tisch gehören große Stoffservietten, die mindestens 50 mal 50 Zentimeter groß sind. Sie sollten die gleiche Farbe und Struktur wie die Tischdecke aufweisen. Falls dies nicht möglich ist, greift man auf eine möglichst ähnliche Struktur oder gleichfarbige Servietten ohne Struktur zurück.
Die Servietten werden gut gebügelt, sodass man sie zu beliebigen Formen falten kann. Sie dürfen nicht von selbst aufgehen und müssen aufrecht stehen können. Denn man legt die Servietten weder unter den Platzteller noch irgendwie gefaltet unter das Besteck, sondern auf den Teller des ersten Ganges bzw. auf den Platzteller. Das hat den Vorteil, dass die Gäste die Serviette auf den Schoß legen können, ohne dabei das von Ihnen so sorgfältig arrangierte Gedeck in Unordnung zu bringen. Auch eine Platzierung neben dem Gedeck ist nicht üblich, weil dafür der Platz meist ohnehin nicht ausreicht.
Tafelsilber rechtzeitig überprüfen
Sollten Sie Silberbesteck und anderes Tafelsilber (z. B. Platzteller,