Partnerschaftliche Rollenteilung - ein Erfolgsmodell. Margret Bürgisser
sie das machen können«, berichtet er, »betrachten sie nicht als selbstverständlich, auch wenn sie vergleichen mit Kindern, denen es – vom Elternhaus her – nicht so gut geht.«
Prägungen durch die Eltern Die Kinder haben – wie Corinne betont – auch praktische Fähigkeiten von ihren Eltern erlernt. »Diese Selbstverständlichkeit, wie sie sich in Wohngemeinschaften einbringen und sich organisieren und austauschen, da haben sie sicherlich vieles von uns und von der Art, wie sie aufgewachsen sind, mitbekommen.« Sie wurden in früheren Jahren regelmäßig und selbstverantwortlich zur Hausarbeit herangezogen. Es gab einen Aufgabenplan, mit dem ihre Mitarbeit eingefordert wurde. Wer mehrfach dagegen verstieß, musste einen Kuchen backen, woran letztlich alle ihre Freude hatten.
Bezüglich handwerklicher Fähigkeiten wurden die Kinder vor allem von Dani gefördert. Bigna hat von ihm gelernt, ein Velo zu reparieren. Und als Florian nach Genf zog, schickte er Dani eine Anfrage per SMS: »Papa, wie muss ich meine Lederjacke behandeln, damit sie schön bleibt?»
Zufriedenheit mit der partnerschaftlichen Rollenteilung Die Frage, ob sie die egalitäre Rollenteilung wieder wählen würden, auch in der heutigen Zeit, wird von Corinne und Dani mit einem überzeugten Ja beantwortet. Sie hatten sich bei der Familiengründung gewünscht, viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Darum starteten sie mit einem Halbe-Halbe-Modell, d. h. zwei 50-Prozent-Pensen, und teilten die Kinderbetreuung auf. Das stand im Gegensatz zu ihren Herkunftsfamilien, wo traditionelle Rollenvorstellungen dominierten. Corinne und Dani setzten ihren Plan, die Rollen zu teilen, konsequent um. Dank Kooperationen mit Freunden und Nachbarn (Kindertausch, Mittagstisch usw.) waren sie recht flexibel und hatten auch die Möglichkeit, eigene Beziehungen und Hobbys zu pflegen. Dani spielt ab und zu an Konzerten Schlagzeug und organisiert(e) in einem Kleintheater auch Jazzkonzerte. Corinne spielt Querflöte, singt in einem Chor mit, ist in verschiedenen Vereinen aktiv und engagiert(e) sich auch an diversen Quartieraktivitäten.
Kinderbetreuung Familienergänzende Kinderbetreuung war für Corinne und Dani früher keine Option, obwohl sie gut fanden, dass es sie gab. Im heutigen Umfeld würden sie sich allerdings überlegen, die Kinder zeitweise in eine Kita zu geben. Das Angebot habe sich – auch in den Schulen – so gut entwickelt, dass dies eine prüfenswerte Option wäre. Corinne begrüßt es, »dass es heute gute außerfamiliäre Betreuungen gibt. Aber es ist schade, wenn die Zeit dabei verloren geht, in der die Eltern mit den Kindern den Alltag leben können. Ich finde, dass die Entwicklung mehr in die Richtung gehen sollte, dass Eltern mehr Ferien und Freiräume haben, um Zeit mit Kindern zu gestalten.« Auch Dani äußert sich skeptisch gegenüber Paaren, die 80 und 100 Prozent arbeiten und die Kinder fast vollständig fremdbetreuen lassen. Diese kommen ihm jeweils wie »Anhängsel« vor.
Akzeptanz der Teilzeitväter Dani hat als junger Vater oft erlebt, dass er auf dem Spielplatz der einzige Mann unter vielen Frauen war – keine einfache Erfahrung. Corinne wurde von Kolleginnen und Nachbarinnen um ihren Mann beneidet. Im Familienkreis gab man ihr hingegen lange zu verstehen, eigentlich wäre doch sie für die Kinder verantwortlich. Doch die Zeit hat zu ihren Gunsten gearbeitet – heute ist ihr Modell auf privater Ebene weitgehend akzeptiert. Im gesellschaftlichen Bereich würden sich Corinne und Dani noch familienfreundlichere Strukturen wünschen. Dani findet, die Firmen sollten mehr Teilzeitstellen anbieten. Corinne denkt, »die Männer sollten mehr Unterstützung bekommen, damit sie als Väter wirklich zu Hause engagiert sein können. Heutzutage hat der Beruf wieder einen so hohen Stellenwert. Der Stress ist gestiegen, und es ist darum für viele schwierig.«
Ausblick und Rückblick Corinne und Dani haben mit partnerschaftlicher Rollenteilung gute Erfahrungen gemacht und das Modell immer wieder an wechselnde Bedürfnisse anpassen können. Bis zur Pensionierung darf es gerne so weitergehen. Dani hätte die Möglichkeit, mit 63 in Pension zu gehen, möchte aber lieber bis 65 weiterarbeiten. Er begründet es damit, dass er lange 50 Prozent gearbeitet und entsprechend wenig in die Pensionskasse einbezahlt habe. Zudem arbeite er auch gerne im Museum. Für Corinne, als Selbstständigerwerbende, stellt sich die Frage der Pensionierung noch nicht konkret – sie kann den Zeitpunkt ja selbst festlegen.
Die Bilanz bezüglich Partnerschaft und Rollenteilung fällt rundum positiv aus. Corinne stellt bei ihnen als Paar, aber auch als Familie eine große Zufriedenheit fest. »Wir haben uns für dieses Modell entschieden und alle damit gewonnen. Ich würde es wieder so machen, eindeutig.« Auch Dani teilt ihre Meinung. So stoße ich mit den beiden bei Spargeln, Schinken und Salat auf das Erreichte und ihre weitere Zukunft an. Sie haben Mutiges gewagt und, wie mir scheint, auf der ganzen Linie Erfolg gehabt.
CORINA ELMER UND MARKUS BRANDENBERG
»Sie finden es toll, dass ich die Zeit hatte, um mit ihnen zu spielen«
Seit über zwanzig Jahren praktizieren Corina Elmer (55) und Markus Brandenberg (59) eine partnerschaftliche Rollenteilung. Diese hat im Zeitverlauf allerdings gewisse Änderungen erfahren.
Rollenteilung und Hausarbeit Seit die Söhne nicht mehr zu Hause leben, hat sich der Aufwand für Hausarbeiten massiv reduziert. Was es im Haushalt zu tun gibt – beide lieben das Haushalten nicht besonders –, teilen Corina und Markus partnerschaftlich auf. Nach wie vor werden sie auch von einer Putzfrau entlastet. »Wenn wir die jetzige Situation betrachten«, erklärt Markus, »ist das Haushaltsmanagement ein kleiner Teil. Es ist waschen, putzen und das Wichtigste einkaufen. Ich finde, dass wir mit einem Minimum auskommen.« Corina ergänzt: »Man schaut, ob genügend Lebensmittel zu Hause sind, und überlegt sich, ob der andere auch etwas zu essen hat, wenn er nach Hause kommt. (Zu ihm) Du hast dich über die letzten Jahre zu einem veritablen Meisterkoch entwickelt, und ich profitiere sehr davon.«
Die früheren Konflikte – unterschiedliche Ansichten bezüglich Haushalts- und Erziehungsstandards – haben stark abgenommen. »Es war phasenweise eine Herausforderung«, erzählt Corina. (Zu ihm) »Du bist ein Mann, der sehr dezidierte und klare Vorstellungen davon hat, wie die Erziehung vor sich geht und wie die Familie aufgestellt ist.« Sie hatte oft Mühe, das zu akzeptieren. »Bezüglich der Erziehungsfragen haben wir uns immer gestritten. Das hatte mit unseren Persönlichkeiten zu tun.«
Zufriedenheit mit dem egalitären Rollenmodell Die Frage, ob sie das egalitäre Modell wieder wählen würden, beantworten beide mit einem überzeugten Ja. »Ich finde es immer noch sehr gut und bin stolz darauf, dass wir es geschafft haben«, bilanziert Corina. Markus teilt ihre Meinung. »Ich finde das Modell super und würde alles wieder genauso machen. Es war eine direkte Folge des Modells, dass mich unsere Kinder erlebt haben und ich viel mit ihnen unternehmen konnte.«
Das Paar würde sich erneut für das egalitäre Modell entscheiden, dabei aber mehr familienergänzende Kinderbetreuung in Anspruch nehmen. Corina bedauert, »dass wir die Kinder nicht zwei Tage in die Krippe gebracht haben. Dadurch hätten wir mehr Luft gehabt. Und den Kindern tut das gut. Sie sind mit anderen Kindern zusammen und lernen, sich in eine Gruppe zu integrieren. Es gibt super Kitas, die professionell geführt werden und qualitativ gut sind.«
Erwerbsarbeit und berufliche Zufriedenheit Markus arbeitet seit Längerem als Co-Leiter des Bereichs Vorschule an einer pädagogischen Hochschule. Sein Job gefällt ihm gut, weil die PH ein dynamisches Arbeitsfeld ist, das ihn durch diverse Umstrukturierungen immer wieder herausgefordert hat. »Ich empfinde meine Aufgabe als reichhaltig und spannend. Sie bringt mich mit interessanten Leuten in Kontakt.« Gleichzeitig kritisiert Brandenberg die zunehmende Ökonomisierung der Bildungslandschaft. »Im Bildungswesen wird ein zunehmender Einfluss von Finanzleuten, Controllern und nicht bildungsnahen Managern spürbar. Ich habe Mühe, das zu akzeptieren.« Brandenberg arbeitet aktuell 80 Prozent und will dies bis zu seiner Pensionierung beibehalten »Ich möchte die nächsten fünfeinhalb Jahre, bis zu meiner Pensionierung, auch noch hierbleiben. Es kann jedoch sein, dass ich meine Leitungsaufgabe irgendwann abgeben und wieder mehr fachlich arbeiten werde.«
Corina Elmer hat bis 2013 als Co-Leiterin der Fachstelle Limita gearbeitet, die sich für die Prävention von sexueller Ausbeutung einsetzt. Seit zwei Jahren ist sie Leiterin eines Kita-Verbunds der Stiftung GFZ und arbeitet 70 Prozent.[9] »Es ist ein