Dance Anatomie. Jacqui Greene Haas

Dance Anatomie - Jacqui Greene Haas


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      An einem Gelenk treffen jeweils zwei Knochen aufeinander. Die Knochenenden sind von Knorpelgewebe umgeben, das für eine weiche Gelenkbewegung sorgt. Jahrelanges Tanzen und Überbeanspruchung der Gelenke können diese Knorpelschicht schädigen, was zu chronischen Entzündungen führt. Wird der Knorpel in einem Gelenk jedoch dünner, dann nutzt der Körper zum Ausgleich andere Gelenke. Mit der Zeit entsteht dadurch ein Ungleichgewicht.

      Um Verletzungen vorzubeugen (und die Balance zu verbessern), ist es für Tänzer vor allem wichtig, die Muskelkraft zu erhalten, um die Gelenke zu stützen. Es ist aber ebenso wichtig, auf ausreichend Entspannungsphasen und Schlaf zu achten, damit sich die Muskeln regenerieren können. Die Gelenke sollten überdies nicht durch zu hohes Körpergewicht belastet werden.

      Da einem Tänzer in der Regel die Funktion der unterschiedlichen Gelenke bekannt ist, gehen wir im Folgenden nur kurz auf Scharnier-, Gleit- und Kugelgelenke ein. Die verschiedenen Bewegungsrichtungen der Gelenke sind in der unten stehenden Tabelle 1.1 aufgeführt. Sie werden als Flexion (Beugung) und Extension (Streckung), Abduktion (Abspreizung) und Adduktion (Heranführung) sowie als Rotation (Drehung) bezeichnet und beschreiben meist eine Bewegung auf derselben Ebene, arbeiten dabei jedoch in unterschiedliche Richtungen.

      Bei einem Scharniergelenk handelt es sich um zwei Knochen, die an einem Ende leicht konkav bzw. konvex geformt sind, wie zum Beispiel das Knie. Bei der Beugung und Streckung des Knies ist hauptsächlich die Bewegung auf einer Ebene möglich. Im Knie repräsentiert die Flexion das Anwinkeln des Unterschenkels, die Extension das Durchstrecken des Beins (Tab. 1.1). Das gebeugte Standbein und das gestreckte Spielbein sind in Abbildung 1.1 zu sehen.

Aktion Bewegung Beispiel für den Einsatz im Tanz
Flexion Beugung eines Gelenks Beugung des Hüftgelenks beim Grand Battement Devant
Extension Streckung eines Gelenks Streckung des Ellbogens in einer Push-up-Position
Abduktion Abspreizen Arme in zweiter Position; Arme seitlich vom Körper
Adduktion Heranführen Assemblé; Zusammenführen der Beine
Außenrotation Auswärtsdrehung Turnout; Grand Plié in zweiter Position
Innenrotation Einwärtsdrehung Innenrotation des Schultergelenks (Hand auf die Hüfte legen)
Plantarflexion Streckung des Fußes Relevé; Spitze
Dorsalflexion Beugung des Fußes Anheben des Vorderfußes
Pronation Einwärtsdrehung des Fußes Senkfuß oder Plattfuß
Supination Auswärtsdrehung des Fußes Hohlfuß

      Gleitgelenke bestehen aus Knochen mit abgeflachten Enden. Sie ermöglichen nur eine eingeschränkte Bewegung. Diese Gelenkart befindet sich zum Beispiel an der Stelle, an der die Rippen mit den Wirbeln verbunden sind (Abb. 1.3), was auch die geringe Flexibilität im Brustbereich erklärt (mehr dazu in Kap. 4).

      Kugelgelenke, deren Knochen an einem Ende kugel- bzw. pfannenförmig ausgebildet sind, finden sich an Hüfte und Schulter. Für Tänzer ist diese Art von Gelenk für die Ausdrehung des Oberschenkels (Turnout) und das Développé von Bedeutung. Wir werden in Kapitel 8 und 9 noch genauer darauf eingehen.

      Beim Tanzen leisten Hüfte und Schulter schwere Arbeit. Das Hüftgelenk besitzt eine tiefere Pfanne als das Schultergelenk. Die Bewegungsmöglichkeiten in diesem Gelenk sind Flexion und Extension, Abduktion und Adduktion sowie Rotation. Wie sich der Oberschenkelkopf des Standbeins in die Gelenkpfanne des Hüftgelenks einpasst, zeigt Abbildung 1.2.

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      ABBILDUNG 1.2 Attitude derrière

      Die Hüftgelenke müssen bei Pliés, Sprung- und Beinübungen das Körpergewicht tragen. Chronische Hüftschäden lassen sich hier vermeiden, wenn das Becken stabil gehalten wird und für ein gesundes Gleichgewicht der stützenden Muskeln gesorgt wird (mehr dazu in Kap. 8).

      Was die Schulter angeht, so kann sie beim Tanzen auch auskugeln, weil die Schultergelenkpfanne flach ist. Um das zu vermeiden, müssen die Schultergelenke gekräftigt werden (eine nähere Beschreibung hierzu in Kap. 7).

       Skelettmuskulatur

      Die willkürlich steuerbaren Bewegungen werden von den Skelettmuskeln gesteuert. Diese sind von einer Bindegewebshülle umgeben und besitzen ihren Ansatz und Ursprung am Knochen. Kontrahiert ein Muskel, so erfolgt dies aufgrund einer durch Nervenimpulse ausgelösten Reaktion. Hierbei verkürzen sich die Muskelfasern. Die Reaktion der Muskeln auf Impulse hängt von ihren speziellen Eigenschaften ab. Man unterscheidet zwei Haupttypen von Muskelfasern: Typ-I-Fasern (langsame Muskelfasern) und Typ-II-Fasern (schnelle Muskelfasern).

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      ABBILDUNG 1.3 Split Jump

      Typ-I-Fasern kontrahieren und ermüden langsam; sie werden hauptsächlich für die Körperhaltung und aerobe Bewegungen benötigt. Im Tanz kommen sie primär beim Petit Allegro bzw. bei kurzen anaeroben Bewegungen zum Einsatz. Typ-II-Fasern kontrahieren und ermüden zwar rascher, erzeugen dafür aber mehr Kraft als Typ-I-Fasern.

      Unabhängig von der jeweiligen Trainingsintensität kommt es bei Tänzern generell vorrangig zur Ausbildung der Typ-I-Fasern. Insbesondere Balletttänzer verfügen in der Regel über einen höheren Anteil an diesem Muskelfasertypus. Etwas muskulösere Tänzer mit mehr Körpermasse besitzen dagegen zumeist auch einen höheren Anteil an Typ-II-Fasern.

      Alle Muskeln sind in der Lage, auf unterschiedliche Art zu kontrahieren bzw. Spannung zu erzeugen. Als dynamische Kontraktion gilt jede Art von Muskelspannung, bei der es zu einer Veränderung der Muskellänge und somit zu einer Bewegung im Gelenk kommt. Hierbei lässt sich wiederum nach exzentrischer und konzentrischer Kontraktion unterscheiden.

      Bei der konzentrischen Kontraktion verkürzt sich der Muskel, um eine Bewegung zu erzeugen, wohingegen er sich


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