Unser Schrebergarten für Dummies. Christa Pöppelmann
einem Wohn- oder Ferienhaus verbunden.
eine Nutzfläche, auf der (auch) Obst und Gemüse angebaut wird.
ein Erholungsgrundstück, auf dem nur für den Eigenbedarf gegärtnert wird.
Vielleicht rollen Sie jetzt mit den Augen und empfinden es als typisch deutsch, dass hier sogar ein privates Gartengrundstück gesetzlich definiert werden muss. Aber da spielt zum einen die öffentliche Raumplanung eine Rolle, die etwa Wohnviertel, Industriegebiete und eben auch Gartenland ausweist. Zum anderen aber gilt die Definition von Kleingärten Gartengrundstücken, die von staatlicher Seite gefördert werden. Und der Grund für diese Förderung liegt darin, dass man es als gesamtgesellschaftlich nutzbringend ansieht, wenn Stadtbewohner die Möglichkeit bekommen, sich in frischer Luft bei einer gesunden Tätigkeit wie dem Gärtnern zu erholen, und dabei auch noch durch die Erzeugung frischer Nahrungsmittel ihren Speisezettel aufbessern und die Haushaltskasse schonen.
Klingt ein wenig nach »anno Tobak«? Nun, da hat die Kleingartenbewegung auch ihre Wurzeln. Doch auch heute noch sind Kleingartenvereine, die die Verpachtung von Gartengrundstücken gemäß Bundeskleingartengesetz vermitteln, die erste Anlaufstelle für die meisten Schrebergartenfans. Begleiten Sie mich zum besseren Verständnis deshalb auf einen kleinen Abstecher in die Geschichte, bevor es wieder um die Schrebergärten von heute geht – und wie man einen ergattert.
Ein Missverständnis namens Schreber
Entgegen ihrem Namen wurden die Schrebergärten nicht von Moritz Schreber erfunden. Eigentlich hat der sogar ziemlich wenig mit ihnen zu tun.
Moritz Schreber lebte von 1808 bis 1861 als Arzt in Leipzig und war Leiter einer orthopädischen Heilanstalt. Dort traktierte er seine Patienten mit zahlreichen recht schauerlich anmutenden Apparaten und Kaltwasseranwendungen. Auch sonst war er wenig zimperlich und hielt etwa Schläge für eine angebrachte Erziehungsmethode. Andererseits erkannte er völlig richtig, dass Kinder, gerade jene, die in städtischen Elendsquartieren aufwachsen, unbedingt Bewegung an der frischen Luft brauchen, um sich gesund zu entwickeln.
Aber der Reihe nach: Die Wurzeln der Kleingartenbewegung liegen im 18. Jahrhundert. Es gibt zwei:
1 Damals kam es bei gut situierten Familien in Mode, sich vor den Toren der Stadt ein Sommerhäuschen mit Garten zu leisten. Auch Schiller und Goethe hatten beispielsweise Gartenhäuser, die ihnen sehr viel bedeuteten. In England wurde dieses private Gartenglück teils in großem Stil organisiert. 1731 entstand etwa in Birmingham die Initiative der Guinee-Gärten. Parzellen von etwa 250 Quadratmetern wurden von den privaten Eigentümern gegen eine Guinee Pacht als Sommergärten vermietet. (Im Stadtteil Edgbaston haben sich einige bis heute gehalten: www.facebook.com/guineagardens
.)
2 Etwas später, um 1760, begannen englische Sozialreformer die Idee zu propagieren, armen Familien anstatt traditioneller Fürsorgeleistungen lieber ein Stück Gartenland zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise, so die Vorstellung, könnten sie sich durch eigener Hände Arbeit ernähren und würden vor Verwahrlosung, Kriminalität oder der Flucht in die Industriestädte bewahrt.
Auch in der deutschen Kleingartenbewegung lassen sich diese beiden Wurzeln finden. Sogar nah beieinander: in Kappeln an der Schlei. Dort hob gegen Ende des 18. Jahrhunderts Carl, (nur dem Namen nach) Landgraf von Hessen-Kassel und (in der Praxis) dänischer Statthalter von Schleswig und Holstein, die immer noch übliche Leibeigenschaft auf (womit er ein paar Jahrzehnte früher dran war als andere Landesfürsten). Damit aber stellte sich die Frage: Was sollte nun aus den besitzlosen Landarbeitern werden?
Auf Bitten des örtlichen Armenvorstehers ließ der Landgraf auf seinem Gut Kappeln die ersten Kleingärten für notleidende Familien anlegen.
Später stellte er auch noch Gartenland für die »Normalbürger« von Kappeln zur Verfügung. Die Vorschriften, die er zur Bewirtschaftung der Carlsgärten erließ, stellen so etwas wie die erste Kleingartenordnung dar.
Im Jahr 1814 ließ auch der Kappelner Pastor Friedrich Christian Heinrich Schröder Kirchenland für bedürftige Familien parzellieren. Aber im Gegensatz zu Landgraf Carl verpachtete er die Gärten nicht einzeln, sondern forderte die künftigen Pächter auf, sich in einem Verein zu organisieren. Der Pfarrer verpachtete das Land dann an diesen Verein, der die Einzelverpachtung und alles Weitere organisierte. So entstand der erste Kleingartenverein.
In der Folgezeit griff vor allem die Idee der Sozialgärten um sich. In ganz Westeuropa ließen Städte und Gemeinden auf brachliegendem kommunalem Land Armen- oder Arbeitergärten anlegen. Auch die Stadt Leipzig hatte 1833 bereits 100 Parzellen am Sandtor.
Und Schreber? 1864 griff einer seiner Freunde, der reformfreudige Leipziger Schuldirektor Ernst Innozenz Hauschild, Schrebers Anregung auf, dass sich Kinder an der frischen Luft bewegen müssen. Zusammen mit den Müttern und Vätern seiner Schüler (die allerdings aus dem Bürgertum, nicht aus prekären Verhältnissen stammten) richtete er am heutigen Johannapark einen großen öffentlichen Spiel- und Turnplatz ein. Für die Trägerschaft wurde ein Verein gegründet, den Hauschild zu Ehren des bereits verstorbenen Ideengebers Schreberverein nannte. Da unbeaufsichtigtes Kinderspiel in den gehobenen Kreisen des 19. Jahrhunderts aber undenkbar war, überwachte ein pensionierter Lehrer namens Karl Gesell die Aktivitäten. Gesell war es dann, der auf die Idee kam, auf dem Platz auch Beete anzulegen. Allerdings gelang es ihm nicht so recht, die Kinder für das Jäten und Buddeln zu begeistern. Stattdessen nahmen sich deren Eltern mit wachsender Begeisterung der vernachlässigten Pflanzungen an. Nur sechs Jahre nach der Eröffnung des Turnplatzes soll es bereits 100 Gartenparzellen auf dem Gelände gegeben haben, wenig später entstanden auch in anderen Leipziger Stadtteilen Schrebervereine. Sie erregten weit über Deutschland hinaus Aufsehen und führten zur Gründung zahlreicher weiterer Kleingartenvereine in ganz Westeuropa. Mit dem Erfolg der »Schrebergärten« entwickelte sich die Kleingartenbewegung weg von der Armenfürsorge und erreichte wieder Menschen, die einfach Spaß am Gärtnern haben und von einem eigenen kleinen grünen Reich träumen.
Die Deutsche Schreberjugend ist übrigens keineswegs der Nachwuchsverband der Kleingärtner, sondern knüpft an die ursprüngliche Idee der Schrebervereine an: sinnvolle Freizeitbeschäftigung für Kinder und Jugendliche – aber im Gegensatz zu damals nicht beaufsichtigt, sondern basisdemokratisch selbst organisiert. Umweltschutz und Gärten spielen zwar eine Rolle, aber auch Tanz, Theater und Kultur, politisches Engagement und internationaler Austausch. Mitmachen kann jede und jeder – auch ganz ohne elterlichen Kleingarten (
deutsche-schreberjugend.de
).
So weit die Geschichte. Und was hat das alles mit dem von Ihnen angestrebten Schrebergarten zu tun?
Gärtnern auf der Parzelle
Auch heute noch hält der Staat Schrebergärten für eine gute Sache und fördert sie. Das geschieht vor allem durch eine niedrige Pacht. So sollen sich auch weniger Wohlhabende das kleine Gartenglück leisten können. Im Gegenzug müssen die Gärten aber den Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes entsprechen. Im Kern bedeutet das, dass es sich wirklich um Gärten handeln muss, in denen
nicht gewohnt werden darf.
kein Gewerbe betrieben werden darf, auch kein gewerblicher Gartenbau.
neben Ziergrün auch Nahrungsmittel angebaut werden müssen.
Raum für Erholung sein muss.
Außerdem sind Kleingärten immer Teil einer Kleingartenanlage, die in der Regel von einem Verein verwaltet wird. In Deutschland gibt es rund 15.000 solcher Vereine, die zusammen knapp eine Million Mitglieder haben. Dachverband ist der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V.
Wenn Sie mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen leben können, dann