Insel der Lust. Marina Vargas
Abend.«
Er erhob sich und sie verließen den Raum mit den Separees. Als sie an den Tischen in der Bar vorbeigingen, hoben einige der Gäste dort den Kopf und Marie meinte, in einigen Gesichtern so etwas wie ein geheimes Einverständnis und komplizenhafte Neugier zu erkennen. Die dachten vermutlich, sie beide seien sich gerade einig geworden. Wenn die wüssten!
»Dann gute Nacht!«
Völlig überrumpelt blieb sie stehen, als Michael sich jetzt von ihr verabschiedete. Ihr erstaunter Blick veranlasste ihn, noch eine Erklärung abzugeben.
»Meine Zeit hier ist – leider – bald wieder um. Du verstehst sicher, dass ich die Tage noch nutzen will.« Er blinzelte ihr kurz zu und drehte sich um, um zur Bar zurückzukehren.
Marie stand wie angewurzelt. Das war ja der Hammer! Er ließ sie hier stehen und suchte sich einfach eine andere Frau. Eine, die williger war.
Was soll ich jetzt bloß machen? Was wird aus meinem Urlaub?
Michael kam noch einmal zu ihr zurück und fasste ihre Hand.
»Geh ins Intranet der Anlage. Dort ist alles erklärt, auch die Regularien«« sagte er leise. Dann war er weg und Marie wünschte sich heftig, der Boden täte sich unter ihr auf, um sie aus dieser Situation zu erlösen.
Sie fand keinen Schlaf in dieser Nacht. Sie war Michaels Rat gefolgt und hatte den Bildschirm in ihrem Zimmer eingeschaltet, dort die Informationen gesucht und gefunden.
»Ein Urlaub ganz im Zeichen von Lust und Leidenschaft«, hieß es über die Insel, die private Investoren gekauft hatten, um diese traumhafte Anlage darauf zu errichten. »Ein Ort, an dem Sie alle ihre erotischen Träume verwirklichen können. Mit dem Partner oder der Partnerin ihrer Wahl, denn alle, die Sie hier treffen, möchten dasselbe. Sexspiele dürfen jederzeit überall stattfinden, mit Ausnahme der öffentlichen Räume und der Gartenanlage des Hotels, die auch stets in angemessener Kleidung aufgesucht werden sollten«, stand da. Strände, der kleine Wald, sämtliche Gästezimmer, die strohgedeckten Pavillons am Rande der Parkanlage standen für ungezwungene und auch spontane Liebesspiele zur Verfügung.
Aufgeregt und erschrocken zugleich las Marie die Regeln durch, nach denen es als Einverständnis zum Sex gewertet wurde, wenn die andere Person auf eine Verabredung, einen Flirt, einging. Ausgenommen waren sämtliche Angestellte und Mitarbeiter, die an ihrer einheitlichen Kleidung erkennbar waren. Sie alle trugen Uniformen aus eierschalenfarbenen Leinen in eher konservativem Schnitt. Allerdings durfte jeder, der hier zu Gast war, sein Glück bei einem der anderen Gäste versuchen.
Jetzt verstand Marie, was Michael ihr erzählt hatte! Sie war bereit gewesen, sich mit ihm zu treffen, und er hatte daraus geschlossen, sie wolle mit ihm schlafen. Der Raum hinter der Bar diente dazu, sich im Zweifelsfall zu vergewissern, ob ein Paar zusammenpasste. Sex war dort nicht gestattet. Wer sich einig wurde, ging auf sein Zimmer oder suchte einen der anderen Orte auf, an denen Spiele gestattet waren. Wer sich an öffentlich zugänglichen Orten, wie den Lustpavillons, vergnügte, zeigte sich dadurch einverstanden, gegebenenfalls von anderen Gästen beobachtet zu werden.
Marie lag nach dieser Lektüre hellwach im Bett. Die Geschehnisse des Tages zogen an ihr vorbei und formten sich zu einem völlig anderen Bild. Das Paar, das am Strand Sex hatte, der Blick der Rothaarigen, die dunklen Separees hinter der Tanzbar, in der sich die Leute auf Touren brachten, bevor sie sich in private Räume zurückzogen – alles passte zusammen. Man hatte es hier geschafft, eine ständig erotisch aufgeheizte Atmosphäre zu schaffen, damit die Urlaubsgäste das bekamen, was sie wollten: Hemmungslosen, tabulosen Sex.
Und ausgerechnet sie war hier hineingeraten!
Wann habe ich eigentlich das letzte Mal mit einem Mann geschlafen? Ich kann mich nicht einmal mehr genau daran erinnern. Aber ich weiß noch, wie enttäuscht ich war, dass es wieder nicht geklappt hat bei mir. Anscheinend brauche ich ja wirklich etwas Anderes, als Sex in der Missionarsstellung bei Dunkelheit. Aber was? Wenn ich nur nicht so prüde wäre. Sie war streng erzogen worden und hatte lange Zeit geglaubt, Frauen hätten keine sexuellen Wünsche. Der Akt an sich, so hatte man es in ihrer Familie gesehen, bestand aus der Aufopferung der Frau an die Lust des Mannes.
Wie durcheinander sie gewesen war, als ihr Körper ihr etwas ganz Anderes signalisierte. Sie hatte all das unterdrückt, sich nie gestattet, darüber nachzudenken. Ihre Unschuld hatte sie erst sehr spät verloren, es war eine kurze, schmerzhafte und wenig befriedigende Angelegenheit gewesen. Die zwei Männer, die sie überhaupt bisher in ihrem Leben hatte, waren wenig experimentierfreudig und daher mit kurzen Nummern in der Missionarsstellung zufrieden gewesen. Nun war sie bereits so lange Single, dass sie vermutlich sowieso untenrum schon ganz ausgetrocknet war.
Egal wie sehr sie die Situation auf der Insel auch überrascht hatte, sie spürte, wie die Dinge sie aufwühlten. Immer wieder sah sie das Paar vom Strand vor sich. Der Penis des Mannes, der sich so stark und prall aufgerichtet hatte, während der Mann das Hinterteil der Frau vor ihm massierte. Und wie er sie dann genommen hatte, mit lustvollen, kräftigen Stößen …
Maries Ziehen im Unterleib verwandelte sich in prickelnde Hitzewellen. Ihr war, als habe jemand ein Feuer in ihrem Inneren entfacht, das nun hoch loderte und dringend gelöscht werden wollte. Sie warf sich auf die andere Seite und presste die Augen zusammen.
Schlaf endlich, dann kannst du morgen in Ruhe überlegen, wie es weitergeht. Es gibt bestimmt eine Möglichkeit, auf die andere Insel umzubuchen. Schließlich war es ein Fehler des Reisebüros, mich hierher zu schicken.
Sie spürte wieder Michaels harten Schwanz, den ihre Finger unter der Hose nur kurz berührt hatten. Ob er auch so geschickt damit war wie der Mann am Strand, der seine Partnerin in den siebten Himmel der Lust gestoßen hatte?
Diese Hitze im Zimmer ist unerträglich.
Sie stand auf und tappte zur Minibar, griff nach einer Flasche Saft und trank. Ein kleines Rinnsal verfehlte den Mund und lief ihr über Kinn und Hals bis zwischen ihre Brüste. Die Kälte des Getränks ließ sie zusammenzucken. Marie spürte, wie sich ihre Brustwarzen unter dem dünnen T-Shirt zusammenzogen. Sie schob die Tür zur Terrasse auf und trat hinaus in die immer noch warme Nacht. Fremde Geräusche umfingen sie. Ein Nachtvogel rief laut und tief in der Dunkelheit, Grillen zirpten, von weitem hörte sie die Brandung des Meeres. Und noch etwas. Es kam aus dem Bungalow ein paar Meter rechts von ihr. Ein tiefes Stöhnen und Seufzen zweier Menschen.
Verdammt, gibt es hier denn gar nichts anderes, als immer nur Sex?
Sie ging ins Zimmer zurück und zog die Tür heftiger zu, als notwendig. Ihr Blick fiel auf den Fernseher. Vielleicht kam ja noch etwas, das sie ablenkte. Vielleicht ein alter Hollywoodfilm. Sie klickte auf die Fernbedienung und blickte auf die vollen Brüste einer Blondine, die diese gerade hingebungsvoll knetete, während der Hinterkopf eines Mannes sich zwischen ihren Schenkeln heftig auf- und ab bewegte. Marie schnappte nach Luft und drückte eine andere Taste. Zwei Frauen lagen nackt an einem Strand und streichelten sich zärtlich. Marie verweilte etwas länger als notwendig, bevor sie erneut umschaltete und bei einer rassigen, dunkelhäutigen Frau landete, die gerade einen wilden Ritt auf dem Mann unter ihr hinlegte.
Marie schaltete aus. Es gab hier kein normales Fernsehprogramm, sondern lediglich die Untermalung dessen, was scheinbar alle sowieso taten. Sie legte sich wieder ins Bett, verzichtete aber darauf, die Decke über sich zu ziehen. Ihr Shirt klebte eng an ihrem Körper und sie strich mit den Händen darüber. Noch immer brannte und pochte es in ihrem Schoß und als sie nun mit den Fingerspitzen ihre Brust berührte, spürte sie eine Lustwelle, die ihren ganzen Körper in Besitz zu nehmen schien. Sie dachte an die beiden Frauen im Separee und legte ihre Rechte über ihr dünnes Höschen auf den Venushügel. Ein leises Stöhnen entrang sich ihren Lippen. War sie jemals so geil gewesen? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie übte etwas Druck aus und fuhr dann mit den Fingerspitzen die kleine Furche zwischen den Schamlippen entlang. Ihr Kitzler brannte vor Lust und als sie ihn berührte, stöhnte sie erneut. Oh, war das gut!
Sie schob die Finger jetzt schneller hoch und