BEUTEZEIT - Manche Legenden sind wahr. Lee Murray

BEUTEZEIT - Manche Legenden sind wahr - Lee Murray


Скачать книгу
Dame.

      Ein paar Minuten später bahnte sich ein großer, rotgesichtiger Mann mit Lippen, die ihr immer ein wenig zu schwülstig und feucht schienen, seinen Weg durch das Labyrinth aus Stühlen und Tischen. Caren sah auf die Uhr und lächelte; pünktlich auf die Minute.

      Sie stand auf und der Texaner reichte ihr die Hand. Caren ergriff sie und hielt sie bewusst etwas länger fest. Seine Hände waren schwitzig.

      »Vernon. Wie nett von dir, dass du dir in deinem Urlaub die Zeit genommen hast«, sagte sie und musste sich zwingen, ihre Hände nicht an ihrem Rock trockenzuwischen.

      Mit einem Kopfnicken deutete Vernon auf den Tisch und die beiden setzten sich.

      »Zur Mittagszeit wird es hier gern mal richtig voll, also hab ich mir die Freiheit genommen, schon mal für uns zu bestellen«, sagte Caren. Sie schob sich ihre Hände unter die Pobacken und zog dabei ihren Rock unter ihr zurecht. »Barbecue-Enten-Curry und scharfer Rindfleisch-Salat.«

      Ein finsterer Blick huschte über das Gesicht ihres Begleiters.

       Dumm, dumm, dumm.

      Caren hätte sich am liebsten in den Hintern getreten. Sie hätte nicht für ihn bestellen dürfen. Männer wie Vernon Bonnar brauchten das Gefühl, Herr der Lage zu sein, eigene Entscheidungen zu fällen. Zu bestimmen, wo es lang ging. Dieser kleine Fehler konnte sie ihren Deal kosten. Unbehaglich drehte Caren an dem Opal an ihrem Finger und widerstand dem Drang, die Luft anzuhalten. Bonnar aber schien bester Laune zu sein, denn er ignorierte ihren Patzer und rief mit einem Fingerschnippen die Bedienung an ihren Tisch. Er deutete auf einen Punkt in der Weinkarte und scheuchte das Mädchen dann davon.

      »Diese Entdeckung … diese Information … ist sie echt?«, wollte er schließlich wissen. Seine gedehnte texanische Sprechweise donnerte dabei durch das Restaurant.

      Caren hätte ihn am liebsten angezischt, verdammt nochmal leiser zu sprechen. Stattdessen aber zögerte sie ihre Antwort hinaus und goss sich ein Glas Wasser ein. Der Umstand, dass Bonnar ihr keinen Drink angeboten hatte, war ihr nicht entgangen. Es war schließlich ein Spiel, das sie hier spielten.

      Caren wählte ihre Worte sehr sorgfältig. »Wie wir an die Daten gelangt sind, ist irrelevant. Die Resultate sprechen jedoch für sich. Wir haben es mit einem ungeheuren Vorkommen zu tun – vielleicht sogar mehr als die Goldgewinnung der Martha-Mine in Waihi – und das bei minimalen Förderkosten.«

      »Wer weiß noch davon?«

      »Nur Sie, Vernon.« Caren spielte mit ihren Fingern am Stiel ihres Wasserglases herum. »Zumindest noch.«

      »Moment mal. Wenn Sie glauben …«

      Entschlossen nahm Caren die Serviette aus ihrem Schoß, legte sie auf den Tisch, dann stand sie auf und hängte sich ihre Handtasche über die Schulter. Sie bewegte sich betont langsam dabei, wohlwissend, dass sie ihren Bluff nur einmal ausspielen konnte. »Wenn Sie mich entschuldigen würden – ich glaube, wir sind hier fertig.«

      Aber Vernon rührte sich nicht. »Hey, kein Grund, gleich eingeschnappt zu sein«, protestierte er und hob entschuldigend die Hände. »Aber ich muss sicherstellen, dass Ihr Angebot exklusiv nur für OreGen gilt. Schließlich erwarten Sie von uns, dass wir einen Arsch voll Geld in die Sache stecken sollen.«

      Caren lächelte in sich hinein. Er ruderte zurück und fluchte dabei. Sie stellte ihre Handtasche ab und setzte sich wieder auf die Bank, bevor sie fortfuhr. »Wir haben bereits eine Menge Geld in dieses Projekt investiert, Vernon, und ich will Sie einfach nur ins Boot holen. Ich muss das nicht tun.«

      »Nur aus reiner Neugier, wieso tun Sie das überhaupt? Wieso schlachten Sie die Information nicht für sich selbst aus?«

      »Sagen wir einfach, dass der Name GeoTech im Moment einige Hürden errichten würde.«

      Vernons Schweineaugen bohrten sich in sie hinein. »Und weshalb?«

      Caren, die wieder an ihrem Opal drehte, zuckte mit den Schultern. »Es gab in der letzten Zeit einige Vorwürfe die Sicherheit auf unseren Förderstätten betreffend.«

      Vernon kniff die Augen zusammen. »OreGen wird keine unsichere Anlage kaufen, Caren.«

      »Werden Sie auch nicht. Unsere Ausrüstung erfüllt alle gängigen Vorgaben, Vernon. Sicher, es gab in unseren Minen ein paar Unfälle. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass diese Unfälle nicht selten auf menschliches Versagen zurückzuführen sind.«

      »Also brauchen Sie uns.«

      »Wir brauchen eine Fassade. OreGen wäre mir dafür am liebsten, aber mir fallen auch andere ein, die dafür infrage kämen. Die China Mining Corp zum Beispiel«, ließ ihn Caren wie beiläufig wissen. »Tatsächlich habe ich mit deren Vorstandschef Xu erst vor zwei Wochen in genau diesem Restaurant zu Mittag gegessen. Der Chili-Tamarind-Schnapper hatte es ihm besonders angetan …«

      Bonnar schürzte die Lippen. »Sie vergessen, dass OreGen auch ohne Sie tätig werden könnte. Wir haben die Daten«, fiel er ihr knurrend ins Wort. Etwas von seiner Spucke sprühte auf den Tisch.

      »Das wird Ihnen nicht helfen, Vernon. Sie liegen bereits im Hintertreffen.«

      »Zumindest wissen wir, wo wir zu suchen haben.«

      »Ja, aber es könnte Jahre dauern, bis Sie die Erlaubnis erhalten, in dem Parkland zu schürfen. Ich habe eine Strategie ausgearbeitet, die uns bereits in sechs Monaten starten lassen könnte.«

      »Vorausgesetzt, OreGen willigt ein, Ihnen eine Anlage abzukaufen.«

      Caren starrte ihn nur an und hob das Glas an ihre Lippen.

      »Okay, erzählen Sie mir mehr«, forderte Bonnar sie auf.

      Was sie natürlich nicht tat. Wieso sollte sie Vernon Bonnar irgendetwas wissen lassen, dass OreGen einen Vorteil verschaffen würde? Doch als die Bedienung mit der Ente kam, hatte sie ihn mit genug gefüttert, um ihn damit zu ködern.

       Army Leave Centre, Rotorua, Dienstagmorgen

      »Sergeant McKenna?«

      Taine richtete sich auf und drehte sich von dem Lastwagen weg, um sich dem Mann hinter ihm zuzuwenden. Breitgesichtig und mit seinen heiteren Gesichtszügen wirkte er eher wie ein Student als ein einunddreißigjähriger Berater.

      »Mr. Fogarty.«

      »Ah, dann wissen Sie also, wer ich bin.«

      »Ausschlussverfahren. Sie sind nicht weiblich, was schon einmal Dr. Asher und Ms. Hemphill ausschließt, und Dr. de Haas habe ich bereits kennengelernt. Und der australische Akzent tat sein Übriges.«

      »Beeindruckend, wo ich kaum ein Wort gesagt habe«, sagte Fogarty und bedachte Taine mit einem leichten Grinsen. »Bitte, nennen Sie mich doch Ben.«

      »Schön, Sie kennenzulernen, Ben.«

      Sie schüttelten sich die Hände. Ben Fogartys Händedruck war fest. Verlässlich.

      »Also …«, begann Ben und wippte auf den Fersen, »Schätze, dass es keine Coffee-Shops gibt, wo wir hinfahren?«

      »Macht wenig Sinn. Die Milch neigt dazu, auszugehen.«

      »Dachte ich mir schon. Habe ich noch genug Zeit für eine letzte Tasse, bevor wir aufbrechen? Man sagte mir, dass dieser kleine Ausflug eine Woche dauern könnte – eine ziemlich lange Zeit ohne einen guten Espresso.«

      Lachend sah Taine auf seine Uhr. »Wir brechen in zwanzig Minuten auf. Das Briefing beginnt in fünfzehn Minuten.«

      »Dann sollte ich mich besser beeilen.« Bens Hand suchte bereits nach seiner Brieftasche.

      Als der Berater gegangen war, nahm sich Taine einen Moment Zeit, um die anderen Zivilisten zu mustern. Zumindest waren keine offensichtlichen Stubenhocker darunter. Nicht weit von ihm entfernt stellte de Haas‘ Forschungsassistentin Louise Hemphill – eine gutaussehende Frau Ende zwanzig – gerade ihren Rucksack neben eine zweite Segeltuchtasche auf den


Скачать книгу