Nur Flausen im Kopf? - Jugendliche verstehen. Michael De Boni

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Synapsen in trübem Wasser eine Plattform finden müssen, erzielen sie auch nach einigen Versuchen deutlich schlechtere Ergebnisse als nicht genmanipulierte »kleinhirnige Ratten« (vgl. Abbildungen 1-6 und 1-7).

      Es ist zwar immer etwas spekulativ, wenn man Ergebnisse aus Tierexperimenten auf menschliches Verhalten überträgt, wenn man sich aber ver­gegenwärtigt, dass in der frühen bis mittleren Adoleszenz (mit ca. 12 bis 17 Jahren) die frontalen Hirnregionen noch mit dem Abbau des Neuronen- und Synapsenüberschusses und einem massiven Umbau zu kämpfen haben, sind Phänomene wie Lernschwierigkeiten, Konzentrationsmängel, erhöhte Risikobereitschaft (Gefahren werden nicht gesehen) und ähnliche Erscheinungen in dieser Phase durchaus nachvollziehbar. Wissenschaftler vermuten, dass Störungen im Auslese- und Abbauprozess der Neuronen auch beim Menschen mit emotionalen und sozialen Verhaltensproblemen im Zusammenhang stehen.

      Das Zusammenspiel macht’s aus

      Persönlichkeitsentwicklung und soziales Verhalten sind also wesentlich an die Entwicklung frontaler Hirnregionen gebunden. Man könnte deshalb auch von einem »frontalen Phänomen« sprechen, das sich vor allem während der Phase von der Pubertät bis ins junge Erwachsenenalter bemerkbar macht. Nun sollten aber Hirnregionen in ihrer Funktion nicht isoliert betrachtet werden, weil sie immer nur im Zusammenspiel mit anderen Hirnbereichen verstanden werden können. In besonderem Maße trifft dies auf die frontalen Hirnregionen zu.

      Der wichtigste Mitspieler der frontalen Regionen ist das limbische System. Dabei gilt, vereinfacht ausgedrückt, dass die frontalen Hirnregionen die Impulse aus den tiefer im Gehirn liegenden limbischen Bereichen hemmen, steuern und modulieren. Die Persönlichkeitsentwicklung spiegelt in diesem Sinne den Entwicklungsgrad des Zusammenspiels zwischen tieferen limbischen Strukturen und frontalen Anteilen des limbischen Systems (orbitofrontaler Cortex) wider. Interessanterweise spielen die höheren kognitiven Funktionen des präfrontalen Cortex (oberes Stirnhirn) keine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Handlungsentscheidungen zu treffen. Letzteres ist Sache des limbischen Systems, besonders des unteren Stirnhirns.

      Die Persönlichkeitsstruktur des Menschen wird nach Gerhard Roth hauptsächlich durch das limbische System bestimmt. Dazu gehören Mandelkern (Amygdala), Nucleus accumbens, basales Vorderhirn, Hypothalamus, Hippocampus, vorderer cingulärer Cortex, orbitofrontaler Cortex als wichtigste Regionen. In diesen Regionen sind (emotionale) Erfahrungen gespeichert, hier werden neue Erlebnisse bewertet und mit früheren Ereignissen verglichen, hier werden auch Handlungsentwürfe entwickelt, die friedfertig oder aggressiv sein können.

      Das limbische System ist also maßgeblich an emotionalen, affektiven und motivationalen Prozessen beteiligt. In dieser Hinsicht ist es diejenige Hirnregion, die hauptsächlich bestimmt, ob Lernen positiv erlebt wird. Bei einer positiven Bewertung ist somit Lernerfolg weit wahrscheinlicher.

      In Abbildung 1-9 (Seite 23) sind die wichtigsten Regionen des limbischen Systems abgebildet (Nr. 1 bis 3). Dieses schickt seine Belohnungserwartungen, Bewertungen, Ängste, Antriebe und Impulse an die frontalen Regionen des Gehirns. Diese neuronalen Erregungen enthalten bereits eine Art Vorbewertung der auszuführenden Handlungen, weil sie mit Erinnerungen an in ähnlichen Situationen erlebte Gefühle verknüpft sind. Das Phänomen ist uns aus dem Alltag bekannt – wenn wir zum Beispiel etwas tun, dessen Ausgang wir nicht abschätzen können, und trotzdem »ein gutes Gefühl« haben, eine innere Gewissheit, dass es gelingen wird.

      Die Regionen des orbitofrontalen Gehirns sind ihrerseits zuständig für die Risikoeinschätzung und die Regionen des präfrontalen Cortex für die Fehlerkontrolle, also letztlich allgemein für die »soziale Verträglichkeit« der Handlungen.

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      Das limbische System und seine Neuromodulatoren

      Nach Gerhard Roth (2003) ist das limbische System das zentrale Bewertungssystem im Gehirn. Es bewertet alles, was wir tun, nach gut, erfolgreich, lustvoll bzw. schlecht, erfolglos, schmerzlich und speichert die Resultate dieser Bewertung ab. Diese Regionen mit ihren unbewussten Bewertungsprozessen nehmen bereits im Mutterleib ihre Arbeit auf und führen sie in den ersten Lebensjahren fort, also früher, als die bewussten Hirnprozesse einsetzen – wie die Ich-Prozesse und das bewusste Planen, die erst ab dem vierten Lebensjahr funktionstüchtig werden. Das Verhältnis eines Individuums zu sich, zur Welt und zu anderen Menschen und die grundlegenden Verhaltensprinzipien, also Charakter und Persönlichkeit, formen sich weitgehend unbewusst und bilden den Rahmen, in dem spätere Erfahrungen gemacht werden. Dieser Prozess ist im Erwachsenenalter weitgehend selbststabilisierend. Es werden in aller Regel diejenigen Erfahrungen angeeignet, die bereits bestehende Erfahrungen bestärken. Je weiter die psychische Entwicklung fortgeschritten ist, desto schwieriger wird es, diese Grundeinstellungen noch zu ändern. Dies bedeutet für die Erziehungsaufgabe, möglichst früh, also bereits bei Kleinkindern, altersgemäße Situationen zu schaffen, die das Kind in seiner Entwicklung unterstützen und fördern.

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      Die langsame Reifung der frontalen Bereiche

      Die orbitofrontalen, präfrontalen und cingulären Bereiche des Gehirns reifen langsamer als andere Areale, sodass die Exekutivfunktionen (vgl. Seite 14) aufgrund des verzögerten Reifungsprozesses während der Kindheit und Jugendphase nicht immer oder nur abgeschwächt zur Verfügung stehen.

      Diese Tatsache ist aber nicht nur negativ zu werten, sie birgt auch Chancen. Für Eltern und Lehrpersonen bedeutet


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