Kreativitätstechniken. Egon Freitag
(s. die Bewertungsmatrix am Beispiel von Maßnahmen des Personalmarketings in der beigefügten Grafik).
5 In die betreffenden Spalten werden spontane Einfälle, Ideen und Lösungsvorschläge eingetragen.
6 Zeilenweise werden alle Ideen und Lösungsvorschläge gesichtet, und zwar von links nach rechts. Danach wird eine Zeile tiefer das nächste Kriterium überprüft. Jede einzelne Idee wird entsprechend der Kriterien bewertet.
7 In der letzten abschließenden Phase sollte die Matrix um spezielle Entscheidungsrubriken erweitert werden. Dort erfolgen die Bewertungen: ›Ideen und Lösungsvorschläge annehmen, verbessern oder streichen.‹ (vgl. Aerssen/Buchholz, 2018, S. 147)
Vorteile:
Die Bewertungsmatrix identifiziert vorhandene Stärken, aber auch Schwachstellen. Daraus lassen sich Listen von Chancen und Risiken erstellen. Diese Technik verhindert vorschnelle und einseitige Entscheidungen und Beurteilungen über die generierten Ideen und Lösungsvorschläge. Es geht darum, Ideen systematisch zu vergleichen und einen Überblick über die Stärken und Schwächen einer Idee zu erhalten. Durch die Bewertungsmatrix sind Nachbesserungen von Ideen möglich, die bei einfachen Entscheidungen sonst verworfen worden wären. Der Nutzen einer Entscheidung wird mit Hilfe von Algorithmen berechenbar.
Nachteile:
Wenn die Anzahl der Kriterien zu groß ist, wird die Bewertung erschwert. Deshalb sind drei bis vier Kriterien meist ausreichend.
Einsatzmöglichkeiten:
Die Bewertungsmatrix fördert die allgemeine Ideenfindung und Innovationsfähigkeit des Teams und kann z. B. im Personal- und Projektmanagement vorteilhaft eingesetzt werden. Mit dieser Methode können eine Vielzahl von ausgewählten Vorschlägen und Ideen detailliert bewertet werden, um die zu bearbeitende Menge der Lösungsansätze zu reduzieren.
Lit.: Aerssen, B. v./Buchholz, Ch. (Hrsg.): Das große Handbuch Innovation. 555 Methoden und Instrumente für mehr Kreativität und Innovation im Unternehmen. München 2018; Kahneman, D./Tversky, A.: Choices, values, and frames. In: American Psychologist, 39, 1984, pp. 341–350; Rustler, F.: Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation. Das kleine Handbuch der Innovationsmethoden. St. Gallen/Zürich, 4. Aufl., 2016; Schuler, H./Görlich, Y.: Kreativität. Ursachen, Messung, Förderung und Umsetzung in Innovation. (Praxis der Personalpsychologie. Human Resource Management kompakt, hg. von Heinz Schuler, Rüdiger Hossiep, Martin Kleinmann und Werner Sarges, Bd. 13). Göttingen et al. 2007.
Bewertungstechnik → Bewertungskriterien; → Bewertungsmatrix
Bifurkation (bifurkation): eigtl. Gabelung; das plötzliche Umkippen in ein völlig neues Denk- und Handlungsmuster; die manchmal schlagartige Verwandlung von Problembewältigungsformen und –perspektiven. Wenn innere Spannungen einen kritischen Punkt erreichen, an dem sie nicht mehr in der bisherigen Weise gelöst werden können, kann es zu dieser plötzlichen Veränderung kommen. (vgl. Preiser, 2006, S. 55)
Lit.: Ciompi, L.: Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik. Göttingen 1997; Preiser, S.: Kreativität. In: Schweizer, K. (Hrsg.): Leistung und Leistungsdiagnostik. Heidelberg 2006, S. 51–67.
Bild- und Analogietechniken (metaphor- and analogy-based techniques): Sie beruhen darauf, dass Bilder und Analogien zu Gegenständen und Sachverhalten gesucht werden, die im ersten Moment nicht zum Problem passen und dennoch eine Lösung beinhalten können. (vgl. Holm-Hadulla, 2005, S. 116)
→ Battelle-Bildmappen-Brainwriting, → Reizbildanalyse → Analogie-Technik → Visualisierungstechniken:
Lit.: Holm-Hadulla, R. M.: Kreativität. Konzept und Lebensstil. Göttingen 2005.
Bildkarten-Brainwriting: auch Bildmappen-Brainwriting → Battelle-Bildmappen-Brainwriting
Bildstimulation → Reizbild-Analyse
Bionik (bionics): mitunter auch als Biomimikry (biomimicry), Biomimetik (biomimetics), Biomimese (biomimesis) oder Bio-Inspiration (bio-inspiration) bezeichnet. Der Begriff „Bionik“ wurde um 1958 von dem US-amerikanischen Luftwaffenmajor Jack E. Steele (1924–2009) geprägt und 1960 auf dem Symposium „Living prototypes – the key to new technology“ in Dayton (Ohio) erstmals öffentlich verwendet. „Bionics“ ist vermutlich aus den beiden Wörtern „Biology“ und „Electronics“ entstanden, weil sich die Tagung hauptsächlich mit neuronaler Verarbeitung, Bio-Computern und Sensorik beschäftigte. (Cerman; Barthlott; Nieder, 2005, S. 15 f.) Jack E. Steele versuchte, die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns auf Probleme der technischen Informationsverarbeitung zu übertragen.
Der Begriff „Biotechnik“ wurde aus Biologie und Technik gebildet und geht auf den österreichischen Biologen Raoul Heinrich Francé, eigtl. Rudolf Franzé (1874–1943) zurück, der ihn 1917 erstmals verwendete. Er gilt als „eigentlicher Begründer der Bionik als Wissenschaft“ (Brunner, 2008, S. 114). Die Bionik ist inzwischen eine etablierte Fachdisziplin und von großer Bedeutung. Ingo Rechenberg (*1934) führte den Begriff „Evolutionsstrategie“ ein. (vgl. Brunner, 2008, S. 115)
Die Bionik untersucht die organischen Elemente sowie die Artenvielfalt der Natur nach Strukturen, Eigenschaften, Funktionen und Wirkungszusammenhängen, um daraus Anregungen zur Lösung technischer Probleme zu erhalten, d. h. um ihre Vorgänge und Bewegungsabläufe auf technische Aufgabenstellungen zu übertragen. Dabei geht es um die systematische technische Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verfahren und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme. Ein wichtiges Kreativitätsprinzip, das hierbei zum Einsatz kommt, ist die Analogiebildung. Biologische Strukturen, Prozesse und Funktionsweisen werden erforscht und analysiert. Mit Hilfe der Analogiebildung werden diese Erkenntnisse auf die Entwicklung von technischen Lösungen übertragen.
Durchführung:
1 Für eine Aufgabe bzw. für ein Problem werden Analogien in der Natur gesucht, z. B. biologische Abläufe, Formen, Gestalten, Organisationstrukturen, Funktionsweisen, Prozesse oder Systeme.
2 Die Hauptprinzipien, die dem Problem zugrunde liegen, werden herausgefiltert, systematisch untersucht und beschrieben.
3 Es werden Beziehungen zur Natur hergestellt. Dazu werden folgende Fragen geklärt:Wo gibt es in der Natur ein vergleichbares Problem oder ein vergleichbares Prinzip?Nach welchen Prinzipien löst die Natur das Problem?
4 Gefundene Analogien oder Lösungsansätze werden unter den Team-Mitgliedern ausgetauscht und nach Möglichkeit zusammengeführt. Sie bilden einen Pool zur Lösungsfindung. Dabei wird untersucht, ob diese Lösung auf die Aufgabenstellung übertragen werden kann.
Es wird auch zwischen der »Analog-Bionik« und der »Abstraktions-Bionik« unterschieden. Bei der »Analog-Bionik« findet ein ›Top-down-Prozess‹ statt.
1 Man definiert und beschreibt das Problem.
2 Man sucht nach Analogien in der Natur.
3 Die Vorbilder aus der Natur werden analysiert.
4 Es folgt die Lösungssuche, d. h. die gewonnenen Erkenntnisse werden auf das Problem übertragen.
Bei der »Abstraktions-Bionik« findet ein ›bottom-up-Prozess‹ statt:
1 Man betreibt dazu Grundlagenforschung, untersucht und analysiert die biologischen Prinzipien (Struktur, Organisation, Funktion).
2 Das Prinzip wird verallgemeinert.
3 Suche nach möglichen Anwendungen in der Praxis, z. B. in der Architektur, im Design-Bereich, in der Medizin oder Technik.
4 In interdisziplinären Teams, die sich zusammensetzen aus Biologen, Architekten, Technikern, Statikern, Designern, Medizinern o.ä., wird ein Konzept bzw. ein Produkt entwickelt.
Vorteile:
„Die Vielfalt biologischer