Einfach.Nur.Tom.. Darius Tech

Einfach.Nur.Tom. - Darius Tech


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      Zwei Monate später …

      Dieser Tag hat ziemlich bescheiden angefangen, seitdem hat er dafür umso stärker nachgelassen.

      „Hast du mal etwas davon gehört, dass man miteinander spricht, wenn man in einer Beziehung ist?“ Kelly steht wie eine Furie vor mir, ihre Arme hat sie vor der Brust verschränkt und ihre Körpersprache sagt gerade gar nichts von Reden, am allerwenigsten auf einer vernünftigen Ebene.

      Ja, das habe ich. Aber immer, wenn ich mit ihr spreche, versucht sie mich zu therapieren. Was mir mächtig auf den Geist geht, aus diesem Grund habe ich es mir abgewöhnt. Warum will diese Frau nur ständig in meinen Kopf? Es ist kein guter Ort und die Gesellschaft besteht aus bösen Geistern.

      „Ich habe das Gefühl, überhaupt nicht mehr Teil Deines Lebens zu sein, Mickey. Wie stellst du dir unsere Ehe eigentlich vor? Unsere Hochzeit ist in zwei Wochen, und ich kenne dich jetzt schon nicht mehr.“

      Ich kenne mich selbst nicht mehr … Aber das kann ich ihr so nicht mitteilen.

      „Bloß wegen heute Morgen …“ Ich versuche zumindest etwas zu diesem Gespräch beizutragen, aber sie lässt mich nicht weit kommen. War es nicht ihre Idee, dass ich rede?

      „Nicht wegen HEUTE Morgen, wegen allen Morgen, seit … keine Ahnung, wann.“ Sie atmet schnaufend aus und gestikuliert mit den Armen. „Wegen den Nächten, in denen du anscheinend Albträume hast, über die du ebenso wenig redest, wie über sonst irgendetwas. Wegen deinem Rückzug aus unserer Beziehung! Möchtest du das, was wir JETZT haben, ein ganzes Leben lang?“

      Nein? Nein … Aber was will ich dann? Sie loswerden? Etwas reparieren, von dem ich immer mehr das Gefühl habe, dass es noch nie funktioniert hat? Gerade weiß ich keine Antworten auf diese Fragen.

      „Meine Träume bleiben in meinem Kopf, wo sie hingehören“, ist daher alles, was ich sage. Ich hatte schon immer Albträume, seit der Geschichte in Nagsville. Sie sind mir seit meiner Kindheit vertraut und ich werde sie nicht teilen, am wenigsten mit ihr. „Ich muss los, Kelly.“ Wieder einmal lasse ich sie in der Küche stehen. Ich frage mich, wie lange sie sich das noch gefallen lässt. Und ich frage mich, ob es mich stört, wenn sie es nicht mehr tut. Ich frage mich auch, ob ich nicht am besten selbst meine Sachen packen sollte. Um zu gehen, bevor es zu spät dafür ist. Aber ich habe keine blasse Idee, wohin. Ja, ich bin ein richtiger Held. Schon klar!

      Seit zwei Monaten befindet sich unsere Beziehung im freien Fall. Und je länger dieser Fall dauert, desto häufiger stolpere ich über Dinge, die schon vorher nicht rund liefen. Dass es grundsätzlich sie ist, die über unsere Freizeit bestimmt, zum Beispiel. Nicht, dass sie es direkt entscheidet, aber am Ende machen wir immer das, was sie will. Nicht einmal ins Louie‘s möchte sie in der letzten Zeit, sie zieht coolere Läden vor, in denen ich das Gefühl habe, mich verkleiden zu müssen. Dabei haben wir uns in der Stammkneipe meines halben Reviers kennengelernt.

      Ist es Nats Tod, der unsere Beziehung bedroht? Oder ihr Verhalten? Vielleicht sollte ich sie von ihrem nervigen Therapeutentrip abbringen. Und ihr klar machen, dass ich ein gestandener Cop bin, kein Grundschüler. Ich müsste ihr einfach klarmachen, dass sie mich wie einen Partner behandeln soll, wenn sie will, dass ich mich wie einer benehme. Wie auch immer ich diese Dinge bewerkstelligen soll, weiß ich selbst nicht. Viel entscheidender ist jedoch, ich finde nicht die Motivation dazu. Wenn dieser Zustand Normalität ist, komme ich allmählich an den Punkt, an dem ich auf Normalität pfeife. Es will mir nicht einmal wirklich gelingen, wütend auf sie zu sein. Das würde alles so viel leichter machen.

      Andere Probleme sind neu. Sie und ich, wir hatten immer unterschiedliche Tagesrhythmen. Während sie abends aufdreht, bin ich früh munter. Das betraf alle Lebensbereiche, auch unsere Sexualität. Aber bislang war die Chemie zwischen uns trotzdem gut genug gewesen, dass stets der eine den anderen zu überzeugen vermochte. Nicht, dass wir das Haus dabei zum Beben gebracht hätten, aber es war in Ordnung zwischen uns. Zumindest habe ich das immer gedacht. Vielleicht wäre ein kleines Erdbeben bisweilen ganz nett. Ein neuer Gedanke, meine Vergangenheit hat mich diesbezüglich nie viel erwarten lassen, bislang. Aber neuerdings frage ich mich viele Dinge.

      Jede Nacht besuchen mich meine Träume und sie werden zunehmend verstörender. Es sind, genau genommen, nicht wirklich Albträume, meistens zumindest, wenn mein Onkel sich nicht in sie einmischt. Es geht darin manchmal um Nat. Oft geht es um einen Engel mit schwarzen lockigen Haaren und grauen Augen, die zu viel sehen. Manchmal erscheint jedoch auch mein Onkel in meinen Träumen, nicht immer als das Monster, als das er sich herausgestellt hat, dann ist es nur der Bruder meiner Mutter, der in meinen Träumen erscheint. Der Engel hat ihn manchmal auch gezeichnet, er sagte dann immer das gleiche wie in der Bank. Hier ist Ihr Phantombild!

      Manchmal zeichnet Tom sich selbst oder mich oder Kelly. Heute Nacht hat er mich gezeichnet, so wie ich aussah, als ich nach L.A. kam, danach hat er mich geküsst, nicht zum ersten Mal …

      Dann bin ich neben Kelly aufgewacht, hart wie ein verdammter Stein, aber ihre Haare waren zu hell, ihre Augen zu blau und ihre Formen zu weich, als dass ich das Interesse gefunden hätte, etwas deswegen zu unternehmen. Dummerweise ist ihr jedoch beides nicht entgangen. Sie hat es offensichtlich nicht allzu gut aufgenommen. Ich stecke wirklich in der Scheiße, bis zum Hals!

      ***

      Brütend an meinem Schreibtisch zu sitzen, ist ja eine inzwischen vertraute Beschäftigung geworden. Früher hat mich die alltägliche Geräuschkulisse des Reviers beruhigt und mir ein Gefühl von Zuhause gegeben, auch jetzt lausche ich meiner Umgebung. Zwei Kollegen hinter mir reden über die politischen Ambitionen des Chiefs, zu denen wir alle gemischte Gefühle haben. Er möchte Bürgermeister werden, sonderlich beliebt in der Mannschaft ist er aber nicht. Den Stimmen nach handelt es sich um Detective Peter Hodge und seinen Partner Bastien Cadeaux, genannt Frenchie.

      „Simmons, was ist dir heute für eine Laus über die Leber gelaufen? Du bist noch ungenießbarer als gewöhnlich.“ Meine Partnerin lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich und funkelt mich herausfordernd über den Schreibtisch, den wir seit zwei Wochen teilen, hinweg an.

      Es ist nicht leicht, sich an einen neuen Partner zu gewöhnen. Im Grunde genommen erwarte ich immer noch Nat zu sehen, wenn mein Blick über diesen Tisch fällt.

      Wenn man dazu noch einen Rookie zugeteilt bekommt, macht es das nicht leichter. Nein, das ist nicht fair. Und ja, ich war auch, zumindest beinahe, ein Rookie, als ich an diesem Schreibtisch Platz genommen habe. Das war vor fünf Jahren. Dass dieser Rookie aber auch noch so aussehen muss, wie es Samantha Caihill nun einmal tut, macht mein Leben nur gerade vollständig zur Hölle.

      „Privatsache!“

      Sam stöhnt. „Ernsthaft? Ich verstehe jeden Tag besser, warum die Leute nicht gerade Schlange gestanden haben, um mit dir zu arbeiten.“

      Das war noch lange kein Grund mich mit Barbie persönlich zu bestrafen. Sie sieht aus wie Polizeibarbie in Zivil, die gab es doch ganz bestimmt auch schon. Gab es Barbie nicht als alles Mögliche?

      „Wir arbeiten zusammen, wir müssen uns nicht anfreunden.“ Mir reichen die amüsierten Blicke der Kollegen auch so schon. Ein Polizeirevier ist immer noch eine Männerwelt, egal, ob das im 21. Jahrhundert so sein sollte oder nicht. Niemand nimmt meine Partnerin ernst, die als kurvenreiche Blondine eben nicht wie der typische knallharte Cop wirkt. Da ich mit ihr zusammenarbeite, habe ich in etwa das gleiche Ausmaß an Respekt zu erwarten. Als ich letzte Woche Catlin im Louie‘s getroffen habe, hat er mich Ken genannt. ‚Ihr zwei seid das Vorzeigepaar des LAPD, Barbie und Ken, hübsch anzusehen bei jedem Fall.‘ Catlin hält sich selbst für sehr komisch. Und anscheinend sind Sam und ich gerade die Lachnummer unter L.A.s Gesetzeshütern. Das einzig Gute daran ist, dass nicht mehr jeder mit mir über Nat sprechen will.

      Und ja, ich bin pathetisch, hey, das sehe ich selbst, aber der Grund ist, dass ich tatsächlich nicht mehr weiß, wer oder was ich eigentlich bin. Geschweige denn, was ich will. Diesen Mist kann ich da oben drauf wirklich nicht auch noch gebrauchen.

      „Simmons, Caihill! Ihr habt einen Fall!“ Die Stimme des Captains reißt mich aus meinen


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