Böse Heiler. Ashish Bhalla

Böse Heiler - Ashish Bhalla


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ist es nicht gut.«

      Er schüttelt den Kopf. »Ich habe verdammte Schmerzen wegen dieser beschissenen Magenentzündung. Kurkuma ist eines der besten natürlichen Mittel gegen Entzündungen, das weiß jeder, wahrscheinlich sogar das allerbeste. Also warum soll das beste Kurkuma-Präparat auf dem Markt nicht gut für mich sein?« Um seinen Punkt zu bekräftigen, rammt er die Pillendose auf die Tischplatte, als wolle er sie im Holz versenken.

      Dass er sich aufführt wie ein weidwunder Büffel, ändert nichts an der Sache. »Haben Sie gelesen, was außer Kurkuma noch in diesen Pillen steckt?«

      »Ich bin ja nicht von gestern. Ich informiere mich immer über die Dinge, die ich schlucke. Da ist sonst nur schwarzer Pfeffer drinnen. Natürlicher geht’s nicht.«

      Ich schüttle den Kopf. »Wirklich natürlich ist das nicht mehr. Das ist schwarzer Pfeffer in hoher Konzentration. Vergleichbar mit einem halben Teelöffel Pfefferkörner. Davon schlucken Sie zwei am Tag. Seit Monaten. Und Sie fragen sich, warum Ihre Magenentzündung nicht besser wird?«

      Im ersten Moment weiß Herr Kurböck offenbar nicht recht, was er sagen soll. »Ein Teelöffel Pfefferkörner pro Tag«, murmelt er schließlich und kratzt sich nachdenklich am Kinn. »Der Heilpraktiker hat gesagt, er empfiehlt das allen und bekommt nur positive Rückmeldungen.«

      »Das muss nicht gelogen sein.« Ich erkläre ihm, dass der Pfeffer dafür sorgt, dass der Körper die Kurkuma gut aufnimmt. Dadurch kann sie ihre antientzündliche Wirkung entfalten. Die Menge Pfeffer dazu hält ein normaler Magen eine Zeit lang aus. Aber nicht ein Magen wie seiner. Für ihn ist dieses Präparat Gift. Alles, was die Kurkuma gut macht, macht der Pfeffer bei ihm wieder kaputt. »Daher hätte der Heilpraktiker ausgerechnet Ihnen dieses Produkt ausnahmsweise nicht empfehlen dürfen. Haben Sie ihm gesagt, dass Sie mit dem Magen Probleme haben?«

      Statt einer Antwort ballt Kurböck die Fäuste. »Sechs Monate verdammte Bauchschmerzen«, knurrt er. »Dieser …, er hört von meinem Anwalt.«

      »Rechtlich ist da sicher nichts zu holen«, gebe ich ihm aus Erfahrung zu bedenken. »Wenn Sie sich revanchieren wollen, posten Sie Ihre Geschichte auf Internetseiten, die das Präparat empfehlen. Andere Menschen in Ihrer Situation werden es Ihnen danken.«

      »Mach ich.« Herr Kurböck grinst böse. »Meinen Anwalt schick ich ihm trotzdem. Der Kerl schneidet doch sicher mit, wenn er diese super teuren Pillen empfiehlt. Für genau solche Fälle bin ich rechtsschutzversichert. Das Bauchweh zahl ich ihm heim.«

      Seinem Bauch täte es gut, wenn er lernen würde, sich zu entspannen, anstatt aus Wut in einen wenig aussichtsreichen Krieg zu ziehen. Aber mit ihm darüber zu diskutieren, bringt ihn womöglich noch mehr in Wut. Stattdessen überlege ich kurz neu: Kurkuma passt jetzt gar nicht mehr. Außerdem gehört auch seine Laus, die über die Leber gelaufen ist, beruhigt. Daher verschreibe ich ihm zwei rezeptpflichtige Ayurvedakräuter. Eines soll die Magenschleimhaut regenerieren, das zweite die angestaute Wut reduzieren.

      Ich stelle ihm das Rezept aus und denke, dass sich mit seinem Magen nun auch sein Gemüt ein Stück weit beruhigen wird. Zudem gehe ich genau auf die Ernährung ein und erkläre ihm, welche Getränke und Nahrungsmittel er meiden soll. Bei der Folgekonsultation in zwei Monaten sollte es dann möglich sein, mit ihm über Entspannung zu reden. Bis dahin kann ich mir auch überlegen, welche Art von Entspannung zu ihm passen würde. Zu einer klassischen Meditationsschulung bei Christian kann ich diesen Mann jedenfalls nicht schicken. Kurböck und ruhige, meditative Techniken, das geht bestimmt gar nicht. Aber er könnte von Christian speziell auf ihn abgestimmte aktive Techniken lernen, etwa dynamische, kraftorientierte Yoga-Übungen. Oder ein Walkingprogramm mit einer für seine Konstitution passenden, schnellen Gehtechnik. Das würde ihn auf gelenkschonende Weise fordern und gleichzeitig in innere Balance bringen.

      Manche Alternativmediziner schwören auf ein bestimmtes Mittel und empfehlen es allen ihren Patienten gleichermaßen. Wer das tut, ist meist ein Scharlatan. Es fehlt ihm an Kompetenz. Sie sollten sich vor ihm hüten.

      Zumeist handelt es sich bei diesen vermeintlich für alle Patienten geeigneten Produkten um natürliche Wirkstoffe, die etwas Gutes im Körper bewirken. Oft sind es Vitamine. Manchmal sind es auch exotische Kräuter und Tinkturen, die dieses und jenes im Körper stärken. Solche Wirkstoffe können wir alle brauchen. Das leuchtet doch irgendwie ein. Falsch ist es trotzdem.

      Kurkuma ist ein Beispiel dafür. In jüngerer Zeit ist ein alternativmedizinischer Hype rund um die Kurkuma, zu Deutsch Gelbwurz, zu beobachten. Kurkuma wirkt entzündungshemmend und das finden natürlich alle wunderbar. Denn wer weiß schon, wo im Körper womöglich kleine Entzündungsherde sitzen, die nur darauf warten, richtig in Brand zu geraten. Und womöglich hilft Kurkuma ja auch bei der Beseitigung von Krebszellen.

      Daher ist Kurkuma das Mittel der Wahl für alle, glauben viele. Einzunehmen am besten in hochdosierter Pillenform. Dabei wird nicht bedacht, dass Entzündungen im Körper nicht unbedingt schlecht sind. Entzündungen deuten primär darauf hin, dass das Immunsystem mit etwas kämpft. Es macht nicht unbedingt Sinn, dem eigenen Immunsystem mit hochdosiertem Kurkuma in die Quere zu kommen. Zudem darf Kurkuma vielen Menschen nicht länger als drei Monate gegeben werden, da es nicht nur die Wirkung verliert, sondern auch paradoxe Wirkungen auftreten können. Das will wohl überlegt sein.

      Wenn, dann sollte Kurkuma individuell abgestimmt nur in Kombination mit anderen Pflanzen eingenommen werden, um die Aufnahme durch den Körper zu verbessern. Nicht selten wird Kurkuma mit schwarzem Pfeffer oder ähnlichen Scharfmachern gemischt, weil das ein aus Indien überliefertes Rezept ist. Bei bestimmten Menschentypen kann das allerdings zu Magengeschwüren führen.

      Die landläufige Meinung Vitaminpräparate oder sonstige Nahrungsergänzungsmittel könnten ohne jegliche Bedenken nach dem Motto Nutzt’s-nix-schadt’s-nix eingenommen werden, ist falsch und gefährlich. Am Beispiel von Herrn Kurböck wird deutlich: Nahrungsergänzungsmittel können unserem Körper sehr wohl Schaden zufügen.

      Vielleicht haben Alternativmediziner gute Erfahrungen mit dem bevorzugten Produkt ihrer Wahl gemacht und empfehlen es zumindest anfänglich reinen Herzens. Allerdings ist auch dieses reine Herz geprägt von medizinischem Unwissen.

      Laut Ayurveda und auch laut der Traditionellen Chinesischen Medizin ist es wichtig, Medikamente immer individuell angepasst an den jeweiligen Patienten zusammenzustellen. Schon mehrmals sind Pharmafirmen an mich herangetreten mit der Frage, ob es nicht ein pflanzliches Mittel gebe, das gegen eine häufig auftretende Form von Beschwerde helfe. Mir wurden schon ordentliche Summen geboten für diesbezügliche Ideen. Meine Antwort war jedoch stets dieselbe. Die Beschwerden sind nur das Symptom. Symptome können sich bei verschiedenen Menschen ganz ähnlich anfühlen. Die Symptome sind allerdings nicht das Problem.

      Zum Beispiel ständige Müdigkeit. Das kennen sehr viele Menschen. Aber ein Medikament, das allen Menschen gegen Müdigkeit hilft, kann es nicht geben. Es kann etwas geben, das bei vielen Menschen aufputschend wirkt. Von Kaffee bis Energy Drinks. Aber ursächlich gegen die Müdigkeit hilft das Aufputschen nicht. Eher im Gegenteil wird der Körper in den meisten Fällen zwischen den aufgeputschten Phasen noch mehr in die Müdigkeit fallen.

      Müdigkeit ist ein Symptom, das sehr viele ganz unterschiedliche Ursachen haben kann. Von zu wenig Schlaf, Stress und Burnout über Vitaminmangel bis zu einer unentdeckten andauernden Entzündung, die den Körper viel Kraft kostet. Sogar ein Tumor kann hinter ständiger Müdigkeit stecken.

      Daher ist es sinnlos gegen das Symptom, die Müdigkeit, vorzugehen. Erst muss ich als Arzt die Ursache für die Müdigkeit entdecken. Dann kann ich sie mit bestimmten pflanzlichen Wirkstoffen behandeln. Nur dann kann der Patient individuell von seiner Müdigkeit genesen. Daher kann es gegen das Symptom der Müdigkeit an sich kein Mittel geben, das alle Menschen im Sinne einer echten Heilung von der Müdigkeit befreit. Das Gleiche gilt für die meisten anderen Beschwerden.

      Das alte medizinische Wissen steht also in klarem Widerspruch zum einen Mittel für alle. Alternativmedizinische Produktlinien kopieren trotzdem im Prinzip die Pharmaindustrie. Da werden möglichst massentaugliche Mittel vertrieben, die zu bestimmten Beschwerden, also zu den Symptomen passen. Je häufiger diese Symptome in der Bevölkerung vorkommen, desto


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