Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane. Alfred Bekker
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5
Am späteren Nachmittag machte ich mich richtig fein.
Krawatte, Jackett, sogar eine leidlich gebügelte Hose. Und der Drei-Tage-Bart war auch ab. Ich wollte ungefähr so aussehen, wie die Typen, die im Maritim aus und ein gingen, Marke Handelsreisender mit aufdringlichem Rasierwasser. Mit letzterem konnte ich zwar nicht dienen, aber in dem Hotel hing schon soviel davon in der Luft, dass das auch gar nicht nötig war. Natürlich wurde Tina neugierig.
"Wie kommt es, dass du dich so in Schale schmeißt?"
"Ich muss jemanden beobachten", sagte ich. Und damit log ich noch nicht einmal. "Eine Art Detektiv-Job."
"Und dafür gibt's Geld?"
"Ja."
"Und du findest nicht, dass das alles ziemlich weit hergeholt klingt?"
"Nein, so ist es nun mal. Du kannst es glauben oder nicht."
"Warum nimmst du mich nicht mit?"
"Nein. Das geht nicht."
"Entweder die Sache ist nicht so sauber, wie du mir weiszumachen versuchst, oder..."
"Oder was?"
"Oder die Person, die beobachten sollst ist weiblich und hat sich zu dieser Beobachtung vorher mit dir verabredet."
"Ha, ha!"
"Ich finde das nicht witzig."
"Wie wär's, wenn du mir einfach ein bisschen mehr vertrauen würdest?"
Sie hob die Augenbrauen.
6
Ich hing eine ganze Weile in der Eingangshalle des Maritim herum und wartete darauf, Erikson zu begegnen. Ich war zwar bereits entschlossen, die Sache durchzuziehen, wollte aber das Risiko abschätzen können. Und ich wollte zumindest in Umrissen wissen, mit wem ich es zu tun hatte. Andererseits bei einer halben Million wurde meine Risikoempfindlichkeit natürlich um einiges gedämpft.
Ich musste eine ganze Weile auf Erikson warten. Leider war inzwischen ein neuer Portier an der Rezeption, sonst hätte ich ihn gefragt, ob der Mann von Nummer vierunddreißig zur Zeit in seinem Zimmer war. Wenn nicht, dann hätte mich dort mal ein bisschen umschauen können. Aber meine Polizeimasche wollte ich nicht noch einmal abziehen. Am Ende fiel die Sache auf und dann war ich der Gelackmeierte.
Und einfach so bei Nummer vierunddreißig vorbeischauen?
Auf gut Glück sozusagen? Aber das konnte in die Hose gehen.
Schließlich kam Erikson doch noch. Sein Jackett wirkte ziemlich zerknittert - und zwar auf eine Art und Weise, die nicht klar erkennen ließ, ob es modische Absicht oder Nachlässigkeit war. Er ging in Richtung Hotelbar an mir vorbei, ohne mich überhaupt zu bemerken. Ich folgte ihm und sah ihn wenig später vor einem Drink sitzen. Er wirkte ziemlich nachdenklich. Was hätte ich dafür gegeben, jetzt zu wissen, was hinter seiner hohen, sonnengebräunten Stirn vor sich ging? Ich drückte mich irgendwo in die Ecke, um ihn besser beobachten zu können und dabei nicht allzusehr aufzufallen.
Vielleicht traf Erikson sich ja mit jemanden. Jedenfalls, wenn ich Glück hatte. Aber ich hatte keins.
Ein dickbäuchiger Rothaariger quatschte Erikson mehrmals an. Der Schwede reagierte erst nicht, ließ sich dann aber schließlich doch auf einen Small Talk ein.
Der Dicke erzählte eine Menge über sich. Er war Vertreter für Dessous-Mode, tingelte von Kaufhaus zu Kaufhaus und hatte sich jetzt ein Ferienhaus an der Ostsee gekauft. Und seine Tochter würde in drei Monaten Abitur machen und dann studieren. Beides sei ziemlich teuer, die Tochter und das Ferienhaus.
Der Schwede sagte nicht viel dazu. Das Wenige, was er über die Lippen brachte, war jedenfalls kein bisschen Akzentbeladen. Schließlich machte der Dicke den Vorschlag, dass sie beide zusammen noch ein wenig herumziehen könnten.
"Ich bin öfter hier", meinte er. "Ich kenne mich hier aus, glauben Sie mir. Auch was das Nachtleben angeht und so." Er grinste dreckig. "Ich weiß, wo was los ist."
Anfangs zögerte der Schwede. Dann leerte er seinen Drink und nickte. "Gut", meinte er. "Warum eigentlich nicht?" Erikson lächelte müde. "Ein bisschen Abwechselung könnte ich vertragen!"
"Nicht wahr?", meinte der Dicke. "So was braucht man einfach ab und zu!"
"Schon möglich."
Der Dicke strich sich über seine roten Haare, die ziemlich kurzgeschoren waren und sich wie die Stoppeln eines abgeernteten Kornfeldes in die Höhe reckten. "Ich muss nur vorher mal für kleine Jungs", meinte er.
Erikson nickte nur. Und der Dicke verschwand für ein paar Minuten. Ich verschwendete indessen ein paar Gedanken auf die Frage, ob dies wirklich eine zufällige Begegnung war oder ein geschickt inszenierter konspirativer Treff. In dem Milieu, in das meinen Fuß gesetzt hatte, musste man in dieser Hinsicht schließlich mit allem rechnen. Trotzdem entschied ich mich für die erste Möglichkeit.
"Nehmen wir meinen Wagen oder Ihren?", fragte der Dicke, als er zurückkam.
Der Schwede grinste.
"Wenn wir überhaupt einen nehmen, dann Ihren!"
"Wieso?"
"Ich habe keinen hier."
"Ach so."
Sie