Kreativitätstechniken. Egon Freitag
New York, London, Sydney 1964, pp. 54–68; Dies.: Manual: remote associates test. Form 1. Boston 1966.
Attribute Listing: auch Attribute Listing Technik (attribute listing technique): eine Eigenschaftsliste, in der ein Objekt mit möglichst vielen Merkmalen beschrieben wird, z. B. Eigenschaft, Funktion, Handhabung usw.; das Auflisten aller wesentlichen Merkmale (Attribute) eines Problems, Produkts oder einer Situation. Michael Knieß (*1960) bezeichnet diese Methode als „Produkt-Ideenfindungstechnik“ (Knieß, 1995, S. 119). Sie wurde von dem US-amerikanischen Kreativitätsforscher Robert Platt Crawford (1893–1970) entwickelt, der bereits 1931 ein erstes Training zu dieser Methode durchführte. (vgl. Sikora, 2001, S. 7) Diese Methode besteht aus zwei Anwendungsmöglichkeiten:
1 „Man wählt ein Produkt, bestimmt eines seiner Attribute und versucht, dieses Attribut mit einem anderen Gegenstand in Verbindung zu bringen.“
2 „Man nimmt ein Produkt, zergliedert es in seine unterschiedlichen Attribute und versucht, jedes Attribut auf jede erdenkliche Art zu verändern“ (Hoffmann, 1996, S. 221 f.).
Durchführung:
Die Durchführung erfolgt in vier Schritten:
1 „Zergliederung eines Produktes, eines Verfahrens oder einer Dienstleistung in seine besonderen Einzelteile, Eigenschaften, Merkmale und Charakteristika (Attribute).
2 Die Beschreibung dieser Merkmale, um den Ist-Zustand des Untersuchungsobjektes zu definieren.
3 Das Bestreben, jedes dieser Merkmale und Eigenschaften auf jede erdenkliche Art zu verändern, d. h. eine systematische Suche nach Variationsmöglichkeiten eines jeden Attributes.
4 Die nun veränderten Eigenschaften auf ihre praktische Brauchbarkeit und Anwendungsmöglichkeit hin prüfen, d. h. Auswahl und Verwendung interessanter Variationen.“ (Hoffmann, 1996, S. 226 f.).
Vorteile:
Das Aufzählen und Finden von zahlreichen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten sensibilisiert gegenüber der Umwelt und stimuliert zur produktiven Beschäftigung mit dem Problem, woraus sich Innovationen ergeben können. Sie ist eine Variante des → Morphologischen Kastens.
Nachteile:
Diese Kreativitätstechnik ist für anspruchsvolle komplexe Problembereiche nicht geeignet.
Einsatzmöglichkeiten:
Die Attribute Listing Technik kann zum Einsatz kommen, wenn ein bereits bestehendes Produkt oder Verfahren verbessert bzw. weiterentwickelt werden soll. Dabei werden die Merkmale einzeln auf mögliche Verbesserungen überprüft. Die Technik dient der Analyse der Ist- und Soll-Merkmale eines Produkts und dem Aufspüren möglicher Variationen und neuer Gestaltungslösungen. Diese Kreativitätstechnik kann sowohl einzeln als auch in der Gruppe angewandt werden.
Lit.: Crawford, R. P.: Think for yourself. New York 1937; Ders.: How to get ideas. An essential and fundamental course in creative thinking. Lincoln, Nebraska: University Associates 1950; Ders.: The techniques of creative thinking. How to use your ideas to achieve success. New York: Hawthorn 1954; Ders.: Direct creativity, with attribute listing: Fundamental course including the famous points and exercises. New York: Fraser Pub. Co. 1964; Hoffmann, H.: Kreativität. Die Herausforderung an Geist und Kompetenz. Damit Sie auch in Zukunft Spitze bleiben. München 1996; Knieß, M.: Kreatives Arbeiten. Methoden und Übungen zur Kreativitätssteigerung (Beck-Wirtschaftsberater), München 1995; Sikora, J.: Handbuch der Kreativ-Methoden. Bad Honnef 22001.
Ausdeutungstechnik (interpretation technique): Sie wurde um 1975 von den Zukunftsforschern Robert Jungk (1913–1994) und Norbert R. Müllert entwickelt.
Durchführung:
Sie erfolgt in vier Stufen:
1 Ideen, Assoziationen, Phantasien werden zu einer positiv formulierten Fragestellung aufgelistet.
2 Daraus wird eine zündende Idee ausgewählt und interpretiert. Dazu werden entsprechende Synonyme gesucht und beschrieben.
3 Eine Interpretation wird ausgewählt und mit dem Problem verknüpft;
4 Erste Entwürfe und Lösungsansätze werden entwickelt.
Bei dieser Technik nehmen die Teilnehmer unterschiedliche Perspektiven ein. Diese tragen dazu bei, die Aufgabenstellung einzukreisen und die ausgewählten Faktoren zu deuten, was dahintersteckt und wie auf dieser Basis Neues gefunden werden kann.
Der Moderator hat die Aufgabe, bei den Teilnehmern Assoziationen zu erzeugen und Deutungen herauszufordern. Dabei sollte nicht auf Bekanntes und Althergebrachtes zurückgegriffen werden, sondern ungewöhnliche, originelle und provozierende Ideen und Lösungsvorschläge sind gefragt. Die ausgewählten Deutungen werden auf das Ausgangsproblem übertragen. Lösungsvorschläge werden weiterentwickelt und in der Gesamtgruppe vorgestellt. Schließlich wird daraus die beste Lösung ausgewählt. Diese wird in einem Projektumriss konkretisiert.
Der gesamte Zeitbedarf vom Beginn der Sitzung bis zur Erarbeitung eines Projektumrisses wird mit 3½ bis 4 Stunden angegeben. Die Teilnehmerzahl beträgt etwa 12 Personen. Dabei werden Kleingruppen von 3–5 Personen gebildet. (vgl. Mauer/Müllert, 2007, S. 22 f.)
Einsatzmöglichkeiten:
Diese Technik trägt dazu bei, ungewöhnliche, originelle und provozierende Ideen und Lösungsvorschläge zu entwickeln sowie neue Fragestellungen und Themen für die Zukunft zu finden. Sie eignet sich für die Arbeit im Team.
Lit.: Mauer, H./Müllert, N. R.: Moderationsfibel – Soziale Kreativitätsmethoden von A bis Z: nachschlagen – verstehen – einsetzen. Das Praxisbuch zu Problemlösungsverfahren mit Gruppen. Neu-Ulm 2007.
Ausfallschritt-Technik (lunge technique; big step technique): eine Methode, die das kreative Denken durch provokative Reizaussagen aktivieren soll, um „dem eingefahrenen Gleis der Selbstverständlichkeit zu entkommen, daher der Name Ausfallschritt-Technik“ (de Bono, 1996, S. 158). Sie wurde von dem britischen Psychologen und Kreativitätsforscher Edward de Bono (*1933) entwickelt. Eine Provokation enthält eine Reizaussage, die Bewährtes und Selbstverständliches in Frage stellt, ausschließt oder ablehnt, „oder mit einem Ausfallschritt aus dieser Denkschiene“ ausschert, um eingefahrene Denkweisen zu verlassen. (de Bono, 1996, S. 158) Um eine mentale Provokation anzukündigen, verwendet de Bono die Silbe „PO“, die für Provokative Operation steht (abgeleitet von den Begriffen Hy-po-these, Sup-po-sition, Po-tenzial, Po-esie). Selbstverständliche Situationen oder Abläufe werden durch Reiz-Aussagen verfremdet, so dass sie zum Widerspruch herausfordern, um aus alten Denkstrukturen auszubrechen. Dabei können diese provokativen Reizaussagen auch absurd oder unrealistisch sein.
Durchführung:
1 Bei der Ausfallschritt-Technik werden zunächst alle selbstverständlichen Aspekte eines Problems, eines Produkts oder eines Prozesses zusammengetragen und aufgelistet.
2 Daraus wird ein Aspekt ausgewählt und in sein Gegenteil verkehrt. Dies erfolgt mit dem Hilfswort PO aus der → Provokationstechnik von Edward de Bono.
3 Die als selbstverständlich angesehenen Aspekte werden durch einen symbolischen Ausfallschritt überprüft. Damit sollen festgefahrene Ansichten und Denkstrukturen überwunden werden.
Vorteile:
Diese Kreativitätstechnik dient dazu, festgefahrene Methoden, Verfahren oder Systeme zu verlassen, um die Probleme aus einer völlig neuen Perspektive zu betrachten und Verbesserungen oder Veränderungen herbeizuführen.
Nachteile:
Diese Methode ist für ungeübte Teilnehmer zunächst gewöhnungsbedürftig. Für komplexe Probleme ist die Ausfallschritt-Technik weniger geeignet.
Einsatzmöglichkeiten:
Die