Kreativitätstechniken. Egon Freitag
darin, dass das eigentliche Problem erst definiert werden muss, um Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Aus einer ungenauen Problemsituation heraus ist keine optimale Lösung möglich.
Einsatzmöglichkeiten
Die Ablaufanalyse eignet sich für Analyseprobleme und zur Problemformulierung, indem das Problem verlaufsartig dargestellt wird. Dadurch kann ein Prozess von A-Z visualisiert werden. Alle Handlungs- und Verfahrensabläufe sowie die Informationsflüsse werden innerhalb dieses Prozesses hervorgehoben.
Diese Technik kann sowohl von Gruppen als auch von Einzelpersonen durchgeführt werden.
Lit.: Mencke, M.: Kreativitätstechniken – Kreative Problemlösung und Entscheidungsfindung. Berlin 2012; Pohl, M.: Kreative Kompetenz. Kreativität entwickeln – Ideen finden – Probleme lösen. Berlin 2012.
8 x 1 der Ideenfindung© (8 x 1 of idea finding): ein strukturiertes Vorgehen bei der Gewinnung neuer Ideen und Vorschläge, das auf den Grundregeln des → Brainstormings beruht. Diese Technik wurde von Annette Blumenschein und Ingrid Ute Ehlers entwickelt.
Durchführung:
1 Zusammensetzung einer Arbeitsgruppe, die gleichberechtigt Anregungen, Ideen und Vorschläge zum gestellten Problem entwickelt (ca. 5–10 Teilnehmer).
2 Festlegung des vorgesehenen Zeitrahmens (etwa 40–60 Minuten)
3 Arbeitsbedingungen (räumliche Anordnung, Störungen vermeiden, Mobiltelefone ausschalten) und Bereitstellung notwendiger Materialien (Flipchart, Pinnwand, Stifte, dicke Filzschreiber u.ä.)
4 Ziel der Arbeitsgruppe festlegen: die systematische Entwicklung von möglichst vielen Ideen. Auch unausgereifte, abwegig erscheinende Vorschläge zulassen.
5 Die vorgeschlagenen Ideen den anderen Teilnehmern mitteilen und deren Anregungen aufgreifen und weiterentwickeln.
6 Jegliche Form von Kritik an den vorgestellten Ideen ist zu unterlassen. Schaffung einer „kritikfreien Zone“. Dies betrifft z. B.: verbale Kritik (Getuschel, Gemurmel, Zwischenrufe, Killerphrasen), akustische Kritik (Geraschel, Klopfen, Kugelschreiberdrücken), mimische Kritik (Grinsen, schadenfroh lächeln, feixen), gestische Kritik (abfällige Gebärden).
7 Der Moderator leitet die Diskussion, ist neutral und steuert selbst keine Ideen bei. Er bündelt die Beiträge und achtet auf die Einhaltung der Rahmenbedingungen. Er stellt die von den Gruppenteilnehmern entwickelten Ideen für alle sichtbar in den Raum (auf einer Pinnwand oder Flipchart).
8 Es ist verbindlich zu klären, von wem die entwickelten Vorschläge, Ideen und Lösungsansätze genutzt werden dürfen. Dies sollte möglichst vor der Anwendung dieser Ideenfindungstechnik erfolgen. (vgl. Blumenschein/Ehlers, 2007, S. 80 f.)
Bei dieser Technik geht es darum, herkömmliche Denk- und Verhaltensmuster zu überwinden und neue Lösungsansätze zu finden. Die Regeln sollten allen Teilnehmern ausgehändigt und im Beratungsraum sichtbar angebracht werden. Bei Regelverstoß ist daran zu erinnern, „dass kreative Freiräume Schutzräume sind, … damit sich neue Ideen ungehindert in einem kritikfreien Rahmen entfalten können“ (Blumenschein/Ehlers, 2007, S. 79 f.).
Einsatzmöglichkeiten:
Diese Technik eignet sich für ein strukturiertes Vorgehen bei der Gewinnung neuer Ideen und Vorschläge und kann sowohl im Team als auch individuell durchgeführt werden.
Lit.: Blumenschein, A./Ehlers, I. U.: Ideen managen. Eine verlässliche Navigation im Kreativprozess. Leonberg 2007.
Advocatus Diaboli (Devil’s Advocate): »Anwalt des Teufels«; eine Provokationstechnik. Sie beruht auf dem Prinzip, einem an sich für gut befundenen Vorschlag für die Lösung eines Problems etwas Nachteiliges nachzuweisen. Ein Teilnehmer übernimmt die Rolle des Kritikers, vertritt mit scharfen Argumenten die Gegenseite (als „des Teufels Advokat“) und stellt provokante Thesen auf. Dazu sollen von den Teilnehmern Gegenthesen entwickelt werden, um die Vorwürfe abzuwehren und die eigenen Ideen und Lösungsansätze zu verteidigen. (vgl. Luther, 2013, S. 269)
Durchführung:
1 Um kritische und gegenteilige Argumente in der Diskussion vorzubringen, ist die Auswahl der Teilnehmer ganz entscheidend. Der Erfolg dieser Kreativitätstechnik hängt auch entscheidend vom Moderator ab, der zwischen den Parteien vermitteln muss, damit das Betriebsklima nicht außer Kontrolle gerät.
2 Ein Teilnehmer oder mehrere Team-Mitglieder starten die kontroverse Diskussion mit einer Advocatus Diaboli-Haltung.
3 Es erfolgt die Feststellung, welche Einsichten und Erkenntnisse aus der kontroversen Diskussion gewonnen werden können.
4 Der Moderator stellt sicher, dass sich alle Teilnehmer verstanden fühlen, bevor eine Entscheidung über die Idee bzw. über den Lösungsvorschlag angenommen wird und bevor die Sitzung beendet wird.
5 Alle wichtigen Einsichten und Erkenntnisse werden in einer kurzen Zusammenfassung dokumentiert. Das Protokoll kann auch anderen Teams zur Verfügung gestellt werden, damit sie davon profitieren können. (vgl. Aerssen/Buchholz, 2018, S. 106)
Vorteile:
Advocatus Diaboli ist eine hilfreiche Methode zur Entscheidungs- und Bewertungsfindung von spontanen Einfällen, Ideen und Geistesblitzen, wenn im Team gegensätzliche Lösungsvorschläge vorgebracht werden. Diese Kreativitätstechnik regt den Ideenfluss an und fördert das kontroverse Denken.
Nachteile:
Da die Teilnehmer bei dieser Kreativitätstechnik nur eine Rolle spielen, ist diese Offenheit im Unternehmen nicht alltäglich und mitunter sogar unerwünscht.
Einsatzmöglichkeiten:
Advocatus Diaboli fördert offene Diskussionen sowie den kontroversen Meinungsaustausch von Ideen und Lösungsvorschlägen innerhalb eines Teams. Diese Kreativitätstechnik kann aber auch abteilungsübergreifend und interdisziplinär angewandt werden.
Lit.: Aerssen, B. v./Buchholz, Ch. (Hrsg.): Das große Handbuch Innovation. 555 Methoden und Instrumente für mehr Kreativität und Innovation im Unternehmen. München 2018; Luther, M.: Das große Handbuch der Kreativitätsmethoden. Wie Sie in vier Schritten mit Pfiff und Methode Ihre Problemlösungskompetenz entwickeln und zum Ideen-Profi werden. Bonn 2013.
AGO: Aims, Goals, Objectives: Ziele, Zwecke, Zielsetzungen; auch unter der Bezeichnung ZZ (Ziele und Zwecke) bekannt. All diese Begriffe stehen für das Ziel; eine Denktechnik, die zur exakten Zielbestimmung eingesetzt wird. Sie wurde von dem britischen Psychologen und Kreativitätsforscher Edward de Bono (*1933) entwickelt.
Durchführung:
Die Aufgabe besteht darin, sich Ziele zu setzen bzw. das richtige Ziel zu finden. Ein Ziel kann nah oder fern, klein oder groß sein. „Wir müssen auch das Ziel planen oder wechseln, damit wir es besser erreichen“ (de Bono, 2014, S. 179). Bei der Produktplanung ist es z. B. unerlässlich, vorher Marktforschung zu betreiben, um nach neuen Absatznischen zu suchen und Marktlücken zu nutzen. Die Zielstellung der Aufgabe bzw. des Problems wird konkret hinterfragt und detailliert aufbereitet, um für die Bearbeitung und Lösung die Richtung festzulegen.
Einsatzmöglichkeiten:
Die Technik eignet sich für Einzel- und Gruppenarbeit und kann auch in Kombination mit anderen Denktechniken angewandt werden (z. B. mit der → Hutwechsel-Methode). → DATT → Zielsetzung
Lit.: De Bono, E.: De Bonos neue Denkschule. Kreativer denken, effektiver arbeiten, mehr erreichen, 6. Aufl., München 2014; Luther, M.: Das große Handbuch der Kreativitätsmethoden. Wie Sie in vier Schritten mit Pfiff und Methode Ihre Problemlösungskompetenz entwickeln und zum Ideen-Profi werden. Bonn 2013.
Algorithmus zum Lösen erfinderischer Aufgaben → ARIZ