Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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zurückgehen wird. Zugleich sah er voraus, dass bei der Refinanzierung kirchlicher und caritativer Einrichtungen die sich öffnende Schere zwischen den steigenden Ausgaben und stagnierenden oder zurückgehenden Einnahmen dauerhaft auseinandergehen wird.

      Norbert Feldhoff war zu diesem Zeitpunkt zwanzig Jahre Generalvikar des Erzbistums Köln und zehn Jahre Vorsitzender des dortigen Diözesan-Caritasverbandes. In letzterer Funktion war er bereits Mitglied in Gremien des Deutschen Caritasverbandes, wie dem damaligen Zentralrat und dem damaligen Zentralvorstand. Norbert Feldhoff war zudem einer der wenigen Generalvikare, die ein echtes Interesse am kirchlichen Arbeitsrecht hatten. So gehörte er zu den Verfassern der Erklärung der Deutschen Bischöfe zum kirchlichen Dienst aus dem Jahre 1995 und war maßgeblich an der Erarbeitung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse beteiligt.

      Wenige Wochen später kam es, unter Moderation von Präsident Helmut Puschmann, zu einer Aussprache mit Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission. Norbert Feldhoff warb für ein gutes Miteinander, ihm war bewusst, dass er bisher eher aus einer Kölner Perspektive gedacht und gehandelt hatte. Norbert Feldhoff war jedoch nicht bereit, sich und seine Persönlichkeit zu verbiegen. Dennoch endete das Gespräch harmonisch, weil sich alle Beteiligten bemühten, den Blick nach vorne zu richten. Dabei half der Mitarbeiterseite sicherlich seine Position, dass die Kirche als Arbeitgeber auch künftig am Vergütungsniveau des Öffentlichen Dienstes festhalten sollte. Dies sah er als angemessenes Niveau an und lehnte Überlegungen ab, ein kircheneigenes Tarifsystem mit niedrigeren Entgelten zu entwickeln, etwa um mehr Personen beschäftigen zu können. Nach seiner Wahl zum Vizepräsidenten des Deutschen Caritasverbandes übernahm Norbert Feldhoff im Oktober 1996 erstmals die Sitzungsleitung der Kommission. Alle Beteiligten sorgten für einen konfliktfreien Verlauf. „Gut gemacht“ titelte das Info-Blatt der Mitarbeiterseite nach der Sitzung.

      II. Norbert Feldhoff als Vermittler oder: Mit Konflikten kennt er sich aus

      Die Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission sah bis zum Jahr 2007 kein eigenes Vermittlungsverfahren vor. Vielmehr bestand lediglich ein Ältestenrat, der sich aus dem Vorsitzenden der Arbeitsrechtlichen Kommission und jeweils zwei Sprechern der Dienstgeberseite und der Mitarbeiterseite zusammensetzte. Die Anrufung des Ältestenrates stellte also damals im System des Arbeitsrechts der Caritas eine „Ultima Ratio“ dar. Angerufen werden konnte der Ältestenrat, falls ein Antrag in der Kommission nicht die für den Beschluss erforderliche Mehrheit von ¾ der Stimmen erhalten hatte, jedoch mindestens die Hälfte der Mitglieder dem Beschluss zugestimmt hatte. Seine Aufgabe war es, „auf eine gütliche Einigung hinzuwirken“. Der Ältestenrat hatte also keine Entscheidungskompetenz. Er konnte die fachliche Arbeit der Kommission nicht übernehmen, sondern musste Wege aus einem in der Kommission nicht lösbaren Interessensgegensatz zu suchen. Der Vorsitzende musste dabei die Kraft seines Amtes einsetzen, Argumente hören und abwägen sowie eigene Überlegungen und Vorschläge so darlegen, dass sie überzeugten.

      Norbert Feldhoff war als Vorsitzender des Ältestenrates mehrfach gefragt. Schnell erkannte und durchschaute er die unterschiedlichen Positionen der beiden Seiten. Er spürte Kompromisslinien oder die für eine Seite nicht akzeptablen Lösungen auf. In aller Regel hatten seine Vorschläge Gewicht und wurden akzeptiert. Gerade bei der Tarifgestaltung im Zusammenhang mit Vergütungserhöhungen fand er neue Wege, die von den Seiten angenommen werden konnten. Nur einmal musste Norbert Feldhoff den Auftrag der gütlichen Einigung zurückgeben, als die beiden Seiten das Verfahren vor dem Ältestenrat überdehnten, indem sie ständig weitere Vorstellungen und Gegenvorstellungen einbrachten, dass eine unüberschaubare Gemengelage unterschiedlichster Positionen entstand. Die gewünschten Veränderungen der AVR unterblieben.

      III. Störungen von außen oder: viel Feind – viel Ehr

      In den Jahren seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Kommission erwies sich das Vertraut sein mit den Prinzipien des kirchlichen Arbeitsrechts, seine Herkunft als Generalvikar eines bedeutenden Erzbistums und seine gedankliche Klarheit als hilfreich, um vielfältige Versuche, das System des Arbeitsrechts der Caritas in Frage zu stellen, abzuwehren.

      So wurde im Jahr 1997 durch einen öffentlichen Aufsatz in einer Zeitschrift für Tarifrecht den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Gleichstellung mit Tarifverträgen abgesprochen, weil es sich nicht um ein echtes paritätisches Gremium handele. Im Jahr 1998 legte das Erzbistum München und Freising Widerspruch gegen einen Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission zur Erhöhung der Geburtsbeihilfe ein, zog ihn aber später wieder zurück. Einrichtungen der Caritas suchten aufgrund der zurückgehenden Refinanzierung der Leistungen ihr Heil in einer Tarifflucht und wichen unter Beibehaltung des kirchlichen Arbeitsrechts vor allem bei der Weihnachtszuwendung von den AVR ab. Einzelne Bistümer taten sich schwer, die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission in Kraft zu setzen, in ihren Amtsblättern zu veröffentlichen und ihnen damit in vollem Umfang Kirchenrechtsqualität zu geben. Im Jahr 1999 kam es zu einer betriebsbedingten Kündigung eines Vertreters der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission. Die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Zusatzversorgungskassen beschlossen, Dienstzeiten der kirchlichen Beschäftigten in der Region Ost vor dem 3. Oktober 1990 nicht bei der zusätzlichen Altersversorgung anzurechnen; eine von der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands geschaffene Ausgleichregelung wurde nur zögerlich umgesetzt.

      Norbert Feldhoff setzte sich in verschiedensten Gremien und auf verschiedenen Ebenen für die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes und Beschlusskompetenz der Arbeitsrechtlichen Kommission ein. Er verwies auf die notwendige Bearbeitung und Gestaltung gerade caritasspezifischer Sachprobleme und auf eine möglichst hohe Einheitlichkeit des kirchlichen Arbeitsrechts.

      Er hatte die Fähigkeit, Konflikte und Konfrontationen gelassen aufzunehmen. Geschickt nutzte er seine Moderationsrolle, zur Sache selbst sagte er im Regelfall nichts, harte Äußerungen bezeichnete er als ehrliche Worte und zugleich wirkte er vermittelnd zwischen den Kontrahenten. Dabei scheute er sich nicht, auch Grenzen des Möglichen zu benennen. Wenn aus seiner Sicht keine Bewegung mehr möglich war oder eine absolute Blockade bestand, dann lohnte es sich für ihn nicht, weiter Zeit dafür einzusetzen. Mit diesen Haltungen forderte er die Beteiligten heraus, nicht im Streit zu verharren, sondern Chancen der Bewegung und der Einigung zu suchen.

      IV. Neue Wege bei der AK-Struktur – oder: das System durch Veränderungen erhalten

      Norbert Feldhoff war als Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Kommission ein Mensch, der neu entstehende Situationen des Arbeitsrechts der Caritas realistisch einschätzte und dabei auftretenden Problemen nicht auswich, sondern optimistisch anpackte.

      Caritative Träger standen aufgrund von Änderungen der staatlichen Refinanzierungsbedingungen zunehmend vor besonderen Herausforderungen: die Deckelung bzw. teilweise Kürzung der Leistungsentgelte, Budgets und Zuwendungen, die Entwicklung zum Sozialmarkt mit Wettbewerb gegenüber privaten Anbietern. Das führte zu Diskussionen über die AVR als Flächentarif, die Bundeseinheitlichkeit als Ordnungs- und Schutzfunktion und die Regionalisierung der Tariffestlegungen. Kirchliche und caritative Träger gründeten zunehmend rechtlich verselbstständigte Servicegesellschaften mit weltlichem Arbeitsrecht; dies betraf vor allem Reinigungsdienste, Küchen und technische Dienste. Im März 1999 veranstaltete die Arbeitsrechtliche Kommission, unter Moderation von Norbert Feldhoff, eine öffentliche Tagung, auf der über Themen wie Sozialstaatskrise und Sozialmarkt, flexible Tarifgestaltung, leistungsbezogene Vergütung, Outsourcing in caritativen Einrichtungen, Beteiligung der Mitarbeiterschaft an Entscheidungen der Träger sowie Weiterentwicklung der AVR und Dienstgemeinschaft beraten wurde. Auch die Deutsche Bischofskonferenz beschäftigte sich in einem eigenen Studientag mit dem Phänomen weltlicher Töchter von kirchlichen Rechtsträgern.

      Norbert Feldhoff erwies sich bei solchen Diskussionen als verlässlicher Hüter der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse und als engagierter Vertreter der Arbeitsrechtlichen Kommission. Alle Einrichtungen hatten nach seiner Überzeugung die von den Bischöfen in Kraft gesetzte


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