smartphone geht vor. Thomas Schutz

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Theo­rien sieht, sondern vielmehr darin, zur intellektuellen Elite seiner Zeit zu gehören. (vgl. van Whye, 2002)

      Der Durchbruch für das Verständnis der Funktionsweise des ­menschlichen Gehirns kam mehr als ein Jahrhundert später aus dem Tierreich, sodass die Reise in das menschliche Gehirn zunächst im ­Tierreich beginnen soll:

      An ihr konnte der spätere Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin (2000) Eric R. Kandel nachweisen, dass die Funktion der Synapsen |Abb. 5| und deren Veränderung grundlegende Bedeutung für unser Lern- und Erinnerungsvermögen haben: Das Gedächtnis ist in den Synapsen verortet. Oder wie es Sebastian Seung, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), formuliert: »I am my connectome.« (Seung: I am my connectome, Web.)

Die Synapse ist »der Kontaktbereich, in dem ein Neuron Informationen auf eine andere Zelle überträgt« (Bear et al., 2009, S. 927).Das Konnektom (Connectome) ist die Gesamtheit aller Verbindungen zwischen den Neuronen (Nervenzellen) eines Gehirns.

      Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Gehirn aus 100 bis 120 Milliarden Nervenzellen (Neuronen) besteht, die alle einen ähnlichen Grundbauplan haben |Abb. 5|. Dieser kann aber morphologisch unterschiedlich und komplex ausgeformt sein: Der Dendritenbaum einer einzigen Purkinjezelle kann beispielsweise zwischen 150.000 und 200.000 Synapsen empfangen. Damit zählt das menschliche Gehirn zu den komplexesten Systemen überhaupt, obwohl der Grundbauplan und das Verknüpfungsprinzip einfach sind.

      Die zentrale Frage bleibt: Wie schafft es das menschliche Gehirn, sich fortlaufend, ein Leben lang, den permanenten Veränderungen der Umwelt anzupassen? In den 1960er-Jahren herrschte die Meinung, dass die Entwicklung des Gehirns ähnlich der Konstruktion eines elektrischen Gerätes sei: Zunächst werden Drähte produziert, die anschließend verschaltet werden. Wenn alles funktioniert, bleibt dieser Schaltplan (im Erwachsenenalter) unverändert. »[Diese] Überzeugung basierte stärker auf theoretischen Vorurteilen als auf empirischen Belegen.« (Seung, 2013, S. 73)

      Da in den letzten zehn Jahren nicht nur Fernsehgeräte und Mobiltelefone rasant weiterentwickelt wurden, sondern auch Darstellungsmethoden wie die Zweiphotonenmikroskopie oder Methoden zur Analyse und zur Darstellung synaptischer Ketten im Konnektommaßstab, können heute Synapsen zum einen am lebenden Gehirn dargestellt und zum anderen in großer Anzahl analysiert werden. So ist heute allgemein akzeptiert, dass auch im Erwachsenengehirn Synapsen neu gebildet und abgebaut werden können.

      »Geboren mit dem maximalen Anpassungspotential, aber einem nur unzureichend vorbereiteten Gehirn, geht es im Leben von Anfang an darum, möglichst schnell die neue Umwelt so wahrzunehmen, dass man sie internalisieren kann und selbst Teil davon wird.« (Esch, 2012, S. 66)

      Doch wie schafft unser Gehirn das? Die Antwort auf diese Frage ist unmittelbar mit dem Namen Donald Olding Hebb verbunden, der 1949 in seinem Buch The Organization of Behavior: a neuropsychological approach die Hebb’sche Lernregel mit der erklärenden Kurzformel beschreibt: »what fires together, wires together«. Je häufiger zwei Neuronen gleichzeitig aktiv sind, desto häufiger werden beide aufeinander reagieren. Er gilt damit als der Entdecker der synaptischen Plastizität, der Eigenschaften von Synapsen, sich in Abhängigkeit von der Verwendung in ihren Eigenschaften zu verändern. Hier wird oft das Bild einer Veränderung eines Trampelpfades zu einer Autobahn verwendet: Bei der ersten Benutzung des Pfades ist eigentlich noch kein Weg da. Hat erst einmal der Erste einen Pfad angelegt, so wird der Zweite, der ihn nutzt, diesen durch seine Benutzung noch mehr zum Pfad ebnen usw. Allgemein ist somit die Änderung der Stärke der synaptischen Übertragung aktivitätsabhängig und kann sowohl durch morphologische als auch durch physiologische Änderungen bedingt sein. Zu dieser Neugewichtung und Neuverbindung |Abb. 6| kommt noch ein drittes Phänomen im Kleinkind­alter hinzu:

      »Im Gehirn eines Kleinkinds werden neue Synapsen mit atemberaubender Geschwindigkeit gebildet. Allein im Brodmann-Areal 17 werden im Alter von zwei bis vier Monaten mehr als eine halbe Million pro Sekunde erzeugt.« (Seung, 2013, S. 98; Daten von Huttenlocher, 1990)

      Doch mit zunehmendem Alter werden auch Verbindungen wieder zerstört (Pruning): Bis zu Beginn des Erwachsenenalters reduziert sich dieser Spitzenwert des Kleinkindalters um 60 Prozent. (vgl. Huttenlocher/Dabholkar, 1997)

      Bevor im nächsten Kapitel genauer betrachtet wird, wie sich die digitalen Technologien auf das sich entwickelnde Gehirn konkret auswirken können, soll zuvor auf das große Potenzial der modernen Neurobiologie eingegangen werden, das neben den medizinischen Implikationen im Themenspektrum Gehirn und Lernen einzuordnen ist.

      1.2Digitale Technologien prägen die Generationen Y und Z seit ihrer Geburt

      Susan Greenfield, renommierte Neurowissenschaftlerin an der Universität Oxford, warnte 2010 die Öffentlichkeit vor den Gefahren des Internets und der digitalen Technologien für Kinder und Jugendliche. Sie bewertete dieses Thema als fast ebenso bedeutsam für die Menschheit wie den Klimawandel: »almost as important as climate change.« (Greenfield: Society should wake up to harmful effects of internet, Web.) Im April 2013, als Mark


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