Geschwistergeschichten. Arlette Schnyder
UND FESTE
Der Vier-Uhr-Tee und andere Besuchsrituale
Besondere Anlässe und Feste
Familienfeste, Geburtstage und Weihnachten
Schluss
WANDERN DURCH GOTTES SCHÖNE WELT – PATRIOTISMUS UND RELIGIOSITÄT IM INTENSIVEN NATURERLEBNIS
Wandern als Freizeitbeschäftigung
Wandern mit den Geschwistern oder allein
Schluss
POLITISCHE POSITIONEN IN DER FAMILIE – HELVETISCHE DISKUSSIONEN ÜBER ZWEI WELTKRIEGE
Militärische Positionen und politische Standpunkte der Brüder 1914–1918
Einmachen, Sparen, Stellung halten – die Schwestern 1914–1918
Das Geschwisternetzwerk in der Zwischenkriegszeit
Zweiter Weltkrieg: politische Einigkeit der Brüder und das Schweigen der ledigen Schwestern
Schluss
TRADIERTE FAMILIENGESCHICHTEN UND DER BLICK DER FORSCHERIN
MÜNDLICHE FAMILIENGESCHICHTEN UND DAS FRAGMENTARISCHE
Mündliche Erzählungen und schriftliche Quellen
Mündliche Erzählungen und fehlende schriftliche Quellen
Verstummte Familienerzählungen und das Schweigen der Quellen
Der Ausflug auf den Stockberg – aktiv gelebte Familienerinnerung
SELBSTÄNDIGWERDEN DER HISTORISCHEN AKTEURE IM NARRATIVEN PROZESS DES SCHREIBENS
GESCHICHTE ALS SPURENSUCHE, DIE DEM JETZT BEDEUTUNG GIBT
ANHANG
Quellen- und Literaturverzeichnis
Ungedruckte Quellen
Nekrologe
Gedruckte Quellen
Sekundärliteratur
Die Welt braucht auch Schwestern, nicht Mütter nur.
Martha Schnyder, 1920.
VORWORT
Die konzentrierte und rasche Verwirklichung dieser Dissertation wurde durch Stipendien des Schweizerischen Nationalfonds, der Max Geldner Stiftung und der Akademischen Gesellschaft Basel ermöglicht. Meine Doktormutter Prof. Regina Wecker hat mich während der ganzen Zeit ermutigt und bestärkt, den eingeschlagenen Weg zu beschreiten. Dr. Heidi Witzig danke ich herzlich für ihre Bereitschaft, meine Arbeit zu begleiten, für die vielen Anregungen, Ergänzungen und für die klärenden Gespräche. Prof. Rosi Braidotti und Prof. Bertekke Waldijk am Center for Women Studies an der Universität Utrecht erweiterten meinen Blick auf Geschlechtergeschichte und bewegten meine Position innerhalb der Arbeit nachhaltig.
Einen ganz besonderen Dank möchte ich an meine Eltern Christoph und Züsi Schnyder-Scheuermeier und an meine Tante Brigitte Schnyder richten. Sie standen mir mit reger Anteilnahme und grossem Interesse zur Seite, öffneten Tore zu Materialien, lasen Texte, gaben Feedbacks und eilten mit Rat und Tat in allen Belangen zu Hilfe. Ich danke auch Ernst Gysel, Hans Schnyder, Hans Walter Schnyder, Rudolf Schnyder und Beth Werner-Schnyder für Informationen, den Zugang zu grundlegenden Quellen und die Bereitschaft zu Gesprächen.
Sibylle Meyrat und Claudia Settelen winde ich für ihr kritisches Gegenlesen ein Kränzchen, Dietrich Seybold für die vielen Tipps und kritischen Gedanken während der ganzen Arbeit.
Michael Gärtner danke ich für die treue Begleitung, seine Unterstützung und sein geduldiges Verständnis. Die Betreuerinnen des «Schnäggehüsli» liessen mich bis zum Ende mit einem guten Gefühl meiner Arbeit nachgehen, und Helena und Joachim sorgten in den vielen lustigen Stunden, die mich von der Arbeit abhielten, dafür, dass ich mich der Welt nicht entfremdete.
Basel, im Januar 2008
Arlette Schnyder
EINLEITUNG
1 Familie Johannes und Caroline Schnyder-Wyttenbach, Bischofszell 1898 (v. l. n. r. stehend: Söphy, Hans, Hedwig, Vater Johannes, Lilly, Ernst, Marthy; v. l. n. r. sitzend: Karl, Trudi [stehend], Hanna, Mutter Caroline mit Walter, Paula, Tante Julie von Wyttenbach, Rösy).
GESCHICHTE UND GESCHICHTEN
Ernst, Marie, Hedwig, Hans, Hanna, Sophie, Rosa, Martha, Karl, Gertrud, Paula, Walter. Zwölf Geschwister, geboren in der Schweiz, zwischen 1873 und 1897. Acht Schwestern, sieben blieben unverheiratet, nur eine – Sophie – heiratete und liess sich zehn Jahre später wieder scheiden. Keine hatte Kinder. Vier Brüder, alle waren verheiratet und hatten Kinder. Sie standen in wichtigen offiziellen Ämtern: Pfarrer, Posthalter, Arzt und Gymnasiallehrer. Auch alle Schwestern lernten einen Beruf. Alle hatten eine Ausbildung als Lehrerin, Kindergärtnerin oder Erzieherin. Einige entschieden sich später für andere Wege: Eine wurde Diakonisse, eine andere Sekretärin und eine gar Institutsleiterin.
Die erste Frage, die sich bei dieser Fallstudie aufdrängt, ist die, weshalb alle diese Frauen ledig blieben. Diese schwierige Frage soll zunächst zurückstehen und der Frage, wie sie alle ledig blieben, weichen.1 Dieses Wie zeigt sich in unzähligen Geschichten. Ich erzähle also Geschichten. Denn Geschichte ist immer Geschichten erzählen. Geschichte ist eine Auswahl von Geschichten im Geschehen eines bestimmten Zeitraumes, einer bestimmten Personenkonstellation. Geschichte ist eine Perspektive. Von einem späteren Zeitpunkt auf einen früheren Zeitpunkt.2 Bereits 1978 verwies Hayden White mit seinem Artikel «The Historical Text as Literary Artifact» auf die narrative Arbeit der Historiker. Er wollte der Arbeit mit historischen Quellen neue Perspektiven öffnen. White sieht Geschichte als ein Instrument, welches uns hilft, öffentliche und persönliche Vergangenheit zu erklären.3