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Dance Anatomie. Jacqui Greene Haas
1.5) die drei imaginären Bewegungsebenen (Abb. 1.4) vor: Der Körper der Tänzerin wird demnach durch die Transversalebene in eine obere und eine untere Hälfte, durch die Sagittalebene in eine rechte und linke Hälfte und durch die Frontalebene in eine vordere und hintere Hälfte geteilt. Beispiel: Hebt nun die Tänzerin ihre Arme über die erste in die fünfte Position, dann bewegt sie sich innerhalb der Sagittalebene. Bei einem seitlichen Cambré bewegt sie sich auf der Frontalebene. Sie führt eine direkte Seitbewegung aus – so, als würde sie sich entlang einer gedachten Glasscheibe zur Seite beugen. Bei verschiedenen Hip-Hop-Bewegungen führt das Becken eine Rotation auf der Transversalebene aus. Dasselbe ist auch bei einem Twist in der Taille der Fall. Noch ein Beispiel: Beim Split Jump (Abb. 1.3) bewegen sich die Beine exakt entlang der Frontalebene. Wäre das eine Bein hier etwas weiter nach vorn geschoben, hätte die Bewegung nicht die vom Tänzer angestrebte Linie.
ABBILDUNG 1.5Anatomische Standardposition
Um Präzision in der Ausführung einer Bewegung zu erreichen, braucht ein Tänzer das Verständnis für die verschiedenen Ebenen, in denen er sich im Raum bewegt. Im anderen Fall muss er einen Sprung möglicherweise viel öfter wiederholen, bis er ihn korrekt ausführt – und dies wiederum kann zu Überanstrengung und einer erhöhten Verletzungsgefahr führen.
TABELLE 1.2Anatomische Lage- und Richtungsbezeichnungen
LAGEBEZEICHNUNG | |
Begriff | Definition |
anatomische Standardposition | aufrechter Stand, Füße parallel, Handflächen nach vorn |
Rückenlage | auf dem Rücken liegend |
Bauchlage | mit dem Gesicht nach unten liegend |
RICHTUNGSBEZEICHNUNG | |
Begriff | Definition |
superior | oben; oberhalb |
inferior | unten; unterhalb |
anterior | Vorderseite; vorn |
posterior | Hinterseite; hinten |
medial | zur Mitte hin |
lateral | von der Mitte weg; zur Seite |
proximal | rumpfwärts; zur Körpermitte hin |
distal | rumpffern; von der Körpermitte weg |
superfizial | oberflächlich; äußerlich |
profundus | tiefer gelegen |
palmar | Handvorderseite in anatomischer Standardposition |
dorsal (für Hände und Füße) | Handrückseite in anatomischer Standardposition; Fußoberseite in anatomischer Standardposition |
plantar | Fußunterseite in anatomischer Standardposition |
Nachdruck mit Genehmigung von: K. Clippinger, Dance Anatomy and Kinesiology (Champaign, IL: Human Kinetics), 2007, S. 18
DIE VERBINDUNG VON KÖRPER UND VERSTAND
Die mentale Verfassung eines Tänzers hat enormen Einfluss auf seine körperliche Leistungsfähigkeit und seine Technik. Die grundlegenden Muskelbewegungen mit dem Verstand zu erfassen ist dabei für den Tänzer eine wichtige Voraussetzung dafür. So kann er sich auch vor seinem inneren Auge vorstellen, wie sich eine Bewegung schneller oder klarer ausführen lässt. Das wiederum ist ein wichtiger Schritt für die konkrete Umsetzung in der Praxis. Wie oft üben Sie das Développé? Wie oft spüren Sie dabei eine Art Sperre im Oberschenkel, die Sie daran hindert, Ihr Bein noch höher anzuheben? Nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft, um diese Barriere zu überwinden! Wie könnte es sich anfühlen, wenn Sie Ihre Muskeln optimal beherrschen und Ihr Bein völlig angstfrei heben?
Visualisierung
Um das Training für Tänzer effektiver zu gestalten, ist es durchaus sinnvoll, mit unterschiedlichen mentalen Techniken wie Visualisierung und Simulation zu arbeiten. Diese Techniken rufen Bilder von Positionen und Bewegungsabläufen im Kopf hervor, ohne dass eine Bewegung tatsächlich ausgeführt wird. Durch kontinuierliches Körpertraining kann ein Tänzer damit physiologische Veränderungen erzielen und seine Leistung nach und nach steigern.
In diesem Buch konzentrieren wir uns auf die grundlegenden Visualisierungstechniken. Dabei geht es darum, ausschließlich einfache und positive Bilder zu visualisieren und sich während der Übung ganz auf seine Mitte zu konzentrieren, um unerwünschte Spannungen im Körper abzubauen. Stellen Sie sich vor, was Ihr Körper tun soll – und lassen Sie keinerlei negative Gedanken zu.
Von dem Bewegungspädagogen Eric Franklin, dem Meister der Visualisierung, stammt das wunderbare Bild vom Einpflanzen eines positiven Gedankens, um ihn dann wachsen zu lassen. Nehmen Sie sich täglich etwas Zeit, um an einem ruhigen Ort mit geschlossenen Augen Ihren inneren Bildern nachzuspüren.
Stellen Sie sich die Tänzerin oder den Tänzer vor, der Sie sein möchten und wie Sie sich mit Leichtigkeit und Können bewegen. Konzentrieren Sie sich auf die Klarheit Ihrer Linien und kontrollieren Sie jede Ihrer Kombinationen. Sie sehen es genau vor Ihrem geistigen Auge, Sie hören die Musik – und Sie fühlen, wie Ihr Körper die Sequenzen präzise ausführt. Sie müssen die Bewegungen nur noch real umsetzen. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Technik und trainieren Sie die Verbindung zwischen dem Vorgestellten und Ihrer Muskulatur: Um Ihr Ziel zu erreichen, müssen Sie Körper und Verstand gezielt einsetzen.
Abbau von Spannung
Bleiben wir bei der mentalen Einstellung des Tänzers: Sie beeinflusst das Ergebnis seiner Arbeit wesentlich. Leitet ein Tänzer zum Beispiel eine Pirouette bereits mit Spannung im Oberkörper ein, weil er fürchtet, das Gleichgewicht zu verlieren, wie soll er dann die Drehung perfekt ausführen können? Stellen Sie sich für diesen konkreten Fall viele gelungene Pirouetten um ein stabiles und ruhiges Zentrum vor! Trainieren Sie mental für Ihre perfekte Pirouette und genießen Sie in Ihrer Vorstellung die Drehung – ohne jede Angst vor einem Misserfolg! Atmen Sie dabei ruhig und gleichmäßig und lassen Sie sich in der Bewegung von Ihrem Atemrhythmus leiten.
Die Wissenschaft beschäftigt sich schon seit Längerem mit dem Zusammenhang von Stress und Verletzungsgefahr. Beim Streben nach Perfektion gehen Sportler wie Tänzer oft über ihre Grenzen. Wie im Leistungssport generell, so sind auch beim Tanz Konkurrenzdruck und Versagensangst