Die Eucharistie als Opfer der Kirche. Michael Hesse

Die Eucharistie als Opfer der Kirche - Michael Hesse


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durch die Verklärung ihres Hauptes in der Auferstehung.393 Der große Gegensatz von Gott und Fleisch vereinigt sich im pneumatischen Christus. Das Fleisch nimmt nunmehr Anteil an der Gottheit. In Christus selbst wird die Gebrechlichkeit des Menschseins umgewandelt in göttliche Lichtherrlichkeit. Die Lehre vom Leibe Christi, der Ekklesia, beruht bei Casel auf Christi Himmelfahrt. Eph 4,8ff ist für ihn hier eine Schlüsselstelle, da von der Beziehung des pneumatischen Christusleibes zur Erhöhung des Herrn gesprochen wird. Es sind die Charismata, die den pneumatischen Christusleib aufbauen. Casel verweist wiederholt darauf, dass erst der erhöhte Christus die Macht besitzt, sich den Leib zu bilden. Erst nach seiner Erhöhung ist das Fleisch vergöttlicht. Christus herrscht als Gott und mit ihm das ebenso vergöttlichte Fleisch. Casel meint damit, dass in der verklärten Menschheit Christi, die zum Pneuma geworden ist, zugleich in ihr, durch das Pneuma, die Ekklesia einverleibt ist. Christus ist herabgestiegen (vgl. Joh 3,13) und steigt mit der Ekklesia (vgl. Eph 5,27) wieder hinauf.394

       2.6 Zusammenfassung und Ausblick

      Das Kirchenbild der Ekklesia als Leib Christi fußt in der christozentrischen Grundlage, dass Christus durch Tod und Auferstehung im Pneuma ganz beim Vater ist. Wer sich nun im Glauben ihm anschließt und so Anteil hat am Pneuma lebt zwar noch in der Welt, ist aber mit Christus schon in der Gottesherrschaft angelangt. Was Casel hier für den einzelnen Gläubigen aufzeigt, gilt gleichermaßen für die Kirche als Ganzheit, da sie durch die Verbindung mit ihrem Haupt Christus untrennbar verbunden in die Herrlichkeit Gottes eingetreten ist. Casel zeigt in seinem Ansatz eine Untrennbarkeit von Christus und Ekklesia, die für unsere Fragestellung eines Opfers der Kirche weitreichende Konsequenzen mit sich bringt. Bevor wir dieses durchdenken, wenden wir uns dem zweiten Bild der Ekklesia als Braut Christi zu, um letztlich unsere Fragestellung auf einer umfassenden Ekklesiologie Casels zu betreiben. Wir müssen danach fragen, wie er die beiden Kirchenbilder miteinander in Beziehung setzt.

       3. Ekklesia als Jungfrau-Braut

      Das Brautsein der Kirche qualifiziert sie als himmlische Größe. Dieses Verständnis einer so großen Begnadung durch göttliches Geschenk förderte, so Casels Analyse, bei den frühen Christen das Selbstbewusstsein: Man verstand die Kirche fortan als göttliches, vollkommenes Gnadenwerk. Fehler der irdischen Ekklesia konnten dabei ihr Wesen nicht berühren. Diese Lehre von der Kirche steigert die Liebe zur Kirche und Casel folgert daraus, dass so die Kirche als der sichtbare Christus dem Gläubigen vor Augen steht. Sie ist der einzige Weg zu Christus und durch diesen zum Vater. Die Ekklesia ist Christi Fülle, sein Abbild und seine Abspiegelung. Zugleich steht Casel auf dem Standpunkt, dass die Kirche die Gesamtheit der Glieder Christi durch das Pneuma Christi ist. Somit zieht er die Schlussfolgerung, dass mit der Lehre von der Braut Christi ebenso die Lehre vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen verbunden ist. Die Gläubigen nehmen Anteil an der Heilstat des Herrn in der gnadenhaften Einheit mit ihm. Casel sieht sich hierin ganz vom Tridentinum bestätigt.395

       3.1 Verhältnis Mann und Frau als Bild für Christus und Ekklesia

      Die patristischen Forschungen Casels lassen ihn erkennen, dass für die ersten Christen die Ekklesia Agape, d.h. ein Liebesbund ist, der sich aus der in Christus geoffenbarten Liebe Gottes auferbaut. Das Agapethema ist uns zuvor schon im Kirchenbild des Leibes Christi begegnet. Das Bild der Braut lässt sich ebenfalls mit der Agapevorstellung in Beziehung setzen, was sich äußerlich am deutlichsten in dem, der Eucharistie angegliederten, urchristlichen Agapemahl ausdrückt. Casel konstatiert durch seine patristischen Studien, das das Verständnis der Kirche als Braut Christi durch ein juridisch geformtes Kirchenverständnis überlagert wurde und überlagert ist. Eine erkaltete Agape nötigt zur Stärkung des Rechtsfaktors, doch der tiefste Ausdruck hingebender Liebe zeigt sich im Verständnis der Kirche als Braut Christi, und dieses Kirchenverständnis will Casel wieder aufdecken. Im Bild der Braut Christi verbirgt sich demnach die Urform menschlicher Seinsordnung, nämlich die Hinordnung von Mann und Frau auf eine gegenseitige Hinopferung in sich schenkender selbstloser Hingabe. Das Verhältnis von Frau und Mann dient Casel als mystisches Vorbild des Bundes von Christus und Ekklesia. Der männliche Christus entspricht der göttlichen Offenbarung, während dem Weiblichen die Gott zugewandte und ihn aufnehmende Schöpfung bzw. die Ekklesia entspricht. Dafür sieht er die alttestamentliche Vorbildfunktion im Verhältnis von Jahwe zur Gemeinde Israel, als einer Kollektivperson, gegeben: Jahwe hat aus der Masse der Teilglieder des Volkes eine religiöse Einheit geschaffen. Dieses Einheitsgefühl durch Personifikation macht Casel in seinen Forschungen ebenfalls bei anderen antiken Völkern aus.396 Das AT nennt Casel die Geschichte von menschlichen Bundesbrüchen, und dennoch knüpft Gott immer wieder neu den Bund mit dem Menschen. Das Ziel dieser nicht abreißenden Liebesangebote ist die Vorbereitung und zugleich Hindeutung auf den ewigen Ehebund in Christus. Erst Christus wird zum wahren Bräutigam. Casel schreibt dazu:

      „Die Bundesbrüchigen töten den Herrn Jesus Christus; aber in seinem Blute beginnt nunmehr der Ewige, Neue Bund. Das ist der ‚schauervolle’ (Ex 34,10) Erweis der Treue Gottes, dass Gott durch das Blut seines im Eidbruch getöteten Sohnes dem wahren Israel die Treue hält. So erweist er sich als der wahre Bräutigam, der seine Braut sucht und sie auch findet, aber nicht wegen ihrer Werke, sondern aus Gnade. Wie könnte es eine Braut sein, wenn sie wegen ihrer Werke erwählt wäre!“397

      Die Erschaffung des Menschen als Frau und Mann, als Braut und Bräutigam spiegelt im Abbild die Liebe des Schöpfers zum Geschöpf wider. Das Gebot Gottes an Adam ist ein Beweis für die freie Agape zwischen Gott und Mensch, d.h., dass der Mensch aus freier Entscheidung heraus sich Gott zuwenden soll, denn nur eine aus Liebe gewonnene Seele kann ganz Braut sein. Die Beziehung Braut-Bräutigam ist jedoch da auseinander gerissen, wo die Macht der Sünde das Liebesband zerstört. Casel kommt in seiner Analyse zum Resümee, dass die Geschichte der Menschheit nach der Sünde des Adam als ein Liebeswerben Gottes um die verlorene Braut anzusehen ist. Gott zeigt sich als liebender Bräutigam und gibt der Braut Hoffnung, zum verlorenen Paradies durch die einmalige Schuldentilgung zurückgeführt zu werden.398 Der Christ lebt im Jetzt noch in der Sünde, sucht zugleich jedoch nach Erlösung. Da er dem Pneuma nach schon in der übernatürlichen Existenz lebt, lebt er auch schon im zukünftigen Äon in der Gottesherrschaft. Der Christ ist in Christus und Christus ist in ihm. Casel nennt dies das Mysterium des Neuen Bundes. Was für den Einzelnen gilt, gilt im Besonderen für die Braut Ekklesia als Ganzes.399

      Casels Blick zu den Kirchenvätern findet das Bild der Erschaffung der Frau als Bild für die Bildung der Kirche. Die Frau aus der Rippe des Mannes, als nicht unmittelbar aus der Hand Gottes, deutet er als die Abhängigkeit und zugleich innigste Lebensgemeinschaft: Die Ekklesia entstammt der Seite Christi, dem zweiten Adam. Sie ist aus seinem Herzblut hervorgegangen, indem sich Christus für sie hingab, d.h. die Ekklesia ist Braut Gottes durch den Menschen Jesus Christus, durch seinen Leib.400 Das Bild der Einheit von Mann und Frau wendet Casel wiederum direkt auf die Einheit von Christus und Ekklesia in dem einen Christus an.401 Christus selbst nennt sich Bräutigam.402 Die Ekklesia ist als Gesamtheit die jungfräuliche Braut Christi und ihm gegenübergestellt.403 Die Qualifizierung der Kirche als Jungfrau rührt aus der Ansicht heraus, dass die Ekklesia allein dem Bräutigam, dem menschgewordenen Logos, angehört, der sie durch das Pneuma heilig hält. Aus diesem Privileg ergibt sich die untrennbare Einheit, die die Ekklesia befähigt, mit dem Bräutigam ins Allerheiligste zu gelangen.404 Der paulinische Gedanke des mystischen Ehebundes von Christus und Ekklesia durchflutet die Caselsche Ekklesiologie sehr deutlich. Das Liebesverhältnis kennzeichnet die Beziehung ja als eine Agape gebundene und nicht gesetzlich festgeschriebene Verbindung. Das Pneuma, der Lebensatem, eint beide, als Ergebnis der Brautwerbung des Herrn um seine Braut. Die werbende Liebe lässt, nach Casels exegetischer Analyse von Eph 5,29, die Ekklesia als selbständige Größe erscheinen, die ihr höchstes Glück darin findet, sich in freier, ungezwungener Liebe ihrem Bräutigam Christus zu unterwerfen. Da die Ekklesia aus der Seite des neuen Adam entstammt, ist sie die neue Eva, die durch das Blut gereinigt und geheiligt,


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