STARS AND STRIPES (Black Stiletto 3). Raymond Benson

STARS AND STRIPES (Black Stiletto 3) - Raymond Benson


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bin zur Hälfte Ire. Wusstest du das?«

      Ich lachte. »Nein, ich glaube nicht. Aber es ergibt Sinn.« Nach einer kleinen Pause fragte ich ihn, ob er Schmerzen hätte. Er verneinte, sagte, dass sie ihm Schmerzmittel gegeben hätten. Auf der Ablage neben seinem Bett lag ein Zettel, auf den der Doktor Medikamente geschrieben hatte, die er nehmen sollte. Ich habe sie mir abgeschrieben, damit ich sie richtig wiedergeben kann: Chinidin und Nitroglyzerin. Bisher dachte ich immer, Letzteres wäre so eine Art Sprengstoff, wie Dynamit. Aber was wusste ich schon?

      Nach einer Weile merkte ich, dass er müde wurde, also ließ ich ihn allein. Aber ich wollte noch nicht nach Hause gehen. Ich dachte mir, dass ich ihn eine Weile ausruhen lasse und nach dem Essen noch einmal nach ihm sehen würde. In der Krankenhauslobby rief ich Lucy von einem Telefon aus an und erzählte ihr, was passiert war. Sie bot an, zu mir zu kommen und mir Gesellschaft zu leisten, also schlug ich vor, dass wir uns irgendwo in der Nähe des Bellevue zum Mittagessen treffen könnten. Und das taten wir dann auch. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wo wir aßen, aber das Diner glich dem East Side Diner sehr. Ich fürchte, ich war keine gute Gesellschaft. Lucy aber sagte, ich solle mir keine Gedanken machen. Freddie würde schon wieder auf die Beine kommen. Viele Leute erholten sich von Herzattacken und lebten ein langes Leben. Ja, vielleicht. Aber ich fürchtete, dass noch mehr Leute sich nicht wieder erholten und ein solcher Zwischenfall bedeutete, dass ihnen nicht mehr viel Zeit auf Erden blieb.

      Lucy sprach die meiste Zeit über sich und Peter und die Hochzeit. Das meiste davon ging mir dabei zu einem Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus. Ich war tatsächlich dankbar, als wir endlich aufstanden, um die Rechnung zu bezahlen.

      Ich besuchte Freddie am Nachmittag noch einmal für ein paar Minuten, aber er schien noch müder als beim ersten Besuch zu sein. Ich hielt es für das Beste, ihn allein zu lassen. Ganz sicher würde er mit der Zeit wieder zu Kräften kommen.

       Er wird wieder gesund werden.

      Das sagte ich mir immer und immer wieder, während ich den Bus zurück ins East Village nahm.

      Also hab ich mir vor einer Weile etwas zum Abendessen gemacht und allein ferngesehen. Es fühlte sich seltsam an, ohne Freddie in unserem Apartment zu sein. Es machte mich sehr traurig. Das Einzige, was mich ein wenig aufheiterte, war etwas, dass ich in den Nachrichten sah.

      Heute verkündete Senator John Kennedy, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren. Ich mag ihn. Er sieht gut aus und scheint klug zu sein. Ich kann nicht glauben, dass ihn so viele Amerikaner nicht als Präsidenten haben wollen, nur weil er Katholik ist. Wieso sollte das für einen Unterschied machen? Jemand fragte ihn mal, ob er sich deswegen Sorgen mache, und Kennedy antwortete, dass uns einzig und allein interessieren sollte, ob ein Kandidat an die Trennung zwischen Kirche und Staat glaubt oder nicht. Was für eine großartige Antwort!

      Nachdem ich das Geschirr abgespült hatte, wurde ich etwas rastlos. Ich musste meine Nervosität abbauen. Ich dachte daran, hinunter ins Gym zu gehen und ein wenig mit den Gewichten zu trainieren, aber ich wollte ebenso ein wenig frische Luft schnappen, auch wenn es draußen eisig war.

      Also wird die Black Stiletto heute ihren ersten Auftritt in 1960 haben.

      3| Judys Tagebuch 1960

      

       3. Januar

      Es ist spät in der Nacht. Eigentlich ist es früher Morgen, zwei Uhr. Ich bin gerade zurück in meinem Apartment. Und ich bin verletzt. Ich weiß noch nicht, wie schlimm. Mein Gesicht ist das reinste Schlachtfeld und es fühlt sich an, als wäre jeder einzelne Knochen in meinem Körper gebrochen.

      Die Black Stiletto schlüpfte gegen 22 Uhr in die Nacht hinaus. Wie üblich kletterte ich auf das Dach des Gyms, sprang hinüber auf das angrenzende Gebäude auf der 2nd Street, fand meinen Lieblingstelefonmast, glitt daran hinunter und war auf der Straße. Niemand sah mich. Es war kalt draußen, also trug ich mein wärmeres Stiletto-Outfit. Ich war mit meinem Messer ausgestattet, dass in einer Scheide an meinem Bein steckte, dem kleineren Messer in meinem Stiefel, meinem Seil und den Haken, einer Taschenlampe und meinem Rucksack.

      Ich war wütend wegen Freddie. Ich hasste es, ihn in diesem Zustand sehen zu müssen, und deshalb wollte ich ein oder zwei Straßengangster aus dem Rennen nehmen. Ob ich irgendwo einen Raub vereiteln würde? Irgendwer, der versuchte, einen Schnapsladen auszurauben? Ich hoffte es wirklich. Also begab ich mich nach Westen, zur Bowery, was immer ein heißes Pflaster war. Ein Großteil der nord-südlichen Verbindungsstraße war ziemlich heruntergekommen. Unglücklicherweise schien es aber selbst den Ganoven zu kalt zu sein, um sich draußen herumzutreiben. Die waren alle drin und betranken sich. Wenn ich mich am Silvesterabend nicht so spektakulär zugeschüttet hätte, hätte ich mich ihnen vielleicht sogar in einer ihrer Absteigen angeschlossen.

      Etwas weiter westlich befand sich Little Italy. Ich huschte von Schatten zu Schatten, bis ich mich schließlich auf der Mulberry und Grand wiederfand. Für einen kurzen Augenblick spürte ich einen dumpfen Schmerz in meinem Herzen. Ich musste an Fiorello denken und wie sehr ich ihn vermisste. Seit wir zusammen waren, war so viel Zeit vergangen, aber es erschien mir, als wäre es erst gestern gewesen. Ohne Fiorellos Tod hätte es keine Black Stiletto gegeben. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass er auf der einen Seite mein Freund und Liebhaber, auf der anderen Seite aber ein Killer gewesen war, ein Mafia-Söldner, der Befehle von Kriminellen entgegengenommen hatte. Damals war ich sehr naiv gewesen.

      Einige der italienischen Restaurants hatten noch geöffnet. Ich roch den satten Essensduft in der Luft und mein Magen begann zu knurren. Das Abendessen, das ich mir zubereitet hatte, konnte sich nun wirklich nicht mit einem dampfenden Teller Pasta mit Fleischbällchen messen. Während ich mich in einem abgedunkelten Hauseingang versteckte, sah ich zu, wie die Stammkunden das Etablissement verließen, zur Straßenecke liefen und sich Taxen riefen. Ich musste verrückt sein, dort zu hocken und zu zittern, aber die Straße brachte warme Erinnerungen zurück.

      Schließlich war es an der Zeit, weiterzuziehen, was ich auch tat. Ich wandte mich nach Süden, an der Broom- und Grand-Street vorbei, aber nirgendwo fand ich Anzeichen auf ein Verbrechen. Ich beschloss, dass ich mir noch fünfzehn Minuten geben würde – weil ich mir langsam den Hintern abfror – und dann wieder nach Hause gehen würde.

      Auf den Straßen südlich der Canal Street schien mehr los zu sein. Ich hatte nie viel Zeit in Chinatown verbracht, außer wenn ich mit Lucy oder Freddie dort war, um deren fantastisches Essen zu genießen. Es war eine grundverschiedene Welt, beinahe wie ein eigenes kleines Land innerhalb der sehr viel größeren Stadt drumherum. Und genau das ist es ja auch. Eine Gemeinschaft, die nach ihren eigenen Regeln und Gebräuchen lebt. Auf eine gewisse Weise wirkt das einschüchternd. Ich bin mir sicher, dass alle Weißen so empfinden – wir sind hier Fremde. Die Chinesen sind glücklich, uns zu bekochen, unsere Wäsche zu waschen und unser Geld zu nehmen, darüber hinaus bleibt ihr Leben aber ein Mysterium.

      In Chinatown gab es noch mehr Restaurants als in Little Italy, und viele davon waren noch geöffnet. Der Geruch von Frühlingsrollen und gekochtem Schweinefleisch schwebte durch die Luft und mein Magen begann erneut grummelnde Geräusche von sich zu geben. Was würde wohl passieren, wenn ich einfach so in einen der Läden spazierte und mir Hühnchen und Brokkoli mit frittierten Klößchen zum Mitnehmen bestellen würde? Darauf hatte ich jetzt noch mehr Appetit als auf Pasta.

      Aber ich lief weiter, huschte von Hauseingang zu Hauseingang, hielt mich von den Lichtkegeln der Straßenlaternen fern und spähte an den seltsamen Gebäuden hinauf, die mit chinesischen Schriftzeichen bedeckt waren. Einige waren auch in Englisch beschriftet, die meisten von ihnen aber nicht. Einige der englischen Übersetzungen waren irgendwie lustig, wie etwa das No-Louding-Schild vor einer Tür oder der Hinweis in einem Ladenfenster, der besagte: Bitte geben Sie Acht, es nicht zu zerbrechen, es geht zu Bruch. Die Neonschilder waren farbenfroh und exotisch, und plötzlich fühlte es sich für mich mehr so an, als wäre ich nicht mehr in Amerika. Ich war noch nie irgendwo außerhalb der Vereinigten Staaten gewesen, doch so in etwa musste es sich wahrscheinlich anfühlen.

      Die


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