Kinder sicher im Internet. Geyrhofer Alexander

Kinder sicher im Internet - Geyrhofer Alexander


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      Aus der Praxis

      Dort wurde im Werkunterricht ein Handysafe gebaut. Ein Kasten, der im Prinzip aussieht wie das mehrreihige Schlüsselbrett eines Hotelportiers. Mit durchnummerierten Stellplätzen pro Handy. Installiert wurde der Handysafe im Klassenzimmer. Gleich neben der Tür.

      Dazu schriftlich festgehalten und von jedem Schüler unterschrieben eine Vereinbarung, die das Verhalten rund um das Smartphone regelt. Die besagt mitunter: Vor Unterrichtsbeginn steckt jeder sein zuvor ausgeschaltetes Gerät in den Safe. Alle im Raum, ob Lehrer, ob Schüler, können mit einem Blick überprüfen, ob Anzahl der Handys und Anzahl der Anwesenden übereinstimmen. Der Unterricht kann beginnen. Wird das Smartphone dafür benötigt, ist es auf Aufforderung rasch zur Hand. Zum Beispiel bei Teamarbeiten, um im Internet zu recherchieren.

      Natürlich könnten Sie als findige Leser nun anmerken: Was ist, wenn jemand bloß einen Dummy in den Handysafe steckt? Oder ein Altgerät, das eigentlich längst in der Ö3-Wundertüte hätte landen sollen?

      Solche Fälle gab es laut Schulleitung auch. Allerdings vereinzelt. Und nur zu Beginn der Aktion. Wie auch, dass ein Handy nicht ausgeschaltet war und plötzlich zu klingeln begann. Für diese Eventualitäten gab es ebenfalls eine Vereinbarung im Rahmen dieses mit »Die handyfreundliche Schule« übertitelten Vertrages:

      »Bei Verstoß gegen den Schüler-Lehrer-Vertrag (Dummy oder Läuten) muss der/die Betreffende am Folgetag Kuchen für alle mitbringen.«

      Anfangs, wurde mir versichert, war der Kuchenverzehr noch einigermaßen rege, doch schon bald pendelte sich das Maß auf zweimal im Jahr ein. Gerade so oft, dass die Leckerbissen für alle eine willkommene, süße Abwechslung waren.

      Übrigens: Rein rechtlich ist diese Vereinbarung ebenfalls auf der sicheren Seite. Sie erfolgte von allen Seiten freiwillig und im Rahmen der Hausordnung.

      DAS PHÄNOMEN SEXTING

      Ein Nacktbild für den liebsten Menschen auf der Welt – was ist schon dabei? Er oder sie kennt mich ohnedies nackt? Wenn die Liebe zerbricht, folgt oftmals das bitterböse Erwachen. Weil wir viel zu sorglos mit Bildern unserer selbst umgehen.

      Haben Sie diesen Begriff zuvor schon einmal gehört?

      Natürlich, das Wort legt gleich einmal nahe, womit es zu tun hat. Per Definition handelt es sich bei Sexting nämlich darum:

      Private Kommunikation über sexuelle Themen per Mobile-Messaging.

      Das klingt noch einigermaßen harmlos. Es könnten ja die rein privaten Angelegenheiten zweier erwachsener, eng vertrauter Menschen sein.

      Im engeren Sinne heißt Sexting »Dirtytalk« zur gegenseitigen Erregung.

      Das trifft es immer noch lange nicht, denn die Wahrheit ist: Sexting ist ein Phänomen, dessen Folgen sehr viel weitreichender sind, als die meisten annehmen würden.

      Saferinternet Österreich, eine von der EU geförderte Initiative für den sicheren, kompetenten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien, hat dazu eine Studie gemacht. Fünfhundert Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren wurden mit diesen Fragen konfrontiert:

      »Kennst du jemanden, der Nacktaufnahmen von sich an andere verschickt hat?«

      Jeder Zweite (51 Prozent) sagte: Ja.

      »Hast du selbst schon Nacktaufnahmen geschickt bekommen?«

      Jeder Dritte (31 Prozent) sagte: Ja.

      »Hast du selbst schon Nacktaufnahmen von dir gemacht?«

      Jeder Sechste (16 Prozent) sagte: Ja.

      Bei den Burschen war überhaupt fast jeder Vierte (23 Prozent) der Meinung, dass Nacktfotos zum Flirten dazugehörten. Die Mädchen übten sich da in viel größerer Zurückhaltung – nur drei Prozent sahen das so. Innerhalb einer Beziehung jedoch – wenn man sich vertraut – waren bei den Mädchen ein Drittel (34 Prozent) und bei den Burschen fast die Hälfte (43 Prozent) der Meinung, dass das schon in Ordnung wäre.

      Aus der Praxis

      Anna ist 15 Jahre alt und sehr verliebt. Ihr Freund Konstantin ist zwei Jahre älter. Sie sind seit ein paar Monaten fix zusammen, wie es so schön heißt. Sie lieben einander über alles.

      Als Konstantin für einige Zeit beruflich – er ist Lehrling – ins Ausland muss, reißt die Kommunikation natürlich nicht ab. Über WhatsApp wird heiß geflirtet. Und nicht nur das. Es kommt zwischen den beiden zum Dirtytalk.

      Anna lässt sich nach anfänglichem Zögern von Konstantin überreden, Nacktbilder von sich an ihn zu schicken. In sehr verfänglicher Pose. Sie zeigt sich mit gespreizten Beinen. Sowohl Geschlechtsbereich als auch Brüste des Mädchens sind klar zu erkennen. Auch Annas Gesicht ist gut zu sehen.

      Monate später kommt es, wie es eben bei so jungen Liebenden meist kommt: Die Beziehung geht in die Brüche. Anna lernt sehr rasch einen anderen Burschen kennen und verliebt sich nun Hals über Kopf in ihn. Konstantin kommt damit so gar nicht klar. Was tut er? Grenzenlos enttäuscht, aber auch wütend vor Eifersucht, eröffnet er auf Facebook ein Fake-Profil. Mit dem richtigen Namen seiner Ex-Freundin Anna. Doch damit nicht genug. Als Profil-Bild stellt er Annas Nacktfoto ins Netz. In kürzester Zeit trudeln jede Menge Likes ein. Dazu natürlich entsprechende Kommentare. Bis Anna davon Wind bekommt, vergehen einige Tage.

      Sexting – Was sagt das Gesetz?

      In vielen Ländern ist die Gesetzeslage eindeutig: In Österreich beispielsweise handelt es sich hierbei um den Straftatbestand der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 2071 StGB (Strafgesetzbuch), im landläufigen Sprachgebrauch also darum: Kinderpornografie.

      In diesem Fall war es verhältnismäßig einfach, den Täter dafür zur Verantwortung zu ziehen und auch dafür zu sorgen, dass das Fake-Profil aus dem Netz genommen wurde. Völlig unklar blieb jedoch, wie viele User sich das Bild in der Zwischenzeit womöglich heruntergeladen hatten (womit sie sie ebenfalls strafbar gemacht hätten) und wofür sie dieses Bild dann verwendeten.

      Aber was tun, wenn man nicht weiß, wer der Täter ist?

      Aus der Praxis

      Mit diesem Fall wurde ich selbst konfrontiert. Ein erst 14 Jahre altes Mädchen aus der Steiermark war das Opfer. Bis über beide Ohren in einen Schulkollegen verknallt und blind vor jugendlicher Verliebtheit, ließ sie sich von ihm überreden, Gegenstände in ihre Vagina einzuführen – und sich dabei auch noch zu filmen. Dann schickte sie dem Angebeteten das Video. Mit fatalen Folgen.

      Der Schulkollege sandte das Video via WhatsApp seinem besten Freund. Der wiederum an eine Klassenkollegin der 14-Jährigen. Blitzartig war das Video im gesamten Klassenverband bekannt, letzten Endes sogar in der gesamten Schule. Der einzige, jedoch schwache Trost für das am Boden zerstörte Mädchen: Es war auf dem Video nicht erkennbar. Doch die Gerüchte, um wen es sich handelte, hielten sich natürlich hartnäckig.

      Die verzweifelte Mutter der Schülerin rief mich an. »Was soll ich tun?«

      »Anzeigen. Und zwar sofort.«

      So geschah es dann auch. Zusätzlich startete die Direktion eine Aufklärungskampagne für alle Schülerinnen und Schüler. Immerhin handelte es sich vor dem Gesetz genau darum: Kinderpornografie.

Tipp In so einem Fall ist
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