Zeitmanagement und Selbstorganisation in der Wissenschaft. Markus Riedenauer

Zeitmanagement und Selbstorganisation in der Wissenschaft - Markus Riedenauer


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sich selbst wahrnimmt, als stark oder schwach. Aus dieser Wahrnehmung resultiert, wie bestimmt oder zurückhaltend reagiert wird.

      In der ersten Dimension gibt es eine Bandbreite von Wahrnehmung der Welt als herausfordernd und anstrengend auf dem einen Extrem, als förderlich und angenehm auf der anderen Seite. Darin spiegelt sich die fundamentale motivationale Dualität von Schmerz und Lust wider. Natürlich kann ein solcher Eindruck durch Überlegen korrigiert werden: Auch wer allgemein dazu neigt, seine Umwelt als positiv für sich wahrzunehmen, kann sich z.B. dessen bewusst werden, dass ein Gutachter im Habilitationskolloquium nicht wohlgesonnen ist, und wird entsprechend vorsichtiger agieren. Es geht aber hier darum, die spontane Färbung der Weltwahrnehmung zu erkennen und ebenso der Reaktionsneigung in der zweiten Dimension, also die unwillkürliche Disposition zu starkem, offensivem, bestimmtem oder zu defensivem, zurückhaltendem Auftreten.

      Um mit den beiden Dimensionen, die Verhalten bestimmen, vertrauter zu werden, zeichnen Sie sich zwei Skalen: Auf der einen tragen Sie ein, wie die Welt auf Sie wirkt zwischen den Polen „anstrengend“ und „angenehm“, auf der zweiten, wie Sie häufig zu reagieren geneigt sind, zwischen „bestimmt“ und „zurückhaltend“.

      Insoweit es richtig ist, dass diese beiden Faktoren der Wahrnehmung der Umwelt zwischen günstig und ungünstig sowie der Selbstwahrnehmung zwischen stärker und schwächer die spontanen Verhaltenstendenzen bestimmen,[40] sind sie so miteinander zu verbinden, dass sich die vier grundsätzlich möglichen Kombinationen als Haupttendenzen ergeben. Diese werden mit den vier Buchstaben D, I, S und G bezeichnet. Sie stehen für vier Adjektive, die so ungefähr die jeweilige Tendenz charakterisieren, aber im allgemeinen Sprachgebrauch oft mit Wertungen verbunden sind, die das Verständnis erschweren können. Darum ist es wichtig, sich von Konnotationen dieser Worte frei zu halten und zu verstehen, wie jede Haupttendenz aus den beiden erklärten Dimensionen entsteht:

      D: Wenn das Umfeld als fordernd und anstrengend erlebt wird und die Reaktion bestimmt oder offensiv ist, sprechen wir vom „dominanten“ Verhaltensstil. Das Bestreben ist, sich durchzusetzen, Ergebnisse zu erzielen auch gegen Widerstand, die Dinge rasch und energisch anzupacken.

      Menschen mit einem hohen D-Faktor sind selbstbewusst, risikobereit, entscheidungsfreudig und konsequent.

       Wie sehr trifft diese Beschreibung auf mein Verhalten zu?

       Wie viele Punkte von 1–5 würde ich mir geben?

      I: Wo wie beim D die Reaktion bestimmt ist, aber das Umfeld als wohlwollend und förderlich wahrgenommen wird, liegt die „initiative“ Haupttendenz vor. Sie will mit anderen zusammen die Dinge weiterbringen und gewinnen: Menschen von einem Vorhaben überzeugen und dazu motivieren. Da das Umfeld gar nicht so anstrengend erscheint, kann man ja spielerisch gewinnen.

      Personen mit einem hohen I-Faktor sind demnach offen, optimistisch, kommunikativ, vielseitig und somit unterhaltsam.

       Wie sehr trifft diese Beschreibung auf mein Verhalten zu?

       Wie viele Punkte von 1–5 würde ich mir geben?

      S: Wo eine ähnliche positive Weltwahrnehmung vorherrscht, aber dennoch die Reaktion zurückhaltend ist, sprechen wir vom „stetigen“ Verhaltenstyp: Er will gerne mitmachen, aber nicht an vorderster Front, sondern unterstützend. Er ist zufrieden damit, im Hintergrund seinen anerkannt wichtigen Beitrag zum Ganzen zu leisten.

      Er gilt als hilfsbereit, einfühlsam, ruhig und geduldig.

       Wie sehr trifft diese Beschreibung auf mein Verhalten zu?

       Wiev iele Punkte von 1–5 würde ich mir geben?

      G: Eine zurückhaltende Reaktionsneigung in einem herausfordernden Umfeld führt zur „gewissenhaften“ Tendenz. Die – gegenüber D – defensivere Variante der Auseinandersetzung mit Anstrengendem oder gar riskant Erscheinendem will die Dinge richtig machen und „auf Nummer sicher gehen“. Sie arbeitet sorgfältig und nach genauen Plänen.

      Menschen mit einem hohen G-Faktor sind qualitätsbewusst, diszipliniert, analytisch und faktenorientiert.

       Wie sehr trifft diese Beschreibung auf mein Verhalten zu?

       Wie viele Punkte von 1–5 würde ich mir geben?

      Wenn die beiden Dimensionen miteinander geschnitten werden, ergibt sich ein einprägsames Übersichtsbild:

      [41]image

       In welchem der vier Quadranten liegt meine spontane Verhaltenspräferenz in einer typischen beruflichen Situation?

       Wie würde mich eine Person einschätzen, die mich gut kennt und schätzt?

      [42]Es ist nun sehr wichtig, zu sehen, dass jeder Mensch alle vier Verhaltensdispositionen in sich hat – allerdings in einer einzigartigen „Mischung“. Außerdem sind alle allgemeinen Wertungen der vier Haupttendenzen hintanzuhalten: Keine ist an sich besser oder schlechter als die anderen, alle vier sind wichtig – nur in manchen Situationen mehr die einen, in anderen mehr die anderen. In jedem menschlichen System wie einem Team oder einer Familie werden alle vier Tendenzen gebraucht: Ohne D-Faktor werden Entscheidungen zu langsam getroffen und bei Schwierigkeiten nicht durchgesetzt; ohne I fehlt die motivierende und verbindende Kraft und die Flexibilität, sich neuen Ideen zu öffnen; ohne S stocken gemeinsame Vorhaben, wenn es an die geduldige und routinemäßige Umsetzung geht, und die Gruppe kann auseinanderfallen; ohne G fehlt das nötige kritische Element, das sorgfältige Prüfen und Abwägen.

      Wahrscheinlich haben Sie beim Durchdenken der Erläuterung des Verhaltensmodells sich selbst schon intuitiv eingeschätzt. Um das genauer zu erheben, ist es sehr empfehlenswert, ein persolog®-Persönlichkeits-Profil mit der Hilfe eines zertifizierten Trainers oder einer Trainerin zu erstellen. Dabei können Sie sich nicht nur einem der vier Haupttypen, sondern auch einem kombinierten Stil zuordnen (insgesamt zwanzig) und bis zu sieben Interpretationsstufen durcharbeiten.17 Dabei werden drei Verhaltensprofile erstellt und grafisch aufbereitet, was tiefer- und weitergehende Schlussfolgerungen für Ihre persönlichen Überzeugungen, Ihre Selbstentwicklung in Bezug auf Erfolgsstrategien, Stresspotential und Kooperation erlaubt.

      Verhaltensstil und Zeitgestaltung

      Wie ein Mensch mit Terminen und Zeitdruck umgeht, inwieweit er sich und andere diszipliniert, wie es mit seiner Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Zielkonsequenz aussieht, hängt stark von seinem Verhaltensstil ab. Um sich über die Folgen der vier Haupttendenzen für das Zeitmanagement klarer zu werden, sehen Sie in der folgenden Tabelle die wesentlichen Charakteristika jedes Stils.18

      [43]

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      Unterstreichen Sie mit einem Bleistift diejenigen Aussagen, die auf Sie zutreffen, und streichen Sie durch, was nicht passt. Sie selbst entscheiden, was für Sie wichtig ist, vor allem, wenn Sie auch eine sekundäre Tendenz haben, die teilweise dem primären Verhaltenstyp widersprechen kann (D und S oder G und I). Vergessen Sie nicht, dass Sie sich für eine bestimmte Situation selbst einschätzen.

      [44]Notieren Sie sich Ihre persönlichen Schlussfolgerungen, was Sie nun besser verstehen und worauf Sie in Zukunft besonders achten möchten. Wählen Sie aus dem reichen Angebot an Methoden und Ideen in diesem Buch das aus, was zu Ihrem Verhaltenstyp passt.

      Das innere Team

      Die Vorstellung eines inneren Teams ist ein Coaching-Instrument, um vor allem in Entscheidungssituationen mehreren Gesichtspunkten eine Stimme zu verleihen. Statt in seinen Gedanken immer zwischen Ja und Nein, Schon und Aber hin- und herzuspringen, werden diese in ein geordnetes Gespräch gebracht. Hilfreich ist es, diesen Stimmen Namen zu geben und sich vielleicht dabei eine Gestalt und ein Gesicht vorzustellen.

      Das lässt sich gut mit dem Verhaltensprofil verbinden: Stellen Sie sich vor, Ihre vier


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