STARS AND STRIPES (Black Stiletto 3). Raymond Benson

STARS AND STRIPES (Black Stiletto 3) - Raymond Benson


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keine Alkoholikerin war … oder ist.«

      »Okay, nun, dann denke ich, dass Mom womöglich für ein paar Jahre depressiv gewesen sein kann.«

      Ich nutzte die Chance und bohrte weiter. »Martin, ihr Verhalten könnte etwas mit all den Narben zu tun haben.«

      »Maggie, nicht schon wieder.«

      »Aber es könnte wichtig sein! Sie hat Schusswunden, Martin! Welche gewöhnliche Mutter in einer Kleinstadt hat denn Schusswunden?«

      »Ich sagte dir doch schon, dass ich nicht weiß, woher sie die hat. Das war, bevor ich geboren wurde, und sie hat mir nie davon erzählt. Ich wusste nichts von ihnen, bis du mir davon erzähltest.«

      Ich wusste, dass er log. Er vermied es, mir in die Augen zu sehen und aß weiter. Also sagte ich: »Dann verstehe ich nicht, wieso du nicht daran interessiert bist, die Geschichte dahinter herauszufinden. Wäre sie meine Mutter …«

      »Okay«, blaffte er mich an. »Herrgott, Maggie. Glaubst du, mir macht das keine Sorgen? Ich bin ziemlich neben der Kappe, was meine Mutter betrifft, weißt du? Allein die Tatsache, dass sie in einem Pflegeheim leben muss, ist erschütternd.«

      »Ich weiß.« Ich legte ihm eine Hand auf seinen Unterarm. »Es tut mir leid.«

      Er begann fahrig zu werden, legte sich eine Hand auf die Brust und atmete schwer.

      »Martin?«

      Er antwortete mir nicht. Der arme Mann hatte einen Ausdruck reinster Verzweiflung im Gesicht.

      »Martin, was ist los? Geht es dir gut?«

      Er nickte heftig, griff nach seinem Glas Wasser – und warf es um. Der Inhalt ergoss sich über den Tisch und ein wenig über mein Kleid.

      »Oh, Mist, tut mir leid«, sagte er, doch sein Tonfall hörte sich an, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen. Ich sagte ihm, dass es kein Problem sei, und begann den Schlamassel aufzuwischen und mit einer Serviette meine nassen Kleider abzutupfen.

      Dann sagte er: »Ich bin gleich wieder zurück«, stand unverhofft auf und lief eilig zu den Toiletten. Ich wusste, dass mit ihm irgendetwas so gar nicht stimmte. Nach allem, was er mir erzählt hatte, vermutete ich, dass er ernsthafte Probleme mit Depressionen und Unruhezuständen hatte, und nun hatte ich die Bestätigung dafür bekommen.

      Nach zehn Minuten wurde ich unruhig. Ich stand auf und wollte schon den Manager bitten, in der Herrentoilette nach dem Rechten zu sehen, als Martin wieder erschien. Er sah blass aus. Seine Augen waren rot, so als hätte er geweint.

      »Komm, Martin.« Ich nahm seine Hand und führte ihn zu unserem Tisch zurück. »Sag mir, was du fühlst.«

      Er beschrieb mir starkes Herzklopfen, Kurzatmigkeit und tiefe Unruhe. Das Gefühl eines drohenden Schicksals. Ich sagte ihm, dass er wahrscheinlich eine Panikattacke erlitten hatte und sich das wieder legen würde. Die nächsten fünf Minuten sprach ich beruhigend auf ihn ein.

      »Du wirst nicht sterben, du hattest keinen Herzanfall, sondern nur einen Adrenalinschub, der so nicht auftreten sollte. Das geht wieder vorbei, Martin. Atme einfach tief durch und versuche dich zu entspannen. Würdest du gern gehen?«

      Er schüttelte den Kopf.

      Nach einer Weile beruhigte er sich tatsächlich.

      »Tut mir leid, Maggie.«

      »Sei nicht albern. Mit den Symptomen von Angststörungen kenne ich mich ziemlich gut aus. Viele meiner Patienten leiden darunter.«

      »Was empfiehlst du ihnen?«

      »Ich schicke sie zu einem Psychiater. Zu jemandem, mit dem sie reden können, und der ihnen entsprechende Medikamente verschreiben kann, um ihnen zu helfen.«

      Er schüttelte seinen Kopf. »Ein Seelenklempner? Ich will nicht zu einem Klapsdoktor. Kannst du mir nicht was verschreiben?«

      »Keine Chance. Ich bin kein Psychiater. Mit den Medikamenten kenne ich mich nicht gut genug aus. Außerdem muss die Dosis individuell auf den jeweiligen Patienten angepasst werden, und das kann nur ein qualifizierter Psychiater. Davon abgesehen sollte ich dich nicht behandeln, wenn wir zusammen sind.«

      Ich könnte schwören, dass er zweimal hinhören musste. »Was?«

      »Du hast mich schon gehört.«

      »Wir sind zusammen? Wirklich?«

      »Das ist unser wievieltes Date, unser viertes? Also, ich würde sagen, wir sind zusammen.«

      Er nahm meine Hand und sah sehr süß dabei aus. »Maggie, das … macht mich sehr glücklich.«

      »Fühlst du dich besser?«

      Er lachte ein wenig. »Klar.«

      Der Rest unseres Essens verlief ganz gut. Seine Mutter erwähnte ich nicht wieder. Als wir das Restaurant verließen, verblieben wir so, dass er mich bald wieder anrufen würde. Wir verabschiedeten uns mit einem Kuss, und ich sagte ihm, dass er sich keine Sorgen machen soll. Wenn er wieder eine Attacke erlitt, sollte er sich einfach daran erinnern, dass sie wieder vorbeigehen würde und er ein paar Übungen dagegen machen konnte.

      Während ich nach Hause fuhr, dachte ich darüber nach, was ich gesagt hatte, und hoffte, nicht zu vorschnell damit gewesen zu sein. Ja, ich mochte ihn. Er konnte sehr liebenswürdig sein. Er war klug, obwohl er hin und wieder dazu tendierte, sich selbst kleinzumachen. Er brachte mich zum Lachen. Die meiste Zeit war er gut gelaunt, und es war offensichtlich, dass er seine Mutter und seine Tochter liebte. Aber da war eine Wand zwischen uns, und das war die Vergangenheit seiner Mutter. Ich war entschlossen, dieses große Mysterium zu lösen, denn sonst konnte ich mich nicht völlig auf Martin einlassen. Nicht auf eine langfristige, ernsthafte Weise.

      Als ich an meinem kleinen Haus in Deerfield ankam, suchte ich die Nummer eines alten Freundes heraus, der als Privatdetektiv arbeitete.

      5| Judys Tagebuch 1960

      

       4. Januar

      Ich sehe furchtbar aus, liebes Tagebuch. Mir tut alles weh, und mein Gesicht sieht aus, als hätte mich ein Waffeleisen getroffen. Ich habe eine aufgeplatzte Lippe, einen geprellten rechten Wangenknochen und mein rechtes Auge ist geschwollen. Auf dem Auge sehe ich nur verschwommen. Wenn ich mich zu schnell bewege, kreischt mein gesamter Bauchraum auf, meine Unterarme schmerzen vom Blocken der Schläge, mein Schlüsselbein fühlt sich an, als wäre ein Elefant darauf getreten, und mein Hals tut weh. Zu guter Letzt habe ich heute auch noch meine Periode bekommen, also bin ich aktuell nicht gerade das umgänglichste Mädchen auf der Welt.

      Aber ich habe mir nichts gebrochen. Die Verletzungen sind nicht so schlimm, wie sie hätten sein können.

      Ich hatte das Geschlossen-Schild gestern an der Tür hängenlassen, damit ich ausschlafen konnte. Ich bin nicht vor Mittag aufgestanden, was ungewöhnlich für mich ist. Als ich mich im Spiegel sah, hätte ich am liebsten geheult. Hab ich auch, ein wenig. Dann aber untersuchte ich jeden Zentimeter meines Körpers, bewegte testweise meine Gliedmaßen und kam zu dem Schluss, dass ich auch ohne einen Arztbesuch wieder gesund werden würde. Es sah schlimmer aus, als es tatsächlich war.

      Als ich heute Nachmittag Freddie im Bellevue Hospital besuchte, starrten mich alle an. Ich schätze, ich sah wohl so aus, als würde ich genau dorthin gehören, haha. Ich fürchtete, dass Freddie erneut einen Herzanfall bekommen könnte, wenn er mich so sah. Ihm fiel die Kinnlade herunter und Tränen stiegen ihm in die Augen, aber ich erklärte ihm rasch, dass es mir gutging.

      »Was ist denn mit dir passiert?«

      »Ach, du weißt schon, Boss«, antwortete ich mit einem Flüstern. »Die Stiletto hat gestern Nacht ein paar Probleme bekommen.«

      Er zuckte zusammen, als hätte er Schmerzen. »Oh, Judy. Wann wirst du damit aufhören? Du wirst dich noch irgendwann damit umbringen.«

      Ich


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