Praktiken professioneller Lehrpersonen (E-Book). Urban Fraefel

Praktiken professioneller Lehrpersonen (E-Book) - Urban Fraefel


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um in der Situation adäquat und professionell zu handeln. Und deshalb – es sei nochmals betont – ist es so wichtig, dass professionelle Praktiken geübt werden.

      12. Gute Praktiken verhelfen zu Bildungserfolg

      Last but not least: Nicht alle Praktiken haben Qualität. Es gibt auch suboptimale oder sogar schädliche Praktiken. Manche Praktiken sind Handlungsmuster, die nicht bewusst gestalten wurden, sondern sich mit zunehmender Routine gebildet haben. Es kann sein, dass sie überhaupt nicht zielführend sind. Vielleicht unterstützen sie die Lehrperson in der Bewältigung des Alltags, aber sie können auch unprofessionell und kontraproduktiv sein. Die entscheidende Frage ist: Helfen die Praktiken den Lehrpersonen, ihre Aufgaben möglichst gut und professionell zu erfüllen? Und vor allem: Tragen sie dazu bei, dass die Schülerinnen und Schülern weiterkommen? Wer Praktiken mit diesen Fragen weiterentwickelt, ist auf dem richtigen Weg zu einer professionellen Lehrperson.

Aktivitäten und Anregungen
Haben Sie schon eine Vorstellung, was «Praktiken» sind?ImitationslernenEine zentrale Praktik
Lesen Sie nochmals die Definition unter 5. und beschreiben Sie in wenigen Stichworten den Unterschied zwischen Praktiken und …«Lernen am Modell» ist eine alltägliche Strategie, um Dinge zu lernen. Es fragt sich, ob es auch reicht, jene Lehrpersonen zu imitieren, die man in bester Erinnerung hat. Ihre Meinung dazu:Eine zentrale Praktik Stellen Sie sich eine Praktik vor, die Ihnen persönlich besonders zentral erscheint – welche ist es?
… KompetenzenNennen Sie einige Kennzeichen dieser Praktik.
… Wissen… Routinen… RezeptenStellen Sie dieselbe Frage bezüglich anderer Berufe wie z. B. Wirtin, Bauer, Ärztin, Pilot, Klavierlehrerin …

      Kapitel 2

      So arbeiten Sie erfolgreich mit diesem Buch

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      Das vorliegende Buch richtet sich in erster Linie an angehende und berufstätige Lehrpersonen, aber auch an Fachleute der Lehrpersonenbildung, die den Aufbau guter Praktiken aktiv unterstützen.

      Dieses Kapitel verdeutlicht, dass das Buch einen Impulscharakter hat und vor allem dann Wirkung entfaltet, wenn damit aktiv und engagiert gearbeitet wird.

      1. Engagement hilft

      Wer als Lehrperson besser werden will, engagiert sich. Zahllose Studien und Erfahrungen haben belegt, dass Fortschritte dann am wahrscheinlichsten sind, wenn sie mit Engagement angestrebt werden.

      Deshalb wird dieses Buch mehr Wirkung zeigen, wenn Sie den Willen entwickeln, etwas zu verändern und als Lehrperson besser zu werden. Dieses Buch macht dazu einen konkreten Vorschlag: Schauen Sie Ihre gegenwärtigen Praktiken an, verbessern Sie sie und setzen Sie sie gekonnt ein im Dienste Ihres beruflichen Erfolgs.

      2. Dies ist kein Lehrbuch

      Allen Lehrbüchern zur Lehrpersonenbildung ist gemeinsam, dass sie einen Wissensbestand verständlich strukturieren und zugänglich machen wollen. Ein Lehrbuch durchzuarbeiten, heisst, den Gedankengängen der Autorinnen und Autoren zu folgen und die Sachverhalte und Konzepte zu verstehen. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden.

      Dieses Buch jedoch strebt keinen vollständigen Überblick über relevantes Wissen an, auch wenn es zahlreiche Verweise, Zitate und Zusammenfassungen zu nützlichem Fachwissen enthält. Das Buch ist nicht als Konkurrenz zu anderen Quellen der Lehrpersonenbildung zu verstehen, im Gegenteil. Es knüpft an die Wissensbestände an, die den Studierenden und Lehrpersonen grundsätzlich auch andernorts zur Verfügung stehen.

      3. Dies ist ein Arbeitsbuch

      Dies ist also kein Lehrbuch, sondern ein Arbeitsbuch. Lesen allein reicht nicht. Zahlreiche Aufträge und Anregungen werden Sie auffordern, etwas zu tun, also aktiv zu werden. So rezipieren Sie nicht nur, Sie gestalten. Die Absicht ist immer, Sie anzuregen, dass Sie sich mit allem befassen, was Ihre Praktiken als Lehrperson verbessern kann.

      Überblättern Sie die gelb unterlegten «Aktivitäten und Anregungen» zur Verarbeitung nicht, sondern nehmen Sie sich dafür Zeit. Dieses Arbeitsbuch kann Sie vor allem dann weiterbringen, wenn Sie sich auf die Vorschläge einlassen und sich in gewisser Weise auch von ihnen leiten lassen. Am Ende längerer Abschnitte finden Sie solche «Aktivitäten und Anregungen».

      Und blättern Sie immer wieder zurück. Manches erhellt sich erst auf den zweiten oder dritten Blick, manche Zusammenhänge erkennen Sie erst im Nachhinein.

      4. Tiefer graben

      Eine produktive Auseinandersetzung geht über die Texte und Anregungen dieses Buchs hinaus. Fangen Sie mit den Impulsen etwas an. Ergreifen Sie die Initiative und recherchieren Sie weiter. So sind z. B. viele Konzepte nur in kurzen Zusammenfassungen dargestellt. Suchen Sie ausführlichere Beschreibungen und auch kontroverse Diskussionen. Identifizieren Sie Bezüge in den Skripten von Veranstaltungen oder in Lehrbüchern oder suchen Sie dazu Online-Quellen. Fragen Sie Fachleute – z. B. Dozierende oder kompetente Kolleginnen und Kollegen. Mit anderen Worten: Entwickeln Sie eine hohe kognitive Aktivität.

      5. Keine Praktiken ohne Praxis!

      Um Praktiken zu entwickeln, brauchen Sie Praxis. Verbinden Sie deshalb die Anregungen des Buches auch mit praktischer Tätigkeit in Schule und Unterricht – für Studierende v. a. in einem Schulpraktikum, aber auch in Anstellungen an einer Schule. Das Buch wird vor allem dann Wirkung zeigen, wenn Sie die Verbindungen in beide Richtungen herstellen – vom gedanklichen Vorbereiten in das praktische Handeln und umgekehrt: von der Erfahrung zum Nachdenken.

      Die Erfahrung ist eine sehr wichtige, ernstzunehmende Quelle. «Erfahrungen machen» ist mehr als blosses Handeln. Es geht auch darum, über das Handeln nachzudenken, es zu analysieren. «Analyse» bedeutet, das Erlebte zu befragen und daraus zu lernen: Wie konnte ich etwas umsetzen? Wie haben die Schülerinnen und Schüler reagiert? Hat es sie weitergebracht? Wann genau sind die Schwierigkeiten aufgetreten, und was könnte der Grund sein? Wie könnte ich eine verfahrene Situation deblockieren? Wie müsste ich es anders machen? usw.

      6. Ein eigenes Handbuch schreiben

      Gedanken sind flüchtig. Schreiben Sie sie auf und visualisieren Sie. Verwenden Sie dazu das Medium Ihrer Wahl; das kann ganz konventionell ein Heft oder ein leeres Notizbuch sein, oder eine Sammlung von losen Blättern, Ihr Tablet oder irgendein anderes digitales Medium. Schonen Sie auch das Buch nicht und schreiben Sie hinein. Wenn Sie zurzeit die Lehrpersonenbildung durchlaufen, verfassen Sie vielleicht ein Portfolio. Nutzen Sie dieses als Ablage für Notizen, Skizzen und Überblicke.

      Das Ziel ist Ihr eigenes Handbuch. Es enthält erfolgreiche Vorgehensweisen, bemerkenswerte Sachverhalte, interessante Befunde, die wesentlichen Erkenntnisse, Erfahrungen, Checklisten, Bezüge, Hinweise, Varianten, Folgerungen, Konzepte usw. zu Ihren Praktiken als Lehrperson. Und: Schreiben und gestalten Sie so, dass Sie es gerne wieder lesen würden. Schreiben und gestalten Sie so, dass Sie denken, es wird Ihnen später nützen und Sie anregen.

      7. Verbinden Sie Erlebtes, Gelesenes und Gedachtes zu einem Cluster

      Das Wissen zum Lehrberuf setzt sich aus sehr vielen Elementen zusammen. Es hat zwar hilfreiche Versuche gegeben, das Berufswissen zu ordnen (angefangen bei Shulman, 1986), was aber nichts an seiner Weitläufigkeit ändert. Letztlich nützt das Wissen nur, wenn die einzelne Lehrperson es in sich aufnimmt und es vielfältig verknüpft. Oder anders ausgedrückt: Nur internalisiertes Wissen kann beruflich wirksam werden.

      Die Wissensquellen sind einerseits Gelesenes und Gedachtes, anderseits auch Erlebtes, also bewusste Erfahrungen. Wie ein Schwamm all


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