Die Wassernixe. mehrbuch

Die Wassernixe - mehrbuch


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macht. Haben wir's doch hier im Gehölz tausendmal angenehmer, als wenn wir der Wasserseite gefolgt wären, – aber freilich, die armen Seemöven und die unglücklichen Schräpel sind dadurch unserer angenehmen Gesellschaft beraubt, ha! ha! ha! Dem Salzwasser und Allen, die darauf leben, soll ein kluger Mann, Herr Van Staats, immer aus dem Wege gehen, ausgenommen insofern sie dazu dienen, die Frachten wohlfeiler zu machen, und den Handel zu beleben. Du wirst mir Dank für diese Sorgfalt wissen, Nichte, wenn du erst oben auf der Anhöhe ankömmst, abgekühlt, wie ein Gepäck mottenfreier Pelze, und frisch und schön, wie eine holländische Tulpe mit den Thautropfen darauf.«

      »Um der letzteren zu gleichen, könnte man sich gefallen lassen, mit verbundenen Augen zu gehen: also genug davon, liebster Onkel. François,« fuhr sie in französischer Sprache fort, »sey so gut, dies kleine Buch zu tragen; trotz der Frische des Waldes, wird es mir eine Erleichterung seyn.« Der Lakai haschte mit einer Eil- und Dienstfertigkeit nach dem Buche, welche die bequemlichere Höflichkeit des Patroon vereitelte. Dem treuen Diener entging der verdrießliche Blick und das tiefere Roth der Wange seiner jungen Gebieterin nicht, und mit Recht schloß er, beides sey mehr die Wirkung innerer Aufregung, als die äußerer Hitze, daher flüsterte er ihr in seiner gesetzten Manier die Worte zu:

      »Bitte, mein werthes Fräulein Alide, ärgern Sie sich nicht. Fräulein würde selbst in einer Wüste Bewunderer in Menge haben. Ach, wenn Fräulein das Land von Dero Vorfahren besuchten – –«

      »Danke sehr, werther François, halte das Buch fest zu, es liegen Papiere zwischen den Blättern.«

      »Monsieur François,« sagte der Alderman, indem er, ohne viel Umstände zu machen, seine eigene massive Person zwischen seine Nichte und ihren fast väterlichen Diener drängte, und den Anderen einen Wink gab, vorauszugehen, »ein Wort im Vertrauen. Während meines geschäftreichen und, wie ich hoffe, nützlichen Lebens, habe ich die Erfahrung gemacht, daß ein treuer Diener ein ehrlicher Rathgeber ist. Nächst Holland und England, beides große Handelsvölker, ferner Westindien, das diesen Colonien unentbehrlich ist, endlich dem Lande, wo ich geboren bin, für welches ich natürlich eine Vorliebe habe, ist Frankreich, wie ich stets der Meinung gewesen bin, kein übles Land. Ich glaube immer, Mister Francis, Abneigung gegen das Wasser hat Euch nach dem Tode meines seligen Schwagers abgehalten, wieder dorthin zurückzukehren, wie?«

      »Und Neigung für Madmoiselle, avec votre permission, mein Herr.«

      »Deine Liebe für meine Nichte, redlicher François, läßt sich nicht bezweifeln. Sie ist so sicher, wie die Zahlung eines guten Wechsels durch Cromeline, van Stopper und van Gelt von Amsterdam. Ja, alter Diener! sie ist frisch und blühend wie eine Rose und ein Mädchen von vortrefflichen Eigenschaften. Nur Schade, daß sie ein wenig eigensinnig ist; ein Fehler, den sie ganz gewiß von ihren normännischen Ahnen geerbt hat, sintemal alle Mitglieder meiner eigenen Familie sich stets wegen ihrer Bereitwilligkeit, Rath anzunehmen, auszeichneten. Die Normänner waren eine halsstarrige Race, wovon die Belagerung von Rochelle ein Beweis ist; ein Versehen, durch welches das Grundeigenthum in jener Stadt am Werthe sehr gesunken seyn mußte.«

      »Tausend excuses, Monsieur Bevre – – ; noch schöner als la rose, und du tout nicht eigensinnig. Mon Dieu! was ihren Stand betrifft, das ist eine Familie sehr alt.«

      »Das war bei meinem Bruder Barbérie die schwache Seite, und doch hat sie zur Totalsumme der Hinterlassenschaft nicht eine Null hinzugefügt. Das beste Blut, Mister François, ist das, welches am wohlgenährtesten ist. Die Stammlinie des Capet selbst würde brechen, wäre der Metzger nicht, und der Metzger muß wiederum ganz gewiß brechen, wenn ihm die zahlungsfähigen Kunden fehlen. François, du bist ein Mann, der den Werth eines sicheren Fußes in der Welt zu schätzen weiß; wär' es nicht Jammerschade, daß ein solches Mädchen, wie Alida, sich wegwürfe, und einen Mann nähme, der nichts Festeres zur Grundlage hat, als ein schwankendes Schiff?«

      »Ganz gewiß, certainement; Fräulein viel zu gut, um zu schwanken in dem Schiff, Monsieur

      »Genöthigt, dem Manne zu folgen, hinauf, hinab, unter Freibeuter und spitzbübische Kaufleute, bei schönem Wetter und bei schlechtem, in Hitze wie in Kälte, in feuchte, wie in trockne Luft, in stehendes Flachwasser und in salziges, unter Krämpfen und Uebelkeiten, bald mit salziger Bekleidung, bald mit gar keiner, im Sturme und in Windstillen, und Alles blos wegen eines voreiligen Urtheils, in blutheißer Jugend gefällt.«

      Während der Alderman alle die Beschwerlichkeiten aufzählte, die folgen würden, wenn seine Nichte sich zu einem so unbesonnenen Schritt entschlösse, nahm das Gesicht des Lakaien bei der Erwähnung jedes neuen Uebels einen neuen, dem Uebel entsprechenden Ausdruck an, als wenn seine Muskeln so viele Spiegel gewesen wären, und in jedem einzelnen die Krämpfe und Zuckungen eines Seekranken sich getreu abspiegelten.

      »Parbleu, ist was abscheuliches, das Meer!« rief er aus, als der Andere seine Pandorenbüchse ausgeleert hatte. »Es ist groß malheur, daß es gibt Wasser, ausgenommen für die Trink, und die Reinlichkeit, und für den Wassergraben um das château, für die Karpfen darin zu halten. Aber, Fräulein nicht voreilig urtheilt und sie wird einen Gemahl haben auf dem festen Grund.«

      »Es wäre besser, wenn das Gut meines Schwagers hübsch unter Aufsicht bliebe, als es los und locker auf dem hohen Meere umherschwimmen zu lassen, meinst du nicht auch, weiser François?«

      »Es nie gab Matrosen in der Familie de Barbérie.«

      »Potz Wage und Verschreibungen! wenn das, was ein Gewisser besitzt, den ich nennen könnte, sparsamer François, in baarer Münze hinzukäme, so würde die Totalsumme ein gewöhnliches Schiff in den Grund senken. Du weißt, es ist mein Vorsatz, Alida in meinem Testament zu bedenken.«

      »Wenn Monsieur de Barbérie noch am Leben wäre, Monsieur Herr Alderman, so würde er mit gebührender Höflichkeit antworten; aber, malheureusement, mein theurer Herr ist todt, und ich, Sir, bin so frei, zu danken, in seinem und seiner Familie Namen.«

      »Weiber haben verkehrte Launen, zuweilen macht es ihnen Vergnügen, gerade das zu thun, was ihre Freunde nicht haben wollen.«

      »Ma foi, oui!«

      »Nun ist es also an klugen Männern, sie durch gute Worte und reiche Geschenke zu leiten; diese machen sie zahm wie ein Paar gut zugerichteter Pferde.«

      »Monsieur muß es wissen,« sagte der alte Diener, indem er sich die Hände rieb, und wie ein Domestik, der seine Schuldigkeit kennt, bescheiden lächelte, dabei aber dennoch nicht über sich gewinnen konnte, eine scherzhafte Anspielung zu unterdrücken: »Monsieur ist garçon, das Geschenk ist gut für die Demoiselles, und besser als wie für die Dames.«

      »Potz Ehe und Augenzudrücker! freilich müssen wir Gassons, wie Ihr uns nennt, es besser verstehen. Ehemänner stehen unterm Pantoffel und haben nicht Zeit dazu, eine ausgedehnte Bekanntschaft unter Frauen zu machen, um die echte Qualität der Waare kennen zu lernen. Na, Du kennst Herrn van Staats von Kinderhook, treuer François, was meinst Du zu einem so jungen Mann als Gemahl für Alida?«

      »Aber, Fräulein liebt die vivacité, Monsieur Patroon ist nie übermäßig lebendig.«

      »Desto besser, um so wahrscheinlicher .... Sacht, ich hör' Jemand kommen. Man folgt uns, oder, wie ich vielleicht sagen sollte, man macht Jagd auf uns, um mich in der Sprache dieser See-Honoratioren auszudrücken. Jetzt ist der Augenblick da, diesem Capitän Ludlow zu zeigen, wie ihn auf festem Lande ein Franzose um den Finger wickeln kann. Bleib' hinter uns zurück und bring unsern Schifffahrer auf die falsche Fährte, und wenn er auf den Nebel losgesteuert ist, so komme eilig nach: an der Eiche auf der Anhöhe wollen wir auf Dich warten.«

      Geschmeichelt durch dies Vertrauen, und in der redlichen Ueberzeugung, daß er das Glück seiner Gebieterin fördern helfe, erwiederte der Alte den schadenfrohen Wink des Rathsherrn mit einem beifälligen Nicken, und nahm sofort einen langsameren Schritt an, während Beveront um so schneller wegeilte, und sammt Denen, welche er führte, in der nächsten Minute links in dem Gehölze verschwand. Wie sehr auch Alida bei ihrem Diener auf Treue, ja selbst auf liebende Anhänglichkeit rechnen durfte, so fehlten


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